Die dunkle Prophezeiung des Pan
sagte ich und zerrte erneut an meinen Fesseln.
»Und wenn wir schon dabei sind, auch Stalin und Hitler.
Verdammt, macht die Fesseln etwas lockerer.«
»Nein.«
Ich
konnte meine Fingerspitzen nicht mehr spüren und sie verfärbten
sich bereits bedenklich blau. »Wie ticken eigentlich die Uhren
in dieser Zeit?«, fragte ich, um mich abzulenken.
»Rechts
herum«, kam die dämliche Antwort.
Ehrlich,
Elfen waren doof. Ich atmete tief ein und aus. »Ich meinte,
wenn ich jetzt hier bin, heißt das, in London sind dann morgen
tausend Jahre vergangen?«
»So
ein Quatsch. Wieso sollte es?« FedEx war zumindest nicht ganz
so unhöflich. »Das wurde immer nur in alten Sagen so
weitergegeben. Menschen, die sich hierher verirren kommen überhaupt
nicht mehr zurück.«
»Weshalb
nicht? Ich muss doch nur wieder aus dem Rahmen steigen.«
UPS
lachte gackernd. Das klang unheimlich in dieser Stille. »Du
fällst garantiert aus dem Rahmen. Aber nicht mehr aus diesem.
Menschen, die sich hierher verirren, werden getötet. Altes
Gesetz. Niemand darf das Elfenreich preisgeben. Was glaubst du, warum
der Weg hierher so sorgfältig gehütet wird?«
Mir
wurde mit einem Mal ganz flau im Magen. »Aber ich bin doch eure
Prophezeite! Ihr könnt mich nicht einfach töten.«
»Ich
fand dieses Kapitel aus dem Buch der Prophezeiung schon immer sehr
fragwürdig.« Dann fügte Hermes noch gehässig
hinzu: »Vor allem, nachdem wir gesehen haben, was uns retten
soll«,.
»Und vor was steht auch nicht drin. Nicht unbedingt ein Bestseller«,
stimmte ihm UPS zu.
»Wir
sind da«, erklärte FedEx.
Ich
hob den Kopf. Vor mir lag das kolossale Eingangstor eines Schlosses.
Wir standen auf einer Zugbrücke. Links und rechts war höchstens
ein Meter Platz, ehe es bodenlos in die Tiefe ging. »Aaaaah!«,
schrie ich entsetzt.
Erschrocken
ließ Hermes die Deichsel des Karrens fallen. Mein Kopf knallte
wieder unangenehm auf das Holz. Im selben Moment wurde das Tor
aufgerissen und fünf Bewaffnete stürmten mit gezückten
Schwertern und Speeren heraus. Leider stand unser Karren so dicht vor
dem Tor, dass der erste über die Deichsel stolperte und der
Länge nach auf mich drauf fiel. Der Karren schlitterte ein wenig
nach links.
Ich
schrie wieder entsetzt auf. Sofort wechselte die Szenerie und ich
befand mich in einem Innenhof, umzingelt von bewaffneten Elfen. Ich
atmete erleichtert aus. Zumindest die Gefahr der Tiefe war gebannt.
Ich versuchte ein zaghaftes Lächeln.
»Hallo.
Ich bin Felicity. Kann ich bitte mit Meilyr FitzMor sprechen?«
Die
Elfen wechselten verwirrte Blicke.
»Ja,
sie soll die angebliche Prophezeite sein«, hörte ich
hinter mir die Stimme von Hermes sagen. »Und er heißt nur
Mor ohne Fitz, du Träne.«
Sollte
ich ihn je in die Finger bekommen, konnte er sich auf eine saftige
Ohrfeige gefasst machen.
Die
ersten Elfen grinsten bereits und ließen die Waffen sinken.
»Der
Prinz«, rief jemand laut und deutlich. Sogleich standen sie
alle stramm und richteten den Blick geradeaus.
Der
Prinz war Eamon.
AM HOF DES ELFENKÖNIGS
Genau
wie in London waren seine Haltung und sein Auftreten unnachahmlich.
Ich hatte einmal Prinz William bei einer Premiere gesehen und der
hatte nicht so königlich gewirkt wie Eamon. Trotzdem war ich
froh, ihn zu sehen. Egal wie arrogant er sich in London verhalten
hatte, er war ein bekanntes Gesicht und mir freundlicher gesinnt, als
alle anderen Elfen, denen ich hier bislang begegnet war.
»Eamon.
Gott sei Dank. Meine Finger sind gleich abgest…« Ich
verstummte, als ich sein finsteres Gesicht sah. Es galt nicht den
drei vorlauten Boten. Es galt mir. Was hatte ich verbrochen? Ich war
doch nur auf der Suche nach Lee!
Eamon
las meine Gedanken. Er wandte sich zu einem der Soldaten um und sah
ihn an. Der schnitt mich los.
Weil
der Karren schräg stand und meine Füße genauso eng
gefesselt gewesen waren, wie meine Hände, knickte ich in die
Knie und wäre vollends vornüber gefallen, wenn Eamon mich
nicht aufgefangen hätte.
»Woah,
langsam.« Eamon hielt mich festumfangen und strich mir
beruhigend über meinen Rücken.
Ich
biss die Zähne zusammen und verbarg mein Gesicht an Eamons
Brust. Tat das weh! Langsam begann das Blut wieder in meinen Adern zu
zirkulieren. Wenn ich mit nackten Füßen auf einen Igel
treten würde, konnte das nicht so wehtun wie das hier. Um nicht
zu schreien, biss ich Eamon ins Hemd. Ich konnte mich ja nicht einmal
an ihm festhalten, denn meine Hände waren noch schlimmer
Weitere Kostenlose Bücher