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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Ballade dröhnte in meinem Schädel wie eine schaurige Begleitmusik zu dem, was sich auf dem See abspielte.
    Es zuckt in der Mitten – o Himmel! Ach, hilf !
    Ich glaube sie nahen Nun kommen sie wieder, sie kommen!
    Es orgelt im Rohr …
    Hurtig die Flucht nur genommen! Davon!
    Sie wittern, sie haschen mich schon!
    Eine bleierne Lähmung befiel mich und ließ mich regungslos und gebannt auf das herannahende Boot starren. Mir war inzwischen klar, dass das Gefühl der Bedrohung, das mich vor wenigen Augenblicken so plötzlich erfasst hatte, nicht von Amadeus, sondern von der Gesellschaft auf diesem unheimlichen Kahn ausging, aber ich war unfähig, darauf entsprechend zu reagieren. Der Gedanke an Flucht schien in meinem Gehirn festzustecken und alle Botenstoffe, welche im Körper den Fluchtreflex freisetzten, waren offenbar blockiert. So musste sich das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange fühlen. Ich war unfähig, auch nur das kleinste Glied zu rühren. Nur das innerliche Vibrieren brach nach außen auf die Haut durch und ließ mich frösteln.
    Im selben Moment stieg in kühler Eleganz über dem See der Vollmond auf und verwandelte den Nebel in einen silbrigen Schleier, der sich langsam vor einem unheimlichen Schauspiel hob. Schreckensstarr sah ich, wie die beiden Begleiter von Utz zu einer übermächtigen Größe aufwuchsen, ihre Kleidung sprengten und sich vor meinen Augen in furchterregende Wesen – halb Mensch, halb Tier – verwandelten. Sie stießen wilde Schreie aus, die bald dem Jaulen von großen Hunden glichen und dann in ein dumpfes, drohendes Heulen übergingen
    »Sie … sie verwandeln sich … Es sind mystische Wesen«, wisperte ich panisch.
    Amadeus nickte. »Das macht es nicht leichter für uns.«
    Kaum noch meiner Sprache mächtig, stieß ich dennoch stammelnd hervor: »Wir … wir müssen fliehen … Sie sind uns überlegen … Rette mich, Amadeus.«
    Noch während ich mit der Sprache rang, erreichte der Kahn den Steg und zwei riesige Wesen sprangen heraus.In konvulsivischen Zuckungen legten sie ihre menschliche Gestalt ab und verwandelten sich unter dem Einfluss des Mondes weiter. Ihre Anatomie veränderte sich und ihre ohnehin schon wilden Gesichter verzerrten sich zu hässlichen Fratzen, die schließlich die Physiognomie von Tieren annahmen … von Wölfen! Wenig später war ihre Verwandlung abgeschlossen. Sie bleckten ihre riesigen Fänge und ihre Augen funkelten rötlich in der Nacht, als sie sich lauernd umsahen.
    »Sie …«, stammelte ich. »Sie haben Stefan und Thomas getötet!«
    Ich war fassungslos angesichts der Erkenntnis, dass unsere Freunde ganz offensichtlich von Utz’ Werwölfen gerissen worden waren.
    Amadeus sprang noch während meiner erschütterten Worte mit einer unglaublichen Schnelligkeit auf, riss mich in seine Arme und hetzte mit mir rasenden Schrittes davon.
    Hinter uns hallten schaurige Rufe vom Steg her über das Schilf, aber Amadeus kümmerte sich nicht darum, flog in wirbelnder Eile auf das Hünengrab zu, das verborgen zwischen Wacholdern nicht weit vom See lag. Und noch ehe ich begriff, was mit mir geschah, hatte er in dessen Untergrund die geheime Falltür geöffnet, die in den mehrfach gesicherten unterirdischen Gang zum Gutshaus führte. Amadeus stieß die schwere Eisentür am Ende des Ganges auf und in der Sackgasse verhielt er endlich den Schritt, setzte mich ab und beugte sich zu Boden.
    Sekunden später schob sich die Mauer vor mir mit schleifendem Geräusch zur Seite und legte den schmalen Durchgang in das Gewölbe frei. Er stieß mich hindurch, und kaum war er mir gefolgt, schloss sich dieser wieder, indem die Mauer geräuschvoll an ihren Platz zurückfuhr.
    Danach herrschte absolute Stille, und tiefste Dunkelheit umfing uns, in der nur seine Augen glitzerten. Sie waren nun nicht mehr bunt, sondern von einem eisigen Grau.
    Ich wusste, dass er mich in das geheime Gewölbe gebracht hatte, aber ich war völlig verwirrt und immer noch fast gelähmt vor Entsetzen.
    Amadeus griff nach meiner Hand und zog mich wortlos ein Stück weiter in die Dunkelheit hinein. Ich umklammerte seine Finger, denn mein Gleichgewichtssinn war nach diesem wahnsinnigen Lauf gründlich aus den Fugen geraten.
    Schließlich blieb er stehen, öffnete eine Tür und wenig später flammte eine Gaslampe auf, und dann noch eine und noch eine. Ich erkannte den Salon des geheimen Gewölbes.
    »Wir sind in Sicherheit«, sagte Amadeus nun wieder in normaler Lautstärke. »Hier wird Utz uns

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