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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Gewalttätigkeit, aber er zerstörte weder mich noch meine Empfindungen für Amadeus, und als er endlich von mir abließ und mich in mein Zimmer stieß, raffte ich ein paar Sachen zusammen und floh zu Vanderborg in die Brüderstraße, wo mich Friedrich und Amadeus voller Sorge erwarteten. Ich stürzte Amadeus tränenüberströmt in die Arme und zog ihn mit in mein Zimmer, wo wir uns einschlossen und uns in größter Verzweiflung und behutsamster Zärtlichkeit liebten. Was Utz mir wirklich angetan hatte, behielt ich jedoch für mich. Es war zu beschämend und ich wollte bei Amadeus nur eins – es vergessen!
    »Was hat er dir angetan, Liebste?«, verlangte Amadeus schließlich zu wissen, aber ich war nicht in der Lage, darüber zu sprechen. Auch wenn ich glaubte, mich gegen seine Übergriffe abgeschottet zu haben, hatte Utz beträchtliche Wunden gerissen, von denen die äußeren zwar bereits langsam verheilten, die inneren mich aber noch lange quälen würden.
    »Wir müssen fort von hier«, wisperte ich in an seiner warmen Brust, »Utz bringt dich um, wenn ihr euch duelliert.«
    »Dazu wird es nicht kommen«, versuchte Amadeus mich zu beruhigen, »er weiß so gut wie ich, dass Duelle verbotensind und lange Kerkerstrafen bei Zuwiderhandlung drohen.«
    »Da irrst du dich gewiss!«, hielt ich ihm verzweifelt entgegen. »Er rast und wird sich einen Dreck um die Gesetze scheren. Wenn er dich auslöschen kann, so wird er es auch tun. Lass uns fliehen, Amadeus«, flehte ich. Doch weder er noch ich wussten wohin, und selbst Friedrich, der nie um einen Rat verlegen war, konnte uns nicht helfen. Der Einzige, der mich wirklich unterstützen konnte, war Vanderborg, der, fern davon, mir einen Ehebruch zu unterstellen, für sich den Entschluss gefasst zu haben schien, alles für einen großen Irrtum zu halten, den man nur aufklären müsse. Er gewährte mir die nächsten Tage Asyl in meinem alten Zimmer, aber dann drang er darauf, höchstpersönlich mit mir zu Utz zu fahren, um die Sache ins Reine zu bringen. Ich weigerte mich zwar zunächst, doch er verlangte, dass ich mich mit Utz aussprach, denn immerhin sei er mein angetrauter Mann und so müsste ich den Irrtum aufklären. Und da ich nicht in der Lage war, Vanderborg die Wahrheit zu sagen, ließ ich mich überreden und nahm mir vor, Utz auf diesem Wege um die Scheidung zu bitten.
    Doch dazu kam es nicht, Utz hatte anderes im Sinn.
    Er hatte beschlossen, dass ich, noch bevor er in die Kolonien aufbracht, nach Blankensee übersiedeln sollte, etwas, was er mir schon einmal drohend in Aussicht gestellt hatte, als ich versucht hatte, ihn davon abzubringen, mich durch den allzu freizügigen Verkehr seiner Geliebten Madame Chantal in unserem Hause länger zu kompromittieren.
    Nun hatte ich mich selbst als Ehebrecherin schuldig gemacht und konnte keine Einwände dagegen erheben, von ihm aus dem Haus gewiesen zu werden. Vanderborg war zwar zutiefst gekränkt, dass Utz ihm nicht eineMinute Gehör schenken wollte, und bestand darauf, zu meinen Gunsten bei ihm zu intervenieren, aber ich gab uns ohnehin keine Chance, Utz’ Entschluss zu ändern, da er sich durch meine Verbannung nach Blankensee nun auf elegante Art freie Bahn für sein lasterhaftes Leben mit seiner Geliebten schaffte. Nach meinen Auszug und seiner Rückkehr aus den Kolonien würde er sein altes Leben wiederaufnehmen und mich vergessen, so als hätte es unsere Heirat nie gegeben.
    Sosehr Vanderborg über diese Behandlung auch erbost war, so wenig lohnte es sich, dagegen anzukämpfen, und wenn ich es recht betrachtete, hatte nicht nur Utz mehr Freiheit gewonnen, wenn ich auf Blankensee lebte, sondern auch ich. Ich konnte mein eigenes Haus führen, und wen wollte es stören, wenn mich Amadeus dort in aller gebotenen Diskretion aufsuchte.
    So erklärte ich mich mit dem Umzug nach Gut Blankensee einverstanden, obwohl das sicherlich unnötig war, denn Utz hatte ja schon alles beschlossen. Dennoch schien er darüber sogar etwas erleichtert zu sein, sicherlich hatte er erwartet, dass ich ihm noch allerlei Scherereien deswegen machen würde. Da es nur noch wenige Tage bis zu seinem Aufbruch in die Kolonien waren, beauftragte er ein gewerbsmäßiges Unternehmen, meine Kleider und wenigen Habseligkeiten nach Blankensee zu transportieren, und fuhr mich dann am Abend höchstselbst in der Begleitung von Vanderborg, der mich nicht alleine mit ihm lassen wollte, auf das Gut.
    Ich hatte keinen Palast erwartet, aber dass das Herrenhaus

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