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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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die Hälfte der sieben Krieger, die in seine Richtung liefen, wurden
langsamer. Einer von ihnen erstarrte. Ein Pfeil von Hellas hatte ihn in die
rechte Brustseite getroffen. Er war noch nicht tot, brach aber zusammen und
hustete Blut. Drei Kruhnskrieger hatten die Richtung geändert und liefen auf
eine Seilkonstruktion an der Talkesselwand zu. Sie wollten hinauf, um den
Bogenschützen auszuschalten.
    Rodraeg fiel nur eine
einzige Möglichkeit ein, das sich anbahnende Gemetzel schnell zu unterbinden.
Es mußte ihm gelingen, Deterio als Geisel zu nehmen. Deterio hatte hier die
Fäden in der Hand. Er war der Kopf. Niemand würde es wagen, die Verantwortung
für seinen Tod zu übernehmen. Also setzte sich Rodraeg in Bewegung. Wenn er
Deterio mit dem Tode bedrohen wollte, brauchte er dazu eine Waffe. Der von
Bestar abgewehrte Speer lag herrenlos im Dreck. Rodraeg rannte geduckt darauf
zu und hob ihn auf. Gleichzeitig lief der Kruhnskrieger mit der blutenden Nase
hinter ihm her, wollte ihn nicht verlieren, schrak dann aber zurück, als
Rodraeg mit der Speerspitze vor ihm herumfuchtelte. Rodraeg täuschte ein paar
Stöße an, bis der Söldner außer Reichweite sprang, und lief dann von ihm weg
auf Deterio zu.
    Deterio löste sich von
der Blockhüttenwand und lächelte sein freundliches Geschäftsgesprächlächeln.
    Aus den Augenwinkeln erfaßte
Rodraeg die Situation rings um Bestar. Vom Eingangsbereich der Höhle kamen drei
Kruhnskrieger mit erhobenen Schwertern und Schilden langsam auf den verwundeten
Klippenwälder zu. Die Frau, die er abgeschmettert hatte, hatte sich und ihre
Bewaffnung wieder zusammengerafft und sich zu dem Krieger zurückgezogen, der
die ganze Zeit Alarm schlug. Der hörte jetzt auf mit dem Lärm und kam zusammen
mit der Frau ebenfalls kampfbereit angepirscht. Fünf gegen einen, und Bestar
stellte sich so, daß er Rodraeg vor den Gegnern abschirmen konnte, ganz wie ein
echter Leibwächter. Eine fast unwirkliche Stille erfüllte den Talkessel. Die
gesichtsvermummten Arbeiter – aus der Höhle waren noch weitere hinzugekommen –
standen reglos und starrten. Selbst die beiden schwer verwundeten Söldner
schienen den Atem anzuhalten.
    Deterio lächelte immer
noch, als er Rodraegs halbherzig vorgetragener Speerattacke spielerisch
auswich. »Das ist doch lächerlich. Damit könnt Ihr mich niemals treffen.«
Selbst im Kampf benutzte er noch eine höfliche Anrede.
    Rodraeg wußte
tatsächlich nicht, was er tun sollte. Im Speerkampf war er vollkommen ungeübt.
Auf dem Ritterturnier zu Endailon hatte er sich im Stabkampf versucht, dabei
aber äußerst schmerzhaft auf die Finger bekommen. Er stach dreimal nach
Deterio, um ihn vor sich herzutreiben, aber beim dritten Mal faßte Deterio
einfach zu. Er ergiff den Speer beidhändig kurz hinter der Spitze und zog
daran. Rodraeg, der die Waffe nicht einfach loslassen wollte, machte einen ruckartigen
Schritt nach vorne. Das genügte Deterio. Er sprang hoch und trat Rodraeg mit
enormer Wucht gegen den Oberkörper. Ächzend wollte Rodraeg sich am Speer
festhalten, aber den hielt nun auch nichts mehr. Er fiel schwer auf den Rücken
und sah für ein paar Augenblicke den blauen Himmel alt und rissig werden.
Deterio schob seine Schuhspitze unter den Speer und schleuderte ihn mit dem Fuß
dem nasenblutenden Söldner zu, der ihn grinsend aus der Luft fischte.
    Â»Wartet, bis Ihr wieder
atmen könnt. Dann steht auf und versucht es noch einmal«, sagte Deterio
fürsorglich. Ein gefiederter Pfeil zischte auf ihn zu, aber er wehrte ihn mit
dem Handgelenk ab. »Auf diese Entfernung«, rief er zu dem Schützen hinauf,
»sieht man sie viel zu früh kommen.«
    Der mit den
Augengläsern hatte recht. Hellas’ Position war zwar gut, um den gesamten Kessel
mit Pfeilen einzudecken, aber die Flugbahn der Geschosse war lang genug, um von
jedem aufmerksamen Gegner rechtzeitig bemerkt zu werden. Der Überraschungseffekt
war dahin. Jetzt konnte er eigentlich nur noch versuchen, diesem wahnsinnigen
Migal beizustehen, der sich in diesem Moment tatsächlich in den Nahkampf gegen
sechs Kruhnskrieger warf, und die drei anderen von der Wand zu pflücken, die
sich abstrampelten, um so schnell wie möglich zu ihm hinaufzugelangen.
    Eins. Der erste stürzte
brüllend aus acht Schritt Höhe in die Tiefe.
    Zwei. Treffer in den
Rücken. Der Söldner

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