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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes
Autoren: Susan Krinard
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Dorian?”
    “Mr. Brenner”, sagte die Krankenschwester tadelnd, “Sie müssen liegen bleiben.”
    Blass von der Anstrengung, sank Walter ein Stück zurück. “Konntest du ihn immer noch nicht dazu bringen, mitzukommen?”
    “Ich kann ihn nicht finden”, sagte Gwen und zog sich einen Stuhl an die Bettkante. “Er ist nicht im Lagerhaus. Es sieht aus, als ob dort etwas passiert wäre.
    “Was?” Walter versuchte erneut, sich aufzurichten, nur um vor Erschöpfung zusammenzusinken. “Was soll das heißen, etwas passiert?”
    Gwen verfluchte sich, weil sie ihn aufgeregt hatte. “Ich weiß es nicht”, sagte sie vorsichtig. “Seine Sachen …” wurden zerstört, dachte sie. Aber das konnte sie dem alten Mann nicht sagen. “Seine Sachen waren nicht mehr da.”
    Walter stieß einen harmlosen Fluch aus. “Ich hatte immer Angst, dass er eines Tages davonläuft.”
    “Warum?”, fragte Gwen.
    “Es war schwer für ihn, Menschen um sich zu haben, sogar mich. Er dachte, er hat sich um mich gekümmert, aber manchmal …”, er räusperte sich, “manchmal habe ich getan, als wäre ich kränker, als ich wirklich war, damit er nichts … Schlimmes anstellt.”
    “Etwas Schlimmes mit jemand anderem?”
    “Nein. Das habe ich nie geglaubt.” Walter schloss seine Augen. “So wie er manchmal geredet hat … ich dachte, er könnte sich selbst was antun.”
    Gwen umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls. “Und jetzt glaubt er, du bist in guten Händen.”
    Der alte Mann öffnete die Augen wieder. “Ich will mich nicht aufdrängen, Miss Murphy. Sobald ich dieses Bett verlassen kann …”
    “Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Wir finden eine ordentliche Bleibe für Sie, bis Sie wieder in Ordnung sind.”
    Walter schwieg länger als eine halbe Minute. “Ich hatte gehofft”, sagte er schließlich, “ich hatte gehofft, dass Sie es schaffen würden. Dass Sie Dorian auf andere Gedanken bringen würden. Er hat Sie gemocht, Miss Murphy. Hab ihn nie so interessiert an ’nem anderen Menschen gesehen.”
    “Vielleicht haben Sie sich zu viele Hoffnungen gemacht.”
    “Vielleicht. Aber wenn er wirklich weg ist, dann nicht wegen Ihnen. Er …”
    Die Krankenschwester unterbrach. “Mr. Brenner, es ist Zeit, dass Sie sich ausruhen.” Sie sah Gwen streng an. “Sie können morgen wiederkommen, aber unser Patient hatte für heute genug Aufregung.”
    “Nur noch ein paar Minuten, bitte”, sagte Gwen. Sie beugte sich in ihrem Stuhl nach vorn. “Walter, ich muss Dorian finden, besonders, wenn es sein kann, dass er in Schwierigkeiten steckt. Haben Sie irgendeine Ahnung, wo er hingegangen sein könnte?”
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. “Hatte immer das Gefühl, dass er die Stadt kennt wie seine Westentasche. Könnte überall sein.”
    “Sie müssen eine Ahnung haben, auch wenn Sie nur raten.”
    “Na ja … er hat von der Gegend geredet, in der er aufgewachsen ist. So ein altes Mietshaus in Hell’s Kitchen. Klang so, als hätte er vor hundert Jahren dort gelebt.”
    “Hat er gesagt, wo dieses Mietshaus ist?”
    “Er hat die Vierunddreißigste Straße erwähnt.”
    Gwen knetete ihre Unterlippe. “Das ist doch ein Anfang.”
    “Wollte, ich könnte Ihnen helfen. Mein verdammtes Herz …”
    “Ich will nicht, dass Sie sich Sorgen machen.” Sie drückte seinen dünnen Arm sanft. “Ich finde Dorian, und wenn ich die Stadt auf den Kopf stellen muss.”
    Er sah ihr mit einem schiefen Lächeln in die Augen. “Ich glaube, das werden Sie wirklich.”
    Gwen tätschelte seinen Arm und stand auf. “Ich erstatte Bericht, sobald ich etwas weiß.” Sie nickte der Krankenschwester zu und eilte aus der Tür. Ihre Gedanken arbeiteten schneller als ihre Füße. Niemand bei der Zeitung würde merken, dass sie nicht an ihren Schreibtisch zurückgekehrt war, niemand bis auf Mitch nahm sie ernst genug, um sich darum zu kümmern, wo sie steckte. Sie konnte noch an diesem Abend anfangen, nach Dorian zu suchen. – Und falls Mitch Fragen stellte …
    Gwen schüttelte ihre Unsicherheit ab, nahm ein Taxi nach Hause und zog sich um. Sie wählte die passende Ausstattung für eine Nacht in der Stadt. Sie trug Rouge und Lippenstift auf, legte ein Band um ihre Stirn und betrachtete sich im Spiegel. Sie fühlte sich unsicher, wie so oft, wenn sie sich herausputzte. Das Kleid war ein Geschenk von Mitch gewesen. Sie trug es nur für ihn und fühlte sich jedes Mal ein wenig wie verkleidet. Sie war nie glamourös gewesen und würde es auch nie
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