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Die dunkle Prophezeiung des Pan

Die dunkle Prophezeiung des Pan

Titel: Die dunkle Prophezeiung des Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier
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zufrieden.
    Ich
schloss die Augen, versuchte mich auf das Rauschen des Meeres zu
konzentrieren und die Felsblöcke heraufzubeschwören. Es
klappte nicht. Meine Gedanken schweiften ab. Was, wenn Tom nicht
aufgetaucht wäre? Was, wenn ich das Stilett nicht griffbereit
gehabt hätte? Was, wenn … Ich öffnete die Augen.
»Ich fürchte, wir müssen es auf morgen verschieben.
Bist du dann auch wieder hier?«
    Der
Schatten hob den Zeigefinger: noch einen Versuch. Dann hielt er mir
beide Hände hin, als wolle er mich führen.
    »Gut.
Noch einen Versuch. Ich hoffe ehrlich, es klappt. Ich mag morgen
nicht schon wieder achtzehn Pfund Eintritt bezahlen.« Ich
schloss die Augen und streckte die Hände aus, als könne ich
wirklich die Hände des Schattens ergreifen.
    Meeresrauschen.
Basaltblöcke. Fels. Höhle. Meine Fingerspitzen umfassten
warme, mir angenehme Finger. Sie drückten meine Hände und
zogen mich sanft vorwärts. Ich zwang mich, meine Augen
geschlossen zu halten und ließ mich führen. Einen Schritt.
Noch einen. Die Hände hoben meine an und ich verstand die Geste.
Ich hob die Füße und stolperte dennoch ein wenig über
eine hohe Stufe. Trotzdem hielt ich meine Augen geschlossen. Die
Hände zogen mich vorwärts. Immer weiter. Dann streichelten
die Finger ganz sanft und zärtlich über meinen Handrücken.
Das war sehr schön und verursachte ein leichtes Kribbeln.
    Eiskaltes
Wasser durchnässte meine Hose. Erschrocken öffnete ich die
Augen.
    Ich
stand in der Höhle aus meinen Visionen.

DIE DRACHENHÖHLE

    Es
roch widerlich. Nach abgestandener Luft, Verwesung und Exkrementen.
Schnell hatte ich meine Schuhe gegen Gummistiefel getauscht. Ich
schlitterte ein paar Meter weiter über die feuchten, rutschigen
Steine, die immer wieder vom Meerwasser überspült wurden,
dann erreichte ich den verborgenen Eingang, der noch tiefer in den
Fels führte.
    Hier
war es stockdunkel. Trotzdem konnte ich sehen. Nicht wirklich sehen.
Es war eher ein Wahrnehmen, wie durch ein Nachtsichtgerät: Nicht
ein einzelner Lichtkegel erhellte mir die Sicht, sondern alles wirkte
wie bei einer unscharfen Pixelauflösung, ehe sie ins Grobe
überging.
    Die
Höhle war aus massivem Fels und auf dem Boden lagen Unmengen von
Steinen. Genau wie in meiner Vision. Bei den helleren sah ich besser
nicht genau hin. Ich war mir keineswegs sicher, ob ich richtig lag,
aber was, wenn Lee nicht mehr hier wäre? Was, wenn hier …
etwas anderes wäre? Wenn dieser längliche Stein kein Stein
… o Gott! Es war ein Beckenknochen! Ein menschlicher!
    »LEE!«
    Ich
warf alle Vorsicht über Bord. Sollte es sich hierbei um ein
Labyrinth handeln, würde ich ihn nie auf eigene Faust finden.
»Lee! Lee !
Verdammt, wo bist du?« Meine Stimme hallte wie ein Echo nach.
Ich stolperte hastig vorwärts, versuchte meinen Atem
auszublenden und zu lauschen.
    »Ich
bin hier!« Die Stimme war rau, aber nicht weit entfernt.
    Ich
stieß mit meinem Kopf gegen einen Felsvorsprung. Einen
Augenblick lang dachte ich, ich hätte mir die Stimme nur
eingebildet, weil es in meinen Ohren so rauschte.
    »Hier!
Ich bin hier!«
    Ich
blinzelte und rannte jetzt vorwärts in die Richtung, aus der die
Stimme kam. Lees Stimme! Als ich um eine Ecke bog, sah ich ihn. Er
saß angekettet an der Felswand. Sein Gesicht, als er mich
entdeckte, war noch verblüffter als damals, wo er mit mir im
achten Jahrhundert in Germanien gestrandet war.
    »Gute
Göttin. Fay!«
    Ich
stürzte auf ihn zu und stolperte über etwas. Es war so groß
wie ein Ball und kullerte ihm vor die Füße. Entsetzt
starrten wir beide auf den Schädel.Meine Umarmung fiel dadurch
etwas umständlich und zittrig aus. Zumal Lee sie durch die
Ketten nicht erwidern konnte.
    »Fay!
Meine Güte, Fay. Wie hast du mich gefunden?« Er sah mich
noch immer fassungslos an. »Fay.«
    »Wie
bekomme ich diese Fesseln los?«, fragte ich ihn und wandte
meine Aufmerksamkeit den Ketten zu, die sehr stabil aussahen.
    »Kannst
du einfach einen Knochen zwischen meine Handgelenke schieben?«
    »Was
soll das helfen?«, fragte ich angewidert. Knochen lagen hier
überall verstreut. Tatsächlich bestand der ganze
Fußbodenbelag aus Knochen. Alle menschlich, wie es schien.
    »Elfenmagie«,
antwortete er schlicht.
    Mit
spitzen Fingern nahm ich eine Rippe und steckte sie – nicht
ohne Schwierigkeiten - zwischen die metallene Handfessel und Lees
wundgescheuerte Haut. Er stöhnte schmerzhaft, schloss die Augen
und seine Stirn runzelte sich konzentriert. Die Schelle sprang

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