Die dunkle Macht des Mondes
genug.”
“Mexiko soll um diese Jahreszeit sehr schön sein. Genau, was ich brauche.” Er wischte sich mit einem fleckigen Tuch eine Ölspur aus dem Gesicht. “Kommt mit. Ich mache euch eben den Kaffee.”
Gwen ging ihm ein paar Schritte nach, blieb stehen und sah zu Dorian zurück. Er stand ganz still da, und sein Atem bildete in der kalten Luft neblige Spiralen.
“Wir können ihm vertrauen”, sagte sie.
Dorians Sonnenbrille warf dumpfes Licht zurück. “Du bist dir sicher.”
“Ja.”
Sie ging weiter zur Flugzeughalle und horchte auf Dorians Schritte hinter ihr. Sie schlurften widerwillig, aber sie kamen ihr nach.
Rays Büro war kalt, nur ein kleiner Ofen in der Ecke spendete Hitze. Der Pilot hatte bereits zwei Becher mit dampfendem Kaffee fertig, als Gwen und Dorian ankamen. Gwen nahm einen der Becher dankbar an. Dorian ignorierte seinen. Ray setzte sich hinter einen unordentlichen Schreibtisch.
“Macht es euch bequem”, sagte er und sprach wieder nur mit Gwen. “Ich halte euch auf dem Laufenden.”
Er ging hinaus. Gwen schätzte das Licht im Büro ab und ließ die Jalousien an den Fenstern, die auf die Landebahn hinausführten, herunter. Sie setzte sich auf den Schreibtischstuhl und schloss beide Hände um ihren Kaffeebecher.
“Ich habe nachgedacht”, sagte sie. “Sollten wir nicht Walter wissen lassen, dass wir die Stadt verlassen müssen?”
Dorian setzte seine Sonnenbrille ab und sah sie unter seinem Hut hervor an. Seine Augen waren fast wieder normal. “Weiß er, dass du lebst?”
“Nein. Ehe ich …”, sie schluckte, “vor allem wollte ich nicht, dass, wer auch immer hinter mir her war, von ihm erfuhr.”
“Du hast ihn seit deiner Rückkehr nicht gesehen.”
“Ich hatte keine Gelegenheit dazu. Hast du den Kontakt zu ihm behalten, nachdem du … dich der Splittergruppe angeschlossen hast?”
Dorian betrachtete den Boden zu seinen Füßen. “Nur, um sicherzugehen, dass er ausreichende Mittel für die Miete und Nahrung hat.”
“Ich habe dafür gesorgt, während ich in New Jersey war.” Sie zögerte. “Er hat nie herausgefunden, was du bist, oder?”
“Nein.”
“Glaubst du, er ist in Gefahr?”
“Kyril ist sich mit ziemlicher Sicherheit meines Umgangs mit Walter in der Vergangenheit bewusst”, sagte Dorian langsam, “aber ich bezweifle, dass er die Bedrohung von Walters Leben als wirksames Druckmittel erachten wird, um mich zur Aufgabe zu zwingen.”
“Trotzdem müssen wir ihm sagen, wie er uns erreichen kann, wenn er in Schwierigkeiten gerät.”
“Ja.” Dorian griff in seinen Mantel und zog eine Brieftasche hervor, die vor Geldscheinen fast platzte. “Wenn du deinem Mr. Fowler ausreichend vertraust, werde ich Walter Geld und einen kurzen Brief zukommen lassen, der unsere Situation darlegt. Wenn wir Mexiko erst einmal erreicht haben, können wir ihm die Gelegenheit geben, sich mit uns in Verbindung zu setzen.”
“Einverstanden”, sagte Gwen. Sie scharrte mit den Füßen auf dem Betonboden und war froh, dass Dorian anscheinend seinen Verstand vollkommen zurückerlangt hatte. Er dachte wieder klar und übernahm die Führung, wie früher.
Sie musste ebenfalls weiterhin klar denken. Walter war nicht das einzige Problem, das gelöst werden musste, ehe sie und Dorian aus New York flohen. Sie hatte Mitch hängen lassen, als sie ihn aus dem Hauptquartier von Pax angerufen hatte, und er hatte ein Recht, zu erfahren, dass es ihr immer noch gut ging.
Und wenn du es ihm sagst, was dann?
Wenn er wüsste, wo sie zu finden war, dann würde ihn nichts davon abhalten, ihr zu folgen. Und das würde auf mehr als eine Art Ärger bedeuten.
Wenn sie wusste, dass Dorian und sie in Sicherheit waren – wenn sie Dorians Wahnsinn besser verstand, und einen Weg gefunden hatte, ihm zu helfen – dann konnte sie einen Anruf riskieren.
Es tut mir leid, Mitch. Du hast das nicht verdient. Keiner von uns hat das.
Dorian sah sie an, als sie aus ihren Gedanken auftauchte.
“Was ist los, Gwen?”, fragte er.
Sie nahm an, dass er ihre innere Unruhe gespürt hatte, auch wenn er seine eigenen Gefühle weiterhin vor ihr verbarg. “Ich werde nach Ray sehen”, sagte sie und ging zur Tür, “ich hatte keine Gelegenheit, ihn zu fragen …”
“Ich weiß, wie schwer es für dich gewesen ist”, sagte er, kaum lauter als ein Flüstern.
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, aber er wartete auch keine Antwort ab. “Was du letzte Nacht gesehen hast …” sagte er, “das ist schon
Weitere Kostenlose Bücher