Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa
tun
?
«
»Das wirst du gleich sehen …«
Ich legte meine Mutter wieder auf das eklige Lager und ließ Robert nun auch ihre Handfesseln lösen.
»Komm her«, bat ich ihn dann. »Ich brauche Blut von dir.«
Er zuckte zurück. »Aber … aber … wozu
?
«, stammelte er.
»Sie ist wie ich ein Vampir. Um wieder vollständig zum Leben erwachen zu können, braucht sie Blut … das Blut eines Menschen!«
»Aber …« Ich merkte ihm an, dass ihm die Sache alles andere als geheuer war. »Aber du schnappst doch jetzt nicht über
?
!«
»Nein, verdammt noch mal! Ich brauche Menschenblut … nur ein bisschen … und du bist nun mal der einzige Mensch hier!« Und mit Nachdruck setzte ich hinzu: »Und vergiss nicht, sie ist deine zukünftige Schwiegermutter!«
Er grinste gequält. »Ein Grund mehr, sich die Sache reiflich zu überlegen.«
»Robert!«
Er nickte resignierend.
»Los, krempel die Hose hoch …«
Robert tat wie geheißen.
»Höher … gut so …«
Ich rammte ihm das Messer in den Oberschenkel und gleich quoll rotes Blut hervor, in das ich sofort meine Hand tauchte. Dann bestrich ich mit Roberts Lebenssaft die spröden, ausgedorrten Lippen meiner Mutter. Sogleich leckte sie gierig danach, und als ich ihr mehr von Roberts Blut gab, überzog bald ein rosigesLeuchten ihr vorher kalkweißes Gesicht. Schließlich konnte sie sich über Roberts Bein beugen und das Blut selbstständig aufnehmen. Danach half ich ihr, sich wieder zurück auf das Lager zu legen, wo sie eine kleine Weile reglos verharrte. Dann sahen wir beide, wie ein Zittern ihren Körper durchlief und er von innen heraus zu leuchten begann. Als das Leuchten verlosch, schlug sie die Augen auf und war dem Leben zurückgegeben.
»Lysette!« war ihr erstes Wort. Sie richtete sich auf und wir sanken uns in die Arme. Unser Glück war grenzenlos.
Während sie berichtete, schnitt ich mir in den kleinen Finger und beträufelte mit meinem schwarzen Blut die Stichwunde in Roberts Oberschenkel. Zischend schloss sie sich und war binnen Kurzem verheilt.
Wir halfen meiner Mutter auf und verließen den Kellerraum. Da noch immer Bomben das Haus erschütterten, zogen wir uns in den Tresorraum zurück. Dort berichtete Mutter uns, was während unserer Abwesenheit geschehen war.
Utz hatte sie eines Nachts mit einer Schar von Helfershelfern, die Hansmann gedungen hatte, auf dem Gut überfallen und zusammen mit Lysander nach Berlin verschleppt. Dort hatte er sie gequält, erniedrigt und gefoltert und sie gezwungen, mit anzusehen, wie er Lysander zu seinem Sklaven machte. Als es Lysander gelang, sich nach einer Gestaltwandlung zu befreien, da erschoss Utz ihn auf der Flucht mit einer Silberkugel. Amanda verbannte er in das Kellerverlies, in dem wir sie gefunden hatten.
»Er hat ihm das Herz aus der Brust gerissen und mir gezeigt, wo die Kugel steckte!«, sagte sie erschüttert und die Tränen liefen ihr über das Gesicht.
»Ich bringe ihn um!«, stieß ich voller Zorn hervor. »Ich werde ihn finden und meinen Bruder rächen!«
Nun weinte auch ich, sodass meine Mutter und ich uns gegenseitig trösten mussten.
»Vielleicht ist es besser so«, meinte sie schließlich leise. »Sein Vater hatte ein qualvolles Leben als Werwolf. Das ist Lysander wenigstens erspart geblieben.«
Endlich verstummten die Sirenen und die Bombergeräusche. Es herrschte eine unwirkliche Stille. Wir warteten noch etwas ab, dann verließen wir den Keller durch einen Nebeneingang des Hauses. Unterhalb der Säulenterrasse, die in Teilen eingestürzt war, blieben wir einen kurzen Moment stehen, um uns zu beraten.
»Lass uns Berlin auf schnellstem Wege verlassen«, sagte ich zu meiner Mutter. »Bei den ständigen Bombenangriffen ist es hier viel zu gefährlich. Wir sind auf dem Weg nach Blankensee.«
»Aber dort lebt Hansmann mit Gertrud«, wandte meine Mutter ein. »Wollen wir nicht lieber in die Brüderstraße …
?
«
Ich schüttelte traurig den Kopf. »Dort ist kein Stein mehr auf dem anderen … Komm mit uns nach Blankensee. Wir werden uns erst einmal im geheimen Gewölbe verbergen, alles Weitere findet sich dann.«
Meine Mutter nickte. Wir warfen einen letzten Blick auf die durch Bomben schwer zerstörte Villa und wandten uns schon ab, als meine Mutter plötzlich darauf bestand, noch einmal hineinzugehen.
»Ich muss etwas mitnehmen … es ist sehr wichtig … ich muss es unbedingt mit nach Blankensee nehmen.«
»Dazu ist es jetzt zu spät! Wir müssen schnellstens hier weg, ehe eine
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