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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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es
Euch aber nicht sagen, damit Ihr es selbst herausfinden müßt? Das ist doch
Wahnsinn. So könnt Ihr uns doch gar kein vernünftiges Angebot unterbreiten. So
geht ›Tiego‹ vor die Hunde.«
    Deterio hatte recht.
Rodraeg hatte sich im Netz seiner Lügen verfangen wie ein kleiner Fisch. Es war
unmöglich, Wissen auf einem Gebiet vorzutäuschen, von dem man nichts verstand.
Es hatte keinen Sinn mehr. Jetzt konnten sie nur noch versuchen, hier wieder
herauszukommen.
    Rodraeg wollte sich
erheben und etwas Ähnliches sagen wie: »Prüft unsere Angaben nach, wir werden
in Terrek im Gasthof Seesonne auf Euch warten«, aber
er kam gar nicht dazu. Ein fast unmerkliches Nicken von Deterio setzte die
beiden Kruhnskrieger in Bewegung. Offenbar war schon alles vorbereitet. Von
hinten drückten die Söldner Rodraeg und Bestar Lappen aufs Gesicht, die mit
einer stinkenden, brechreizerzeugenden Flüssigkeit getränkt waren.
    Deterios Stimme war
sanft wie ein Schlaflied. »Wir müssen darauf bestehen, daß Ihr unsere Gäste
bleibt. Tut mir sehr leid.«
    Rodraeg hielt die Luft
an, obwohl er keine Gelegenheit gehabt hatte, vorher tief einzuatmen. Der
Lappen brannte in den Augen wie Pfeffer und schmerzte auf der Haut wie ein
Ausschlag. Eines der Abfallerzeugnisse dieser königlichen Bohrmine? Egal.
Rodraeg zog die Beine an und stieß sich mit aller Kraft von der
Schreibtischkante ab. Mitsamt dem Stuhl rammte er den Söldner, der nach hinten
gegen die Wand getrieben wurde und den Zugriff auf Rodraegs Gesicht nicht mehr
aufrechterhalten konnte. Polternd gingen beide zu Boden. Gleichzeitig
schleuderte Bestar den zweiten Söldner über die Schultern nach vorne. Der
Söldner schleifte schreiend mit Füßen und Knien über die Zimmerdecke und
schmetterte dann rücklings auf Tugris Schreibtisch. In einem aufstiebenden
Hagel aus Arbeitspapieren, Malzgetränk und sprühender Tinte erhob sich der
Klippenwälder und zog sein Schwert. Tugri tat überhaupt nichts, ging eher
hinter dem Schreibtisch in Deckung. Deterio jedoch reagierte auf eine Weise,
die Rodraeg nicht für möglich gehalten hätte. Er stützte sich mit den Armen auf
der Schreibtischplatte auf, sprang mit seinem Körper in die Waagerechte und
trat Bestar mit beiden Beinen dermaßen hart vor die Brust, daß der
Klippenwälder rückwärts über seinen Stuhl stürzte und mit ungeheuerem Getöse zu
Boden ging.
    Rodraeg drosch seinen
Hinterkopf ins Gesicht des Söldners, der mit ihm am Boden rangelte, warf sich
herum und rappelte sich so schnell wie möglich auf. Er mußte raus hier, Hellas
und Migal sollten sehen, daß die Sache schiefgelaufen war, damit sie abhauen
konnten, bevor womöglich Verfolger ausschwärmten.
    Mit einem Blick erfaßte
Rodraeg den Raum. Deterio vor ihm, Tugri versteckt, ein Söldner auf dem
Schreibtisch, der zweite griff im Liegen nach Rodraegs Beinen, Bestar auf dem
Boden, vor der Tür der Arbeiter, gebückt, die Arme ausgebreitet, jeden
aufzuhalten, der die Hütte verlassen wollte.
    Durchs Fenster. Eine
schnell errichtete Blockhütte wie diese hatte keine Glasfenster aus Fairai, wie
sie seit etwa einem halben Jahrhundert beim Hausbau verwendet wurden. Das
Fenster war einfach nur ein viereckiges Loch, das mit Fensterläden gegen Wind
und Wetter verschlossen werden konnte, jetzt aber offenstand. Rodraeg täuschte
eine Bewegung in Richtung Deterio an und hechtete dann mit den Armen voraus
durch die Fensteröffnung. Schmerzhaft schlugen seine Schienbeine auf den
unteren Fensterrand, aber er glitt hindurch, rollte sich mehr schlecht als
recht auf dem krustigen Lehmboden ab und versuchte, seine Lage einzuschätzen.
    Drei Krieger Kruhns
kamen mit erhobenen Schilden und Speeren auf ihn zugelaufen. Zwei Frauen und
ein Mann. Ein vierter Kruhnskrieger schlug an einem aufgehängten Eisenstück
dröhnend Alarm, so daß Bewegung in den Menschenstall rechts von Rodraeg kam.
Deutlich konnte Rodraeg die auf die Schilde gemalten Pferdeschädel erkennen,
die Totengebisse gebleckt.
    Er blieb stehen, die
drei wurden langsamer. Noch warfen sie die Speere nicht nach ihm, was
bedeutete, sie hatten möglicherweise Befehl, ihn lebend zu fangen.
    Ihm blieb nur wenig
Spielraum. Er konnte nach links laufen, zu den Arbeitern, die das Schmutzwasser
hievten, und hoffen, mit Hilfe der Seile nach oben zu klettern. Das war aber
sehr langwierig, und

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