Die dunkle Göttin
Gräben entlang, die das fruchtbare, doch ungenutzte Weideland jenseits der Moore entwässerten, das noch viele Meilen entfernt war. Dafür stiegen Schwärme von Insekten auf und schickten ihre Vorhut voraus, um die Reiter als mögliche Ziele auszukundschaften.
Sir Trianal Bogenmeister verzog das Gesicht, als die erste Stechfliege auf dem Hals seines Kriegsrosses landete. Auf der Haut des schwarzen Hengstes zuckte es einmal heftig und das Insekt summte davon. Trianal wusste, es würde bald zurückkehren. Und mit ihm seine Brüder, Schwestern und Cousins, dazu seine Riesenfamilie aus Onkeln, Tanten, Müttern und Vätern. Natürlich würden sie einen Weg unter die ledernen Arm- und Beinschienen finden, und auch unter die stählernen Brustpanzer. Andererseits, vielleicht war eine Pferdebremse unter einem Brustpanzer einem Moskito im Helm doch vorzuziehen.
Es ist schon merkwürdig, dachte er, dass diese Barden alle zu vergessen scheinen, diese Stechfliegen und Mücken zu erwähnen, oder den Schweiß, der sich in der Rüstung sammelt, wenn sie hehre Oden von Schlachten und Ruhmestaten singen.
Er schnaubte bei diesem Gedanken verächtlich und lachte, als er sich Brandarks Antwort auf seine Beobachtung vorstellte. Welche Vorbehalte Trianal auch gegen Hradani im Allgemeinen hegen mochte, er konnte nicht anders und bewunderte den Geist und den bissigen, scharfen Witz der Blutklinge. Seine Ansicht über diese lässlichen Sünden der Barden mochte vielleicht die eines Kulturbanausen sein, aber sie hätte Brandark ganz gewiss amüsiert.
Er richtete sich in den Steigbügeln kurz auf und dehnte seine Beinmuskeln. Dann ließ er sich wieder in den Sattel sinken. Seine Männer und er saßen seit Tagesanbruch auf den Pferden, abgesehen von einigen kurzen Pausen. Sie waren zwar langsam geritten, um ihre Tiere zu schonen, hatten jedoch keine Pause mehr eingelegt, seit sie die Kaserne verlassen hatten. Außerdem tat ihm der Hintern weh. Wenigstens war er noch nicht wund, und außerdem war er trotz seiner Jugend an solche Strapazen gewöhnt. Obwohl Chemalka das Vergnügen an ihrem Frühlingsregen offensichtlich verloren hatte, war es wenigstens noch nicht so trocken, dass seine Truppen selbst hier im Gras große Staubwolken aufwirbelten, was später im Sommer unvermeidlich geschehen würde.
Er überlegte, wie viele seiner Leute wohl heimlich der Meinung waren, nur ihre Zeit zu verschwenden. Wer auch immer hinter diesen Überfällen steckte, Trianal vermied es sorgfältig, an die Namen Dathian und Saratic zu denken, und schien genau das zu tun, was Sir Yarran vermutet hatte. Nämlich abzuwarten. Es hatte seit fast zwei Wochen keine Meldung von neuen Überfällen gegeben und Trianals Patrouillen hatten in dieser Zeit auch keinerlei Spuren von diesen Banditen gefunden. Trianal ließ selbst jetzt noch kleinere Gruppen von Kundschaftern danach suchen, doch er hatte beschlossen, diese Einheit selbst anzuführen. Zum Teil deshalb, weil er so an die frische Luft und aus dem winzigen Arbeitszimmer kam, das ihm Lord Festian im Fried von Kleinharrow zur Verfügung gestellt hatte. Außerdem, wenn ein Suchtrupp etwas fand, dann dieser. Jedenfalls, wenn
Lord Dathian tatsächlich einer der verantwortlichen Drahtzieher dieser Überfälle war. Trotzdem glaubte Trianal nicht, dass sie etwas Aufregendes erleben würden. Doch wenigstens bekam er auf diese Weise etwas Bewegung.
Und konnte mal wieder schwitzen und sich über Pferdebremsen unter Brustpanzern Gedanken machen.
Er lachte und griff nach seiner Wasserflasche, trank dann einen winzigen Schluck, gerade so viel, dass er seinen Mund ausspülen konnte, steckte den Stöpsel wieder hinein und blickte auf, als einer der Vorauskundschafter langsam auf ihn zugaloppiert kam.
»Glaubt Ihr, dass sie tatsächlich etwas gefunden haben?«, fragte Trianal den älteren Offizier neben sich skeptisch.
»Möglich wäre es«, erwiderte Sir Yarran und kniff die Augen gegen die Sonne zusammen, die am östlichen Horizont an einem strahlend blauen Himmel stand, über den höchst malerische weiße Wolkenberge zogen. »Aber wenn sie etwas gefunden haben, kann es nicht besonders wichtig sein.« Trianal sah ihn fragend an, der alte Ritter zuckte mit den Schultern. »Wäre es dringend, so würde er gewiss schneller reiten«, bemerkte er. Trianal nickte.
»Das ist wohl wahr.« Dann lachte er verbittert. »Aber es wäre schon ein Segen, wenn sie nach diesen fruchtlosen zwei Wochen überhaupt mal endlich etwas gefunden
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