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Die dunkle Prophezeiung des Pan

Die dunkle Prophezeiung des Pan

Titel: Die dunkle Prophezeiung des Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier
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auf.
Sofort hob ich die Rippe wieder auf und steckte sie unter die andere
Manschette. Diesmal war es noch leichter. Aber Lee war sehr schwach.
Er fiel mir in die Arme.
    Ich
hielt ihn an mich gedrückt so fest ich konnte. Endlich hatte ich
ihn wieder. Ich hatte ihn gefunden. Jetzt musste ich uns nur noch
hier herausbringen. Er roch zum ersten Mal nicht nach Moos, Heu und
Veilchen. Er roch beinahe menschlich. Ein wenig säuerlich,
verschwitzt und ranzig. Fast wie mein Großvater, nachdem er
bettlägerig geworden war.
    »Wie
hast du mich gefunden?«, fragte Lee und stöhnte, als ich
ihn fester um die Mitte packte.
    »Erzähl
ich dir später. Lass uns erst einmal verschwinden. Ich weiß
nicht, was für ein Ungeheuer hier lebt, aber ich will ihm nicht
begegnen.«
    »Ein
hebridischer Lindwurm. Wäre auch besser, wenn du ihm nicht
begegnest. Sein Atem ist giftig.«
    Ein
Lindwurm? Ich missachtete Lees Stöhnen und schleifte ihn
energisch vorwärts. »Kannst du nicht ein wenig mehr von
deiner Elfenmagie anwenden?«, keuchte ich nach ein paar Metern.
Wir kamen kaum vorwärts. Lee war mehr bewusstlos als lebendig.
    »Ich
habe meine letzten Kräfte beim Öffnen der Ketten
verbraucht.« Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
    Ich
bekam wirklich Angst. »Lee, halte durch. Ich bin jetzt bei
dir«, versuchte ich ihn zu ermutigen. »Komm schon. Gleich
sind wir draußen. Du kannst mich so kurz vor dem Ziel nicht im
Stich lassen.« Ich versuchte mich wieder an den Rückweg zu
erinnern. War ich auf dem Hinweg an diesem komischen Loch
vorbeigekommen? Und diese Gabelung? Links oder rechts?
    »Rechts«,
murmelte Lee.
    »Hey.
Kannst du meine Gedanken lesen, ohne mir in die Augen zu sehen?«,
fragte ich, aber mehr um uns abzulenken, als wirklich überrascht
zu sein. Er war so schwer. Wer hätte gedacht, dass so ein
drahtiger Kerl – auch wenn er ein Meter neunzig maß –
so viel wog wie ein Ochse?
    Plötzlich
kam Leben in Lee. Er hob den Kopf. Seine Augen wurden riesig und sein
Mund öffnete sich. »Er kommt.«
    Ich
erstarrte. Jetzt hörte ich es auch. Oder nein – ich spürte
es mehr. Die Luft um uns wurde noch stickiger und roch noch
unangenehmer. Wie faule Eier. Schwefel! »Was sollen wir tun?«,
fragte ich entsetzt. Ein Lindwurm. Wenn er auch nur annähernd so
bedrohlich war, wie ein T-Rex, wollte ich mit ihm nicht mal auf einem
Kontinent sein. Geschweige denn in einer engen Höhle, die
momentan nur aus einem Fluchttunnel bestand. »Verdammt, Lee,
reiß dich zusammen. Wir müssen rennen.«
    »Lauf,
Fay. Rette dich.«
    »Vergiss
es. Ich lasse dich nicht zurück.« Ich hörte jetzt
deutlich die schlurfenden Tatzen. Entschlossen griff ich Lees Arm und
zog ihn in die entgegengesetzte Richtung.
    Lee
stolperte hinter mir her. Ich mobilisierte sämtliche Kräfte,
die ich besaß, und rannte blindlings los. Wir kamen an Lees
Gefangenenplatz vorbei. Ich zog ihn weiter hinter. Zum ersten Mal war
ich schneller als er. Ich hörte über unseren keuchenden
Atem hinweg, die Schritte der Echse schneller werden. Ein röhrender
Schrei ertönte und verlieh uns weiteren Antrieb. Ich lief
einfach, achtete nicht auf rechts oder links und betete, der Ausgang
möge uns finden. Meine Brust schmerzte, ich hatte Seitenstechen.
Trotzdem rannte ich. Doch natürlich geschah das, was in jedem
schlechten Krimi und Thriller geschieht: Lee stolperte und riss uns
beide zu Boden. Sofort sprang ich wieder auf die Füße,
meine pfeifende Lunge ignorierend. Aber Lee bewegte sich nicht mehr.
    »Lee!
Steh auf!« Er schüttelte den Kopf. Verdammt! Warum konnte
ich die Zeitsprünge noch nicht kontrollieren? Sollten wir das
hier überleben, würde ich Ciaran anflehen mit mir weiter zu
üben.
    »Ich
kann nicht mehr, Fay. Rette dich. Die Anderwelt braucht dich.«
    Lee
konnte nicht mehr sprechen. Seine Worte hatte ich in Gedanken gehört.
Ich funkelte ihn an. »Niemals! Ich lasse dich nicht im Stich.«
    Seine
Mundwinkel zuckten. »Sei nicht so stur.«
    »Dann
komm mit!«
    Er
murmelte etwas Unverständliches und schloss die Augen. Panisch
schüttelte ich ihn, doch er wachte nicht mehr auf.
    In
diesem Moment sah ich dichten Rauch um die Ecke wehen. Der Lindwurm
hatte uns eingeholt.
    Dem
Rauch folgte etwas Rotes. Blitzschnell, so dass ich es kaum sehen
konnte, verschwand es wieder. Dann kam die Schnauze. Spitze,
unregelmäßige Zähne und Krallen in der Größe
einer Sichel. Das Rote schnellte wieder vor und ich erkannte eine
gespaltene Zunge wie die einer Schlange. Das Vieh

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