Die dunkle Prophezeiung des Pan
selber. Jetzt galt es Lee zu
retten.
Ich
nahm mir vor, es von der Westminster Abbey aus zu versuchen. Von dort
war ich bereits einmal kontrolliert in der Zeit gesprungen.
Ich
zog mich um, packte ein paar Gummistiefel in eine Tasche, eine
Taschenlampe und das Stilett meines Großvaters. Die einzig
brauchbare Waffe, die ich besaß.
In
dem Moment, als ich loswollte, tat sich ein anderes Problem auf.
Eines, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Und wenn,
ich war so aufgeregt, endlich Lees Aufenthaltsort herausgefunden zu
haben und Lee selber zu finden, ich hätte diese Anzeichen alle
ignoriert. Ich riss unsere Wohnungstür auf und blieb wie
erstarrt stehen.
Jemand
hatte gerade versucht hereinzukommen.
ÜBERFALL
Es
war ein Mann Anfang dreißig. In seiner Hand hielt er einen
schraubenzieherähnlichen Gegenstand. Er hatte eine rasierte
Glatze und eine Tätowierung an der linken Halsseite. Und er sah
aus, als würde er regelmäßig ein Fitnessstudio
besuchen. Diese breiten Schultern kamen nicht allein vom
Bierkistenstämmen. Als er mich sah, richtete er sich zu seiner
vollen Größe auf.
»Kennen
wir uns?«, fragte ich perplex.
»Ich
kenne Philip«, sagte er mit einem fiesen Grinsen. Ich hatte
gegen diesen Riesen nur eine Chance. Und nutzte sie.
Ich
schrie. So laut und kreischend es meine Stimmbänder erlaubten.
Ich hoffte, Mrs Collins hatte ihre Talkshow nicht an und konnte mich
hören, um die Polizei zu alarmieren. Zufrieden sah ich den Typen
erschrocken zusammenzucken.
Leider
nur kurz, denn schon hatte er mich zurück in die Wohnung
geschoben und hielt mir den Mund zu. Mein einziger Gedanke war: aus
die Maus.
»Ich
habe schon gehört, dass du nicht ganz einfach bist«,
keuchte der Typ in mein Ohr. Zu meiner Genugtuung musste er sich
anstrengen, denn ich wehrte mich, so gut es ging. Ja, mein
Sporttraining hatte durchaus etwas genutzt. Ich war kein hilfloser
Pudding mehr. »Egal, wie sehr du dich wehrst. Ich bekomme, was
ich will. Du richtest Philip aus, er soll gefälligst das
restliche Geld herbeischaffen. Wir warten schon viel zu lange darauf.
Aber du warst ja ständig unterwegs. Ich brauche nur einen
Finger.«
Da
er mir mit einer Hand den Mund zuzuhalten versuchte, hatte er nur
eine frei, um mich festzuhalten. Ich versuchte ihn von mir
wegzuschieben und schlug, so gut ich konnte, auf ihn ein. Dann merkte
ich, dass je mehr ich mich wand und bewegte, desto weniger konnte er
mich festhalten. Wohl wollte er mich in eine Position zu bringen, in
der ich ihm völlig ausgeliefert war, aber noch schaffte er es
nicht. Ich tastete nach dem Stilett in meiner Tasche und gleichzeitig
bekam ich meinen Mund ein wenig frei. Ich biss fest zu, obwohl er
versuchte seine Hand wegzuziehen. Ich biss, bis ich Blut schmeckte.
Er jaulte auf, dann ließ er mich einen Moment lang los, aber
nur, um mir im nächsten eine Ohrfeige zu verpassen, die mich
durch den Flur bis in die Küche schleuderte.
Das
reichte mir. Ich hatte das Stilett zu fassen bekommen. Gerade, als er
sich wutentbrannt auf mich stürzen wollte, ließ ich die
Klinge herausfahren. Genau in seinen Unterarm. Er schrie wieder auf
und wich zurück. Und dann flog er zurück.
Jemand
hatte ihn von hinten gepackt und zurückgerissen. Jetzt versetzte
er ihm einen Tritt gegen den Oberschenkel. Tom. Der Sohn von Mrs
Collins, die unter uns wohnte. Tom trat noch einmal zu. Der Fremde
wich zurück ins Treppenhaus und fiel ein paar Stufen hinunter.
Tom rannte hinter ihm her. Ich rappelte mich auf, um besser sehen zu
können.
Unten
begann Mrs Collins zu kreischen. Sie stand in ihrer üblichen
Schürze in der offenen Wohnungstür und schrie Zeter und
Mordio und den Straßennamen in ihr Telefon. Der Angreifer
rappelte sich auf, schubste Mrs Collins vor die Brust und rannte
mehrere Stufen auf einmal nehmend die Treppe weiter hinunter.
Und
unglaublicherweise - wirklich filmreif – hörten wir nur
wenige Sekunden später eine Polizeisirene und das Schlagen von
Autotüren. Als Tom und ich auf die Straße stürzten,
hatte die Polizei den Angreifer bereits mit am Rücken
verschränkten Armen ans Auto gestellt.
Ich
sackte auf der Stufe zu unserem Hauseingang zusammen.
Mrs.
Collins hatte mich zu sich in die Wohnung gebeten und für uns
alle, einschließlich eines Polizisten, Tee gekocht – ihr
Allheilmittel in sämtlichen Lebenslagen. Außerdem
wahrscheinlich das einzige, was sie im Schockzustand zustandebrachte.
Ich zitterte nicht wenig und war zum ersten Mal froh über
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