Die dunkle Göttin
hätten!«
»Geduld, Milord, Geduld«, riet ihm Sir Yarran mit einem schiefen Grinsen. »Darum geht es die meiste Zeit, um Geduld, meine ich. Es ist schwerer, zu wissen, wann und wie man warten muss, als hinter den Hornsignalen her zum Angriff zu stürmen. Zu viel Übereifer oder Ruhmsucht bringen einen Mann vielleicht durch eine Schlacht und mögen bei Blutvergießen hilfreich sein, doch Disziplin und Geduld halten ihn davon ab, loszustürmen und sie mit Gewalt zu suchen. Und dabei seine Leute zu opfern, auch wenn es unnötig ist. Außerdem hilft ihm das auch, die Zeit zwischen den Kämpfen zu überstehen, ohne von der Langeweile abgestumpft zu werden.«
Trianal dachte über Yarrans Worte nach. Der ältere Ritter beobachtete ihn einen Augenblick lang und zuckte dann die Achseln.
»Die Langweile hat schon viele Wachposten und Kundschafter das Leben gekostet, Milord. Ein Mann, der sich langweilt, hält die Augen nicht auf und ist in dem entscheidenden Moment nicht geistesgegenwärtig, wenn ihm wirklich jemand mit einem Bogen auflauert oder sich von hinten anschleicht und ihm mit einem Messer die Kehle durchschneiden will.«
»Ich nehme an, dass sie auch viele Soldaten das Leben gekostet hat, deren Befehlshaber zu gelangweilt waren, um auf ihre Pflichten zu achten«, erwiderte Trianal schließlich, während er dem Kundschafter entgegensah.
»Allerdings.« Sir Yarran freute sich, dass der Jüngling selbst diesen Schluss gezogen hatte. »Das trifft wahrhaftig zu.«
Der Kundschafter erblickte Trianal neben seinem Hornisten und Standartenträger, galoppierte auf ihn zu und salutierte.
»Mit Verlaub von Sir Stannan, Milord. Er glaubt, dass wir vielleicht etwas gefunden haben könnten.«
»Schön. Und was?«, erkundigte sich Trianal trocken, als der Späher nicht weitersprach.
»Verzeiht, Milord.« Der Mann verzog ironisch das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich wollte Euch nicht ermüden, Sir. Der Hauptmann lässt Euch ausrichten, dass wir auf die Spuren eines berittenen Trupps gestoßen sind.«
»Wie viele?« Trianal sah den Mann scharf an.
»Mindestens zwanzig Pferde, Sir. Vielleicht auch dreißig. Die meisten von ihnen tragen Kriegsbeschlagung.«
Trianal nickte dem Mann zu und schaute dann Sir Yarran an. Dieser erwiderte den Blick nachdenklich, sagte jedoch nichts. Jeder junge Falke musste fliegen lernen, und es gehörte ebenso zu seiner Aufgabe, Trianal seine Flügel ausprobieren zu lassen wie den Jungen vor allzu vielen Fehlern zu bewahren.
Dies wusste Trianal, und er nahm es ihm nicht übel was
für ihn sprach. Als er sich jetzt wieder an den Kundschafter wandte, waren seine Worte gleichzeitig auch an Sir Yarran gerichtet.
»Kriegsbeschlagung muss nicht notwendigerweise etwas zu bedeuten haben«, er betonte das Wort leicht, »aber eine so große Reiterabteilung ist doch auffällig. Wie weit voraus befindet sich Sir Stannan?«
»Etwa einen halben Werst, Milord«, antwortete der Späher, drehte sich im Sattel um und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. »Hinter jener Anhöhe dort liegt eine Schlucht, die durch eine weitere Hügelkette führt, die wiederum bis zum Rand der Sümpfe reicht. Durch die Schlucht fließt ein Bach, in den dieser hier mündet. So wie es aussieht, war es vor einer Woche noch ein Fluss. Er verläuft durch die Hügel, allerdings nicht in gerader Linie. Sir Stannan meint, auf seiner Karte münde der Fluss genau in die Sümpfe. Die Spuren folgen der Schlucht.«
»Tun sie das?«, murmelte Trianal, und der Späher nickte. »Wie ist der Boden in der Schlucht beschaffen?« Der junge Ritter rieb sich nachdenklich das glatt rasierte Kinn.
»Nicht besonders gut, Sir.« Der Mann verzog das Gesicht. »Wie gesagt, sie scheint bis zur letzten Woche noch bis zum Rand mit Wasser gefüllt gewesen zu sein, und sie ist recht gewunden. Der Boden dort ist matschig und weich, und an einigen Stellen hat das Hochwasser Geröll aufgehäuft und sogar den einen oder anderen Felsbrocken angespült. Wer da nicht aufpasst, kann seinem Pferd schnell die Beine brechen.«
»Aber über die Hügel kommt man sicher voran?«, fragte Trianal. »Sind sie nicht zu steil?«
»Nein, Milord. Es sind nur sanft geschwungene Hügel, Sir, außerdem begrast. Es gibt nicht mal Bäume. Auf dem Kamm wachsen einige Büsche, aber mehr nicht.«
»Verstehe.« Trianal richtete seinen Blick auf Sir Yarran. »Dieser Kriegsbeschlag mag vielleicht nichts zu bedeuten haben«, erklärte er, »aber wenn ein Reitertrupp
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