Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
wusste nicht, ob er so naiv war, wie er tat, aber in seiner Stimme schwang eine Art Freude mit, die Deilava nur schwer deuten konnte. Diesmal beherrschte sie sich und sagte kein Wort. Karn schien sich auf sie zuzubewegen, und sie machte einen halben Schritt nach hinten, sodass sie zwischen dem Troll und Narem stand, doch er kniete sich lediglich auf den Boden. Verdutzt blickte sie den Troll an.
»Ich möchte mit dir reden«, erklärte Karn ruhig. »Keine Angst.«
»Ich habe keine Angst vor dir, Troll«, entgegnete sie. Es war nicht die Wahrheit, aber es war auch nicht vollkommen gelogen, denn ihre Wut war größer als ihre Furcht. Hätte ich doch nur eine Waffe, ich würde ihm die Klinge ins Auge rammen und … Weiter wusste sie nicht. Zu fliehen war die einzige Lösung, doch sie konnte Narem nicht zurücklassen, und ihn mitzunehmen war unmöglich, solange er bewusstlos war. Hauptsache den Troll töten. Nicht einmal in Gedanken konnte sie diesem unmöglichen Wesen einen Namen zugestehen.
»Dann lass uns reden. Ich würde gern so viel von dir erfahren. Woher du stammst, wie du lebst. Was du schon alles gesehen hast.«
Deilava schürzte die Lippen und lächelte grimmig. »Ich werde dir keine Geheimnisse verraten.«
Karn wirkte sichtlich überrascht. »Nein, keine Geheimnisse. Einfach nur, wie es ist, ein Elf zu sein.«
Verwirrt runzelte Deilava die Stirn. Seine Worte ergaben für sie keinen Sinn. Was konnte dieses Wesen schon an ihrem Leben interessieren, außer, was seinen Gefährten helfen würde, ihren Kriegszug fortzusetzen.
Karn seufzte laut. »Du bist die erste Elfe, mit der ich rede«, erklärte er bedächtig. »Ich habe nur einmal vorher welche gesehen, aber die waren anders als du, in Metall gekleidet. Seid ihr von verschiedenen Stämmen?«
Die Frage war fast kindlich vorgetragen. Eigentlich wollte Deilava ihn verhöhnen, aber sie hielt sich zurück. Ihr Blick fiel auf Narems reglose Gestalt.
»Wenn ich dir antworte, will ich aber etwas dafür«, stellte sie entschlossen fest.
Karn nickte. »Was denn?«
»Wasser und Nahrung. Noch mehr Wasser, um die Wunden meines Gefährten zu säubern. Decken für uns.«
Der Troll blickte sich in der kleinen Zelle um und nickte. »Ich verstehe.« Er stand auf, richtete sich zu seiner ganzen imposanten Größe auf. »Das ist nicht … Du musst wissen, für einen Troll …« Er suchte sichtlich nach Worten. »… wäre das ein gutes Lager.«
Unsicher, was er damit sagen wollte, nickte Deilava, so als würde sie ihn verstehen. Hauptsache, er brachte ihr die geforderten Dinge.
Seine massige Gestalt verdeckte für einen Moment die Tür, dann war Deilava wieder mit Narem allein. Karn machte sich nicht die Mühe, die Tür zu schließen. Einen Moment lang keimte Hoffnung in Deilava auf, doch zwei Trollfratzen, die in dem Rahmen auftauchten und sie neugierig anstarrten, erstickten diese sogleich wieder. Sie wich den Blicken ihrer Beobachter nicht aus, so schwer es ihr auch fiel. Deren Augen wirkten dumpf und trüb, als stecke dahinter ein schwacher Geist.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis sich wieder Schritte näherten und Karn die beiden Wachen mit einem lauten Ruf verscheuchte. Sie bedachten ihn mit einigen unfreundlichen Worten, kamen jedoch seiner Aufforderung nach und ließen sie wieder allein.
Der Troll trat in die Zelle, stieß sich erneut den Kopf und fluchte leise. In seinen Armen hielt er ein großes Bündel, das er vorsichtig vor Deilava auf den Boden legte, bevor er sich zwei Schritte zurückzog und wieder hinkniete.
Inmitten des großen Deckenhaufens fand sie zwei prall gefüllte Wasserschläuche und eine wilde Mischung aus Essen, ganz offensichtlich ehemalige Vorräte der Eleitam. Alter Käse, gepökeltes Fleisch, einige verschrumpelte Äpfel. Der Anblick ließ Deilava das Wasser im Munde zusammenlaufen. Sie ahnte nicht, wie lange sie bewusstlos gewesen war, wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte, aber ihr Magen zeigte ihr mit leisem Knurren, dass es zu lange her war. Obwohl der Troll sie weiterhin ansah, fischte sie einen der Äpfel aus dem Haufen und biss herzhaft in ihn hinein. Sie kümmerte sich nicht um den Troll, während sie den Apfel samt Gehäuse und Kernen verspeiste und anschließend den Stiel in eine Ecke warf. Noch war ihr Hunger nicht gestillt, aber zumindest hatte der Apfel ihm die beißende Schärfe genommen.
»Gut? Antwortest du mir jetzt?«
»Mein Gefährte ist verletzt, Troll. Ich muss mich zuerst um ihn kümmern.«
Sie nahm einen
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