Die Dunkle Erinnerung
Sie.« Er nickte zum Wagen. »Fahren wir.« Sie hatten bereits Plätze in einer Maschine für den Rückflug an die Ostküste reserviert.
Alec hatte Cathy mit der Weiterführung der Ermittlungen in Baltimore beauftragt und sich kurz nach der Landung bei ihr gemeldet, um die Ergebnisse abzustimmen. Die FBI-Beamten waren auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Bis jetzt hatte man keinen Augenzeugen in Cross Street Market aufgetan, niemand hatte den Mann gesehen, der mit Cody Sanders gesprochen hatte. Niemand konnte etwas mit dem Phantombild anfangen. Alec musste sich selbst gestehen, zu sehr auf Garths Aussage gebaut zu haben. Nun blieb ihm nichts übrig, als zurückzukehren und zu versuchen, ob man der Suche auf andere Weise neues Leben einhauchen konnte.
Nur war jetzt Erin Baker aus dem Spiel.
Alec wartete, bis sie auf der Straße zum Flughafen waren, dann brachte er die Rede auf William Neville.
»Erin, Sie dürfen morgen nicht zu diesem Botschaftsempfang gehen.«
»Ach nein?« Sie klang zerstreut, als hörte sie gar nicht richtig zu. Oder als nähme sie ihn nicht ernst.
»Neville ist gefährlich.«
»Ich auch.«
Alec fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sie war so störrisch! »Hören Sie, ich weiß von Ihrer Meisterschaft in asiatischer Kampfkunst, aber das bedeutet noch lange nicht, dass Sie einem Mann wie Neville gewachsen sind.«
»Ich kann auch ziemlich gut schießen.«
Alec warf ihr einen ungläubigen Seitenblick zu. Er konnte nicht glauben, welche Richtung das Gespräch nahm. »Sie wollen so mir nichts, dir nichts mit einer Waffe in die deutsche Botschaft spazieren?«
»Damit würden die mich wohl kaum durch die Tür lassen.«
»Das ist nicht witzig!« Sie brachte ihn zur Weißglut. Immer wieder versuchte sie, ihn durch flapsige Bemerkungen aus dem Konzept zu bringen.
»Ich lache ja auch nicht.«
»Dann vergessen Sie die Botschaftsparty!« Alec würde andere Mittel und Wege finden, zu Neville vorzudringen.
»Hören Sie, Donovan, ich bin die Einzige, die das tun kann. Das FBI kann nicht einfach so in eine ausländische Botschaft spazieren und sich unter die Eingeborenen mischen. Ich hingegen schon. Ich kenne das Protokoll, und ich kenne die wichtigen Leute. Und ich hab nicht vor, irgendwelche Dummheiten anzustellen. Ich will nur mit dem Mann reden.«
»Und was wollen Sie ihm sagen?«
Erin zuckte die Achseln. »Das weiß ich erst, wenn ich ihn sehe.«
»Das ist doch verrückt, Erin. Sie sind eine Zivilperson.«
»Da liegen Sie völlig falsch, Donovan. Ich weiß genau, was ich tue. Und ich bin ebenso wenig eine Zivilperson wie Sie.«
17.
»Wo ist er?« Donovans Stimme drang klar und deutlich durch den Empfänger. Zusammen mit dem kabellosen Transmitter, der in dem Anhänger um Erins Hals untergebracht war, stellte er ihre Verbindung zu dem FBI-Agenten her.
»Er wird schon noch kommen«, antwortete Erin. In Wahrheit begann sie, sich Sorgen zu machen, obwohl sie das Alec Donovan keinesfalls sagen würde.
Sam Anderson hatte versprochen, ihr eine Einladung zur Abschiedsparty des deutschen Botschafters mitzubringen, und sie wartete bereits eine Dreiviertelstunde auf ihn. Das sah ihm gar nicht ähnlich. Sam war stets peinlich genau und auf die Minute pünktlich.
Erin warf einen Blick in den Rückspiegel und tat so, als überprüfe sie ihr Make-up, während sie die Straße beobachtete. Sie hatte einige Blocks von der Botschaft entfernt geparkt, am vereinbarten Treffpunkt mit Sam.
Nichts zu sehen.
»Ich gebe ihm noch ein paar Minuten«, sagte sie zu Donovan.
Es gab Erklärungen für seine Verspätung. Ein Notfall in Langley. Oder etwas so Banales wie ein Stau oder eine leere Handybatterie.
»Das gefällt mir nicht«, bemerkte Donovan.
»Mir auch nicht.«
Normalerweise hätte Erin auf der Gästeliste gestanden; eine schriftliche Einladung wäre – wenn auch erwartet – nicht vonnöten gewesen. Das Problem war nur, dass sie den Partybesuch erst seit gestern geplant hatte. Ohne schriftliche Einladung musste sie auf anderem Weg in die Botschaft gelangen, und das würde zwangsläufig mit Unannehmlichkeiten verbunden sein. An bewaffneten Wächtern vorbei und durch Dienstboteneingänge zu schlüpfen war nicht einfach, wenn man ein Cocktailkleid und hohe Bleistiftabsätze trug.
»Blasen wir die Sache lieber ab«, schlug Donovan vor.
»Es steht Ihnen frei, jederzeit auszusteigen.«
Wobei Erin genau wusste, dass er keinesfalls die Segel streichen würde, solange sie unbedingt auf die Party
Weitere Kostenlose Bücher