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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
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sein.
    Aber glamourös oder nicht, in dieser Nacht würde sie in eine Welt von Gangstern und Flüsterkneipen eintauchen. Sie musste wie ein Stammkunde aussehen, wenn sie sich mit auch nur einem Hauch von Sicherheit in dieser Welt bewegen wollte.
    Sie schlüpfte in ein paar Lederpumps, warf sich einen Mantel über und rief ein weiteres Taxi. Sie hatte das Gefühl, dass eine sehr lange Nacht vor ihr lag.

5. KAPITEL
    D ie Mietskaserne war entkernt worden und für den baldigen Abriss vorgesehen. An ihrer Stelle sollte ein moderneres Gebäude entstehen. Sie gleicht mir, dachte Dorian: ein überflüssiges Produkt einer vergangenen Zeit, nutzlos und bereit, zu sterben.
    Sein Bewusstsein kam und ging wie Sonne und Schatten, die durch das zerbrochene Kellerfenster sichtbar waren. Manchmal war er vollkommen klar und erinnerte sich daran, wie er hergekommen war und warum. Meistens aber schwebte er in einer Traumwelt, in der er sich des Schmerzes nur halb bewusst war, weit erhaben über Hunger und den Willen, sich zu nähren. Sogar als eine Horde lachender Kinder durch die Ruinen jagte und nach verlorenen Schätzen suchte, spürte Dorian nichts als Gleichgültigkeit.
    Bis die Vergangenheit ihn einholte.
    Die Jungen waren mehrere Jahre älter als er. Ihre Gesichter waren bereits verhärtet von Missbrauch und Hunger und den langen Stunden in den Fabriken; sie kannten keine Gnade für jemanden, der schwächer war als sie selbst. Am wenigsten für einen, der Bücher las und so tat, als sei er etwas Besseres.
    “Komm schon”, sagte ihr Anführer, “zeig uns, was du gelernt hast, Hübscher.” Er hob die Fäuste. “Och, guckt an, er hat Angst. Fängt jeden Moment an zu heulen.”
    Die Jungen lachten, aber Joseph wusste, dass sie nicht aufhören würden. Sie ließen ihn wahrscheinlich nur am Leben, weil ein Mord zu viel Aufsehen erregt hätte. Das hieß aber nicht, dass sie ihn nicht verprügeln würden, bis sein Leben nur noch am seidenen Faden hing.
    Er hob seine eigenen Fäuste und wartete. Als der Anführer zuschlug, benutzte Joseph seine Fäuste, wie die Boxer, die er gesehen hatte, als sein Dad ihn zu einem Straßenkampf mitgenommen und ihn gezwungen hatte zuzusehen. Der Boss der Gang brach mit einem schmerzerfüllten Schnaufen zusammen.
    Fünfzehn Minuten später lag Joseph in einer Seitengasse. Sein Gesicht war eine blutige Masse aus Schnitten und Prellungen. Er sagte sich, dass es nicht so schlimm war. Sein Dad hatte schon Schlimmeres mit ihm angestellt.
    Aber das nächste Mal würde er es ihnen nicht so leicht machen. Das nächste Mal würde er ihnen zeigen, dass es besser war, ihn in Ruhe zu lassen …
    Dorian öffnete die Augen. Er sah nicht länger gut genug, um Einzelheiten des Raumes erkennen zu können. Am Anfang waren die Ratten noch über ihn gekrabbelt, um zu sehen, ob er essbar war. Letztendlich hatten sie ihn in Ruhe gelassen. Sogar wenn er tot war, würden die Aasfresser ihn verschonen.
    Die Nacht war bitterkalt. Joe und die Jungs warteten seit Stunden. Sie wussten, dass Schaeffer und seine Gang hier entlangkommen würden, nachdem sie den Abend damit verbracht hatten, unglückselige Matrosen, die das Flussufer verlassen hatten, auszurauben.
    Benny spuckte einen Fluch aus und schlug die Arme vor der Brust zusammen. “Wo zur Hölle bleiben die?”, beschwerte er sich.
    Joe sah ihn fest an, bis er verstummte. Die anderen Jungen spielten mit ihren Messern und Schlagstöcken, um sich die starren Finger zu wärmen. Wenn ihre Rivalen auftauchten, würden sie bereit sein.
    Der Kampf war schrecklich. Zwei Jungen fielen und standen nicht mehr auf. Schaeffer erwischte es am schlimmsten. Was von seiner Gang übrig blieb, rannte oder humpelte weg, so schnell die Beine sie trugen. Als die Polizei kam, waren Joes Leute lange verschwunden.
    Dorian führte eine Hand an sein Gesicht und fühlte nach der Narbe, die Schaeffers Messer in sein Gesicht geschnitzt hatte. Sie war nicht dort. Er betrauerte ihren Verlust, sie hatte ihm in den alten Tagen gute Dienste geleistet und seinen Feinden wie auch seinen Anhängern Furcht eingeflößt. Nach Schaeffer hatte ihn niemand mehr herausgefordert. Niemand außer Little Mike.
    “Du bist erledigt.”
    Little Mike grinste die Taschendiebe, Straßenräuber und Einbrecher, die sich hinter ihm sammelten, an. Die meisten von ihnen waren etwa so alt wie Joe, der jüngste vielleicht sechzehn und der älteste Mitte zwanzig, wie Joe selbst. Sie lachten, aus Angst, aber auch aus Anerkennung.

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