Die dunkle Göttin
innerlich amüsierte sie sich, als sie die ersten Anzeichen von Unsicherheit in Trisus grauen Augen bemerkte. »Außerdem«, fuhr sie ungerührt fort, »hat er mir ein Einführungsschreiben mitgegeben und, soweit ich weiß, auch Instruktionen an Euch, mich auf meiner Mission zu unterstützen.
Vorbehaltlos.« Sein Blick wirkt ohne Zweifel weit weniger herausfordernd als noch am Anfang, dachte sie befriedigt. »Falls das nicht als Beweis reicht
Sollte zufällig jemand hier auf Eurer Festung krank oder verletzt sein, könnte ich meine Fähigkeit vorführen, ihn zu heilen. Oder aber ich könnte«, sie sah Trisu herausfordernd in die Augen, »mich einfach damit zufrieden geben, meine Geschicklichkeit im Umgang mit meinen Waffen an einem von Euch ausgewählten Champion zu beweisen, falls Ihr darauf besteht. In diesem Fall hoffe ich allerdings, dass Ihr seine Dienste nicht so bald benötigt.«
Trisus Miene verfinsterte sich, und er wirkte härter und dadurch älter, als er tatsächlich sein mochte. Die Leute, die ihn als »konservativ« beschrieben, haben beträchtlich untertrieben, dachte Kaeritha. Trotzdem schien hinter diesem harten Gesicht ein Verstand zu arbeiten. Ganz gleich wie ärgerlich er sein mochte, er war kein hirnloser Reaktionär. Seine Miene entspannte sich sichtlich.
»Falls Ihr diese Briefe tatsächlich bei Euch tragt«, sagte er, »wäre dies ein mehr als ausreichender Beweis für mich, Milady.« Unter den gegebenen Umständen gelang es ihm ganz gut, sein Gesicht zu wahren.
»Danke für Eure Höflichkeit, Milord«, Kaeritha nickte kurz. »Gleichzeitig muss ich mich wohl bei Euch entschuldigen, da ich mein letztes Angebot zum Teil aus Groll gemacht habe. Falls Ihr jedoch tatsächlich Kranke oder Verletzte hier habt, wäre es mir nicht nur eine Freude, sondern es wäre sogar meine Pflicht, sie zu heilen.«
»Wohl gesprochen, Milady«, antwortete Trisu. Er klang zwar noch ein wenig förmlich, aber zum ersten Mal strahlte er so etwas wie echte Freundlichkeit aus. »Bitte, Dame Kaeritha, steigt von Eurem Pferd. Mein Haus ist Euer Haus, und ich scheine einen etwas unglücklichen ersten Eindruck korrigieren zu müssen.«
Kaerithas erster Eindruck von Sir Altharn war irreführend gewesen. Ihr erster Eindruck von Lord Trisu jedoch traf, bedauerlicherweise und trotz seines Versprechens, ihn zu korrigieren, sehr zu.
Nicht, dass mit Trisus Verstand etwas nicht in Ordnung gewesen wäre. Er benutzte ihn nur ganz einfach nicht, wenn es um bestimmte Meinungen und Vorurteile ging. Kaeritha konnte mittlerweile nur zu gut nachvollziehen, warum es Yalith und den Kriegsbräuten so schwer fiel, mit ihm auszukommen. Ganz gleich wie sehr man sich auch vornahm, diplomatisch und vernünftig mit ihm zu reden, es fiel nicht leicht, daran zu denken, wenn man eigentlich nur eines wollte: diesen sturen, halsstarrigen, fanatischen, voreingenommenen Inbegriff eines jungen Reaktionärs der Sothôii auf der anderen Seite des Konferenztisches zu würgen.
Dabei besaß er ganz offensichtlich einen angeborenen Verstand, setzte ihn aber nie ein, um seine Meinungen und Vorurteile zu hinterfragen, weil er ihn stattdessen benötigte, um sie zu stützen. Das hinderte ihn allerdings keineswegs daran, seine Ländereien ganz ausgezeichnet zu verwalten, wofür Land und Leute hinreichend Zeugnis ablegten. Diese Sturheit aber war ein gewaltiges Hindernis, wenn er gezwungen war, sich mit Leuten oder Ereignissen auseinander zu setzen, die er nicht seiner eigenen Voreingenommenheit unterwerfen konnte.
Andererseits wird es vielleicht Zeit, dass ihn jemand zurechtstutzt, dachte Kaeritha, als sie zu seiner Rechten den Ehrenplatz an der Hohen Tafel im großen Speisesaal des Burgfrieds der Feste von Thalar einnahm.
»Ich fürchte, dass Thalars Gastfreundschaft im Gegensatz zu der von Balthar ein wenig bescheiden wirkt.« Trisus Worte klangen durchaus höflich, ebenso wie der Ton, in dem er sie äußerte. Seine Augen aber funkelten herausfordernd.
Vielleicht, dachte Kaeritha gewissenhaft, bin ich ja ganz ungerecht und schiebe ihm meiner eigenen Vorurteile wegen fälschlich etwas in die Schuhe.
»Balthar ist beträchtlich größer als Thalar, Milord«, antwortete sie. »Doch meiner Erfahrung nach hat die Größe eines Ortes weit weniger Auswirkungen auf das Maß an Gastfreundschaft und die höfliche Behandlung von Gästen als die Größe des Gastgebers. Und hier in Thalar, darf ich hinzufügen, hat man nicht versäumt, dafür zu sorgen, dass ich
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