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Die Dunkle Erinnerung

Die Dunkle Erinnerung

Titel: Die Dunkle Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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hast was gut bei mir. Jetzt gerate bloß nicht wieder in Schwierigkeiten. Ich will dich nicht retten müssen.«
    Cassidy zuckte zusammen. »Wie reizend!«
    »Ich weiß.« Erin küsste ihn auf die Wange, dann nickte sie grüßend zum Empfangsdefilee hinüber, wo der Botschafter und seine Frau mit den Stabsangehörigen standen, um wichtige Persönlichkeiten aus Washington zu begrüßen. »Kümmere dich um deine Pflichten«, mahnte sie. »Wir sehen uns später.« Sie verschwand.
    Cassidy stellte weder Fragen noch versuchte er, Erin aufzuhalten. Er und seine beiden Gefährten schritten zum Defilee und stellten sich den Botschaftsmitarbeitern vor.
    »Ich bin drin«, meldete Erin an Donovan, nachdem sie ein Glas Champagner von einem Tablett genommen hatte.
    »Wenn Sie heil und in einem Stück wieder rauskommen, erwarte ich eine Erklärung«, lautete Donovans Erwiderung.
    »Erklärung?« Erin nippte an ihrem Glas und ließ den Blick über die Menge schweifen. Seit einem Jahr besuchte sie nun Botschaftspartys und kannte viele der Anwesenden. Außerdem hatte sie die Akten der besten Auslandsagenten sowie der unzuverlässigsten Botschaftsangestellten studiert. General William Neville war allerdings nicht auf der Liste möglicher Bewerber gewesen.
    »Zum Beispiel eine Erklärung, wer Sie durch die Tür gelotst hat«, meldete Donovan sich erneut.
    »Ach, das.« Erin hatte nicht vor, ihn über die Anwesenheit anderer CIA-Mitarbeiter in Kenntnis zu setzen. »Klar, was immer Sie wissen wollen.«
    Sie mischte sich unter die Leute, blieb ab und zu stehen, lächelte freundlich oder wechselte ein paar Worte mit einem Bekannten. Hier kannte man ihr Gesicht, und so war ihre Anwesenheit niemandem verdächtig. Neville hingegen ging selten zu Botschaftsempfängen, es sei denn, seine eigene Botschaft war der Gastgeber. Erin war nicht sicher, ob er heute Abend noch auftauchen würde.
    Eben hatte sie einen der Nebenräume betreten, an dessen Wänden eine Art Familiengalerie zu bewundern war, als sie eine vertraute Männerstimme hörte. »Erin? Sind Sie das?«
    Sie wandte sich dem näher kommenden Mann zu. »Hallo, Sebastian.«
    Er gab ihr ein Küsschen auf die Wange. »Hätte nicht erwartet, Sie heute hier zu treffen.«
    »Ich habe mich in letzter Minute zum Kommen entschlossen.«
    »Und Ihren Namen auf die Gästeliste gemogelt.« Sebastian grinste. »Tss, tss.«
    Sein voller Name war Sebastian Cole. Obwohl Erin im letzten Jahr einige Male mit ihm gesprochen hatte, wusste sie nicht, welche Rolle er auf diesen Botschaftspartys spielte, zumal die CIA nur spärliches Material über ihn besaß. Cole war der Sohn eines wohlhabenden New Yorker Bankiers und hatte viel Zeit und Geld, Ziele hingegen kaum. So hatte er Washington zu seiner Heimat und die Botschaften zu seinem gesellschaftlichen Tummelplatz erkoren – was natürlich bloß Tarnung sein konnte. Cole konnte wer weiß was sein und für irgendeinen Staat arbeiten. Selbst für seinen eigenen.
    »Eigentlich«, gestand Erin, »bin ich mit einem Mann hier.« Cole zog eine Augenbraue hoch und sah sich um, als suche er den Vermissten.
    Erin musste lachen. Sie fand Sebastian Cole nett. Andere mochten ihn sarkastisch oder gar zynisch finden, auf Erin wirkten sein respektloser Witz und sein Charme erfrischend. »Er schwirrt hier irgendwo herum«, sagte sie.
    »Also wohl kein Liebhaber, eher ein passender Begleiter.«
    »So was in der Art«, erwiderte Erin, nippte am Champagner und ließ die süßen kalten Schaumblasen auf ihrer Zunge prickeln, während sie weiter Ausschau nach Neville hielt.
    »Sie sehen heute Abend hinreißend aus.«
    Erin wandte sich wieder Sebastian zu. »Danke sehr.«
    Sie war durch eine harte Schule gegangen, um sich die Umgangsformen der feinen Gesellschaft anzueignen, was auch für modische Fragen galt. Botschaftspartys erforderten Klasse und ein ganz bestimmtes Auftreten, sodass Erin einen speziellen Kleiderschrank für ihre ›Botschaftsausrüstung‹ besaß, in dem ein halbes Dutzend Cocktailkleider und Capes hingen. Heute Abend trug sie ein perlenbesticktes schwarzes Kleid von Versace, das sich an ihren Körper schmiegte wie eine zweite Haut.
    »Sebastian, würden Sie mir einen Gefallen tun?« Erin rückte näher an ihn heran.
    »Nichts lieber als das.«
    Erin hakte sich bei ihm ein. »Ich möchte jemand Bestimmten kennen lernen.«
    Er schlug sich mit der Hand vor die Brust. »Und ich habe immer gedacht, ich wäre Ihr einziger Liebster.«
    »Sie sind schwul, Sebastian.

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