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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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gnädig zu stimmen, im Traum ein Opfertier schlachten? Im Schlaf ? Hab lieber acht, denn bald schon tritt ER ganz real aus deinen Träumen und jagt dich durch das Haus! An all die Stätten hetzt er dich, wo du gefrevelt hast! Willst du nach rechts? Nur zu, da steht das Bett, auf dem du die Ehe gebrochen hast und noch das Blut im Laken klebt! Du fliehst nach links? Dir stockt der Fuß? Ach ja, da schäumt das Bad wie Blut! Wohin also willst du vergeblich fliehen? Das Dunkel und die Fackeln werfen schon schwarzrote Todesnetze über dich!«
    In mir wühlten heftige Emotionen, brachen aus mir heraus und ließen mich Isabell die Sätze förmlich entgegenschleudern. Was ich als Elektra sagen musste, das begann ich zum ersten Mal nun auch ganz intensiv zu fühlen, weil es die selbst erfahrenen düsteren Eindrücke von Blankensee wieder in mir aufsteigen ließ. Die unheimlichen Sinneseindrücke im Gutshaus und im Westflügel … das Gefühl, ersticken zu müssen … das alles vermischte sich mit meiner Rolle.
    Elektra: Du möchtest schreien, doch die Luft erwürgt den ungebornen Schrei und lässt ihn lautlos zu Boden fallen. Du liegst in deinem Selbst so eingekerkert, als wär’s der glühende Bauch von einem Tier aus Erz – und angeschwollen klebt die Zunge dir im Gaumen und du kannst nicht schreien! So wenig, wie du es jetzt vermagst, in diesem Augenblick, wo dich das Grauen lähmt.
    Ich raste, die Worte stolperten mehr aus meinem Mund, als dass ich sie sprach, geschweige denn sorgsam setzte … Ich brach ab, sprang auf, ging zur Spüle und füllte mir einGlas mit Wasser. Als ich Isabell den Rücken zuwandte, hörte ich sie klatschen.
    »Bravo, Louisa, ganz großes Kino! Wo hast du plötzlich diese Tiefe in deinen Emotionen her? Du warst genial.«
    Ich schluckte und drehte mich langsam herum.
    Isabell erschrak. »Mein Gott«, stieß sie hervor. »Wie siehst du aus! Brich mir jetzt bloß nicht zusammen!« Sie stürzte zu mir und führte mich fürsorglich zurück zum Stuhl. »So sollst du dich aber auch nicht in die Rolle hineinsteigern. Du verausgabst dich ja völlig.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nein, es geht schon … es … es war nur so, dass ich dieses Gefühl … ich kannte es … weißt du … es war abgespeichert und kam einfach über mich.« Ich sah sie fragend an. »War es, war es zu heftig?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wenn es aus deinem Inneren kommt, ist es genau richtig und authentisch. Mach es morgen bei eurer Probe genau so, lass es einfach noch mal in dir aufsteigen … Dann bist du echt und schaffst diesmal die Prüfung mit Bravour.« Sie grinste. »Der Knuppers fällt vom Glauben ab, wenn du ihm damit kommst. Ich würde zu gerne Mäuschen spielen!«
    »Und echt nichts auszusetzen? Nicht zu übertrieben … zu aufgesetzt?«
    »Nein, wenn ich es doch sage! Du weißt, wir im Filmschauspiel machen alles eine Nummer kleiner, weil das sonst im Film leicht überzeichnet kommt, aber auf der Bühne ist die große Geste, das Extreme gefragt … Das war super! Glaub es mir.«
    Ich nahm sie in den Arm und drückte sie dankbar. Isabell lachte.
    »Kommst du am Wochenende mit nach Blankensee?«, fragte ich. »Ich habe ja eigentlich keine Zeit, aber das Wetterist so schön, und die Jungs würden gerne das Dach flicken, damit es wenigstens nicht mehr reinregnet. Vielleicht könntest du mich ein bisschen abhören?«
    »Klar, ich komme gerne mit. Ich bin doch total neugierig auf deinen Landsitz. Darf ich Sören mitbringen – nur falls er Zeit hat?«
    »Klar kann er mitkommen, wenn er einen Schlafsack hat.«
    Nun grinste Isabell so breit, dass ihr ohnehin nicht kleiner Mund fast die Ohrläppchen berührte. »Der hat einen alten Campingbus!«
    »Noch besser … Hotel auf Rädern. Hast du es gut!«
     
    Ich kriegte Elektras Monolog tatsächlich hin, ohne dass Knuppers mich wie sonst zigmal unterbrach, und nachdem ich in den vergangenen Wochen niemals bis zum Ende gekommen war, schaffte ich diesmal auch das und schleuderte Elektras Mutter ihren ganzen Hass entgegen.
    »… erhängt ist dir die Seele in der selbst gedrehten Schlinge, sausend fällt das Beil, und ich stehe daneben und sehe dich endlich sterben! Dann hast du ausgeträumt und auch ich brauche mich nicht mehr mit Träumen zu quälen. Der Albtraum ist vorbei, und wer danach noch lebt, der kann sich seines Lebens freuen!«
    Das gedämpfte Lob meines Schauspiellehrers und der Beifall der Kommilitonen rauschten an mir vorbei. Ich war zu erschöpft, um

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