Die dunkle Horde - Die Troll-Saga ; [5]
Gebirge nicht gerade verlockend war, brummte Ruk zustimmend. Wenn sie gut marschierten, würden sie vor der Schneeschmelze bei den Höhlen sein. Kein einfacher Weg, aber besser, als wenn der schmelzende Schnee ihn noch gefährlicher machte.
»Oder…« Israk ließ das Wort einige Herzschläge lang in der Luft hängen. »Oder wir bleiben hier.«
Verwirrt schüttelte Ruk den Kopf. Verblüffte Stille herrschte auf dem Platz. Keiner der Trolle schien zu verstehen, was Israk da vorschlug.
»Das hier ist nur eine Stadt. Die Eleitam haben Dutzende. Und dann gibt es noch Keibos und Elfen und wie sie alle heißen. Jede Menge Beute, überall hier unten, beschützt von schwachen Wesen, die sich lieber verstecken, als zu kämpfen.« Israk sprang auf und breitete die Arme aus. »Seht nur, was eine kleine Schar Trolle alles erreicht hat! Genug Beute für uns alle. Genug, um uns über den Rest des Winters zu bringen! Und das in einer einzigen Stadt!«
»Was ist mit denen, die oben geblieben sind?« Ruk sah sich in der Menge um. »Ich meine, wir haben das auch für sie gemacht.«
Israk nickte gönnerhaft. »Sicher. Wir senden Boten, holen sie zu uns herab. Schicken mehr Boten, zu weiteren Stämmen. Berichten ihnen von der Beute, die nur auf sie wartet. Es gibt noch zahlreiche Stämme, die nichts hiervon wissen. Die hungern. Von denen viele Trolle den Sommer nicht mehr erleben werden.«
Ruk versuchte sich das vorzustellen. Noch mehr Trolle. Weitere Stämme. Es gelang ihm nicht. Schon die Anzahl der Jäger an diesem Ort war kaum zu erfassen. Aber Israks Worte riefen in ihm die Erinnerungen an die Höhle weit oben in den Bergen wach, in der er Trads ganze Sippe erfroren gefunden hatte.
»Und was machen wir? Hier rumsitzen?«, fragte Karn und trat ein Stück vor. Er hatte die Fäuste in die Seite gestemmt und das Kinn gereckt.
»Fürs Erste, ja«, erwiderte Israk ruhig. »Wir brauchen einen Ort, von dem aus wir weiterziehen können, den andere finden. Dieser hier ist so gut wie jeder andere.«
»Und die Eleitam?«
Die Frage war berechtigt. Sie hatten die Überlebenden in einige der Häuser gesperrt. Bislang hatte Ruk kaum einen Gedanken an sie verschwendet. Wenn die Trolle wieder abzogen, konnten sie sich befreien und tun, was sie wollten. Aber wenn die Trolle in der Stadt blieben, würden die Eleitam zu einem Problem werden.
»Wir können sie laufen lassen«, schlug eine Trollin vor.
Ein anderer schnaubte und packte sich mit der Hand an die Kehle, verdrehte die Augen und machte röchelnde Geräusche. Seine Darbietung wurde mit Gelächter quittiert. Karn jedoch starrte ihn mit finsterer Miene an und machte einen Schritt auf ihn zu.
Ruk packte seinen Bruder am Arm und hielt ihn zurück. Als Karn ihm daraufhin einen wütenden Blick über die Schulter zuwarf, schüttelte er sanft den Kopf. »Hören wir erst mal, was Israk dazu sagt«, schlug er leise vor. Einen Moment lang war Karn unschlüssig, dann entspannte er sich und stellte sich neben Ruk.
»Natürlich könnten wir sie einfach ziehen lassen. Aber dann gehen sie vielleicht zu anderen Eleitam und holen sich Waffen und kämpfen gegen uns.«
»Ha«, rief die Trollin. »Sollen sie doch! Dann schlagen wir ihnen eben die Schädel ein!«
»Also könnten wir das auch gleich machen«, entgegnete Israk, ehe er den Kopf schüttelte. »Aber tot liegen sie nur rum und stinken. Wir müssten sie fortschaffen oder unter Steine legen. Tot machen sie nur Arbeit. Lebendig hingegen…« Er legte eine Pause ein. »Lebendig könnten sie für uns arbeiten.«
»Was können die schon schaffen? Die sind schwächer als ein Trollkind!«
»Sie halten Vieh und bestellen ihre Felder. Sie bringen uns Essen«, erklärte Israk gelassen. »Alles, was wir hier erbeutet haben, haben sie zusammengetragen. Und sie könnten es wieder tun.«
Das ließ die Zweifler verstummen. Selbst Ruk, der wenig Interesse an Gefangenen hatte, musste gestehen, dass der Plan seinen Reiz hatte. Er warf einen Blick auf Karn, dessen Miene unergründlich war. »Und? Zufrieden?«
Karn zuckte mit den Schultern. »Besser, als sie alle zu töten«, erklärte er nach kurzem Nachdenken. »Und Israk hat recht: Es gibt mehr Trolle, denen wir helfen könnten. Wir sind den weiten Weg gegangen, um alle Trolle unserer Stämme über den Winter zu bekommen, und das haben wir erreicht. Aber da sind noch mehr. Wenn wir einfach zurückgehen, haben wir unser Überleben gesichert, doch was ist mit ihnen?«
»Ich habe keine Lust, in stinkenden
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