Die dunkle Göttin
unbekümmert, doch er betrachtete eindringlich Bahzells müdes Gesicht. Hanatha saß bei ihnen und nippte vornehm an ihrem zierlichen, mit Silber beschlagenen Krug. Sie ließ Bahzell dabei ebenfalls nicht aus den Augen.
»Ich nehme an, dass sich diese Angelegenheit in den nächsten Monaten noch weit hässlicher entwickeln wird«, fuhr Tellian fort. »Damit meine ich nicht etwa, dass die Überfälle weitergehen. Wir haben viele Gefangene gemacht, und mit ihren Aussagen können wir beweisen, dass die Brigantenstreitmacht, die Trianal angegriffen hat, unter dem Oberbefehl von Lord Saratic stand. Obwohl sein Feldkommandeur höchst merkwürdig! von einem Armbrustbolzen der Hradani getötet wurde, der sein Rückgrat zerfetzte. Er wurde von einer Arbalest aus Zwergenheim abgefeuert, die wir in der Nähe fanden.«
Sein Lächeln hätte Stahl ätzen können.
»Aber wir haben genug Gefangene, und sie sind sehr gesprächsbereit, da sie gern den Strick oder das Beil vermeiden würden. Mit ihrer Hilfe können wir beweisen, welche Farben sie eigentlich hätten tragen sollen. Zudem dürfte es nicht mehr lange dauern, bis wir ebenfalls belegen können, dass Dathian bis zu seinen Augenbrauen in diese Geschichte verwickelt ist. Sobald das unwiderlegbar erwiesen ist, werde ich mich höchstpersönlich um Dathian kümmern. Es wird mir einen unbestreitbaren Genuss bereiten, mir auszumalen, was ihm wohl als Letztes durch den Kopf schießt, bevor ihn das Fallbeil davon trennt.«
Er lächelte wieder, nun noch bösartiger.
»Inzwischen habe ich einen Boten zum König entsendet. Mit einer Petition um eine Ermittlung unter Führung der Krone. Zwar wäre ich unter den gegebenen Umständen berechtigt, selbst gegen Saratic vorzugehen, aber ich habe mich lieber an die Krone gewendet. Außerdem habe ich mich bei der Formulierung der Petition in dieser Sache höchst geduldig gezeigt. König Markhos und Prinz Yurokhas dürften von meiner Milde zutiefst beeindruckt sein. Und sie werden sich ihrer gewiss so gut bedienen, wie es ihnen möglich ist, da sie es immerhin mit Cassan zu tun haben. Was der König auch von meinen Bemühungen hält, die Beziehungen mit Eurem Vater
zu verbessern, Prinz Bahzell, es wird ihn ganz gewiss nicht amüsieren, wenn er feststellen muss, dass einer seiner Barone einen offenen Krieg gegen einen anderen angezettelt hat. In den Zeiten der Zerrüttung hatten wir davon genug, vielen Dank. Und wie gut Cassan seine Spuren auch verwischt zu haben glaubt, seine Majestät wird dennoch nicht die geringsten Zweifel hegen, dass er hinter all diesen Unruhen steckt. Ich vermute stark, dass Cassan recht unvermittelt der königlichen Huld verlustig gehen wird, und das wird ihn auf lange Sicht teuer zu stehen kommen. Trianal bleibt derweil in Kleinharrow, als eine nachdrückliche Erinnerung an Dathian und Saratic, diese
Angelegenheit tunlichst nicht weiter zu verfolgen.«
Bahzell nickte bedächtig und nahm einen tiefen Zug aus dem Bierkrug in seiner Hand. Tellian trank ebenfalls einen Schluck und stellte seinen Krug dann auf den Tisch.
»Doch nun genug von Festian und Trianal, Milord Paladin«, erklärte er entschieden. Bahzell hob eine Braue und spitzte die Ohren. Als Tellian das sah, schnaubte er. »Als ich Euch sah, war es so auffällig wie die Nase in Brandarks Gesicht, dass Ihr erschöpft bis auf die Knochen seid, Bahzell, Hradani hin oder her. Verzeiht, wenn ich das sage, und das umso mehr, weil der Verlust Eurer Leute Euch schwer auf der Seele lastet. Deshalb haben Hanatha und ich die letzte halbe Stunde mit Euch geplappert und Euch auf den neuesten Stand gebracht, angefangen von Leeana und Trianal, bis zur Zustimmung des Königs, dass wir den Jungen zu uns nehmen können. Jetzt habt Ihr Euch ein wenig erholt und könnt uns hoffentlich erklären, was den ersten Hradani Windreiter in der Menschheitsgeschichte, zehn andere Windreiter und ihre Windrenner und dazu noch elf reiterlose Windrenner nach Balthar geführt hat.«
Bahzell wartete kurz. »Es wird mehr Zeit kosten, als wir haben, wenn ich Euch alles berichte, was sich in den Warmen Quellen zugetragen hat. Fürs Erste mag genügen, dass Walsharno
offenbar einen sehr delikaten Geschmack hat, was Reiter betrifft. Ah, und da ich gerade von Walsharno spreche, dieses große Stutfohlen in Euren Gaststallungen ist seine Schwester und eine besondere Freundin von mir, könnte man sagen.«
Tellian starrte ihn verblüfft an, schaute kurz zu seiner Frau hinüber und richtete
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