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Die Dunkle Erinnerung

Die Dunkle Erinnerung

Titel: Die Dunkle Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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handverlesene Ware in aller Ruhe aussuchen. Auf diese Weise war auch die kleine Madden ausgewählt worden. »Diese Leute sind es gewöhnt, dass man ihre Wünsche respektiert.«
    »Dann bieten Sie ihm doch zwei zum Preis von einem an.«
    »Es geht hier nicht um Geld.« Nicht mehr.
    Es gab viel Gewinn bringendere Ware als Kinder. Heute Nachmittag hatte William die letzten Vorbereitungen für eine seiner anderen Transaktionen abgeschlossen, der letzten dieser Art, bevor er die Vereinigten Staaten verließ. So geschmacklos er diese Verhandlungen auch fand – das Geschäft mit den Kindern war viel schlimmer: lästig und kaum der Mühe wert. Doch zu gegebener Gelegenheit ein Kind zu liefern war eine Höflichkeitsgeste, ein Gefallen für jene Leute, deren Finanzkraft William zu einem sehr reichen Mann gemacht hatte. Auf keinen Fall wollte er seine Kunden wegen eines unbedeutenden kleinen Mädchens verärgern. Oder wegen einer Frau, die Gage wiedererkannt hatte, wie er behauptete. Der Mann verlor allmählich die Nerven.
    »Erzählen Sie mir von dieser Frau, die Sie angeblich erkannt hat.«
    »Sie heißt Erin Baker. Sie gehört dem Lehrkörper in Georgetown an und unterrichtet internationale Beziehungen.«
    »Baker?« William ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Er klang vertraut.
    »Erins Schwester ist Claire Baker. Diese Sache in Miami vor neunzehn Jahren.« Gage reichte William einen dünnen Ordner. »Es war schwierig, die Informationen einzuholen, aber als ich das hier gefunden hatte, war mir die Verbindung sofort klar.«
    William studierte den Inhalt des Ordners, einige alte Zeitungsausschnitte. »Ach ja, jetzt erinnere ich mich. Die kleine Claire. Blond, blauäugig. Ein süßes Kind.« Er hatte eine anständige Summe für sie kassiert. Zwar nicht so viel, wie er heute auf dem ausländischen Markt erzielen würde, aber damals waren die Umstände anders gewesen. »Wenn ich mich recht erinnere, wurde sie Jahre später von der Polizei in San Francisco aufgegriffen, während einer Drogenrazzia. Irgendein kleiner Dealer …«
    »Roland Garth. Er hat mit dem Staatsanwalt einen Handel gemacht, und alle Anklagen wegen des Mädchens wurden fallen gelassen. Derzeit sitzt er seine dreißig Jahre in San Quentin ab.«
    »Und wir haben entschieden, dass das Mädchen keine Gefahr darstellt.«
    »Sie haben das entschieden. Ich habe Ihnen geraten, sie nicht am Leben zu lassen.«
    William legte die Stirn in Falten. »Das Mädchen war doch in einer Anstalt für Geisteskranke, nicht wahr? Sie war harmlos.«
    »Aber sie hat Bescheid gewusst. Und nun kriegen wir es mit ihrer Schwester zu tun. Sie war an dem Tag in Miami dabei, als ich Claire schnappte, und irgendwie hat sie die Verbindung zwischen den beiden Kidnappings hergestellt.«
    »Sie hat Sie erkannt?«
    »Das sagte ich Ihnen doch schon.«
    Es war erstaunlich, dass jemand Isaac Gage unterkriegen konnte. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Sie muss wirklich eine besondere Frau sein. Oder Sie verlieren allmählich Ihren Biss, mein Freund.«
    Gage versteifte sich und beugte sich vor. Sein hartes Gesicht wirkte dunkler als gewöhnlich. »Seien Sie vorsichtig, General. Ich bin keiner Ihrer Lakaien.«
    Der große Hund knurrte drohend. »Ruhig, Daimon.« William streichelte das dunkle Fell und widerstand der Versuchung, höhnisch zu grinsen. »Ich fürchte, ich habe gerade Mr. Gages Ego verletzt.« Er nickte zum Zeichen der Entschuldigung. »Vergeben Sie mir, Isaac. Es ist nur so: In all den Jahren, die wir zusammenarbeiten …« In der ganzen Zeit war es niemandem gelungen, Isaac Gages Identität herauszufinden. William selbst war sich nicht sicher, ob er wusste, wer dieser Mann wirklich war. Gage war ein Meister darin, die unterschiedlichsten Persönlichkeiten anzunehmen. »Nun, vergessen Sie's.«
    Gage lehnte sich wieder im Sessel zurück. William fragte sich, warum er so reizbar und empfindlich war. Diese Frau, Erin Baker, musste einen wunden Punkt getroffen haben. Und wieder kam William der Name Baker bekannt vor, doch die Verbindung war eine andere, sie hatte nichts mit dem Mädchen Claire zu tun. Er wälzte den Namen im Kopf herum, bis er die Verbindung hatte. Und damit wurde eine weitere Saite des Unbehagens angeschlagen.
    »Sie sagten, die Frau arbeitet in Georgetown?«
    Gage nickte.
    Ja, das war es. »Ich kenne sie.« Gage machte die Augen schmal, doch William wischte den Argwohn des anderen beiseite. »Ich glaube, es war auf einem Botschaftsempfang. Eine

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