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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Sonne wies ihm nichts den Weg aus
der Nacht, und er schlief, bis Cajin zaghaft gegen die Tür klopfte und fragte,
ob alles in Ordnung sei. Es war schon Vormittag.
    Rodraeg fühlte sich
benommen und zerzaust. Er wusch sich hastig und ging in die Küche, wo Naenn und
Cajin an lindgrünem Vorhangstoff herumnähten, den Cajin organisiert hatte.
Lustlos kaute Rodraeg auf einer trockenen Scheibe Brot herum. Noch fehlte es an
allem: einem Tisch, Stühlen, Tellern, Bretter und Besteck.
    Â»Wie hältst du das bloß
aus, ohne Fenster?« fragte Rodraeg heiser.
    Â»Man gewöhnt sich dran.
Außerdem gibt es nachts Anhaltspunkte, wie spät es ist. Um Mitternacht läutet
im Bachmutempel eine Glocke zur Andacht. Gegen drei nach Mitternacht gehen im Leer das! um die Ecke die Lichter aus, und die Betrunkenen
wanken lautstark nach Hause. Zum Sonnenaufgang krähen zwei Hähne, einer im
Schloßpark und einer nördlich der Stadt auf einem kleinen Bauernhof. Den kann
man nur hören, wenn das Wetter gut wird.«
    Rodraeg knurrte etwas,
was niemand verstand. Naenn wagte den Vorstoß: »Noch ist es nicht zu spät für
dich, eines der Zimmer mit Südfenster zu nehmen.«
    Rodraeg gähnte. »Eine
Nacht noch. Wenn ich dann merke, daß es nicht geht, gebe ich euch beiden
recht.«
    Cajin zwinkerte Naenn
zu. »Wie sieht denn unser Tagesplan für heute aus?«
    Â»Wir kaufen das
Notwendigste. Aber ich will nicht zuviel Zeit mit dem Haus vertrödeln. Falls
mit der Geldlieferung gleich ein Auftrag eintrifft, müssen wir handlungsfähig
sein. Ich werde deshalb heute anfangen, Gruppenmitglieder zu suchen.«
    Â»Wie willst du
vorgehen?« fragte Naenn.
    Â»Am Rathaus gibt es ein
Schwarzes Brett, wo man – wahrscheinlich gegen eine Gebühr – einen Aushang
machen kann. Wenn jemand neu in die Stadt kommt und eine Aufgabe sucht, schaut
er als erstes dort nach. Das scheint mir ein vielversprechender Ansatz zu sein.«
    Â»Aber nur, um
Abenteurer und Schwertkämpfer anzusprechen«, gab Naenn zu bedenken.
    Â»Ja. Genau die suche
ich.«
    Â»Ist das dein Ernst?
Wir wollen doch keine … marodierende Horde gründen, sondern eine
verantwortungsvolle Gruppe zum Schutz des Kontinents.«
    Rodraeg rieb sich Hals
und Nacken und verzog schmerzhaft das Gesicht. »Eins steht doch wohl fest: Ohne
gute Kämpfer kommen wir nicht weit. Das hat der Zwischenfall mit den drei
Halunken uns deutlich aufgezeigt. Wenn ich einen Schwertkämpfer oder einen Abenteurer
anheuere und bezahle, so bin ich der Auftraggeber, und er wird sich mir
gegenüber anständig verhalten, weil er auch später noch Aufträge bekommen
möchte. So einfach ist das.«
    Â»Was für Abenteurer
hast du im Sinn?« fragte Cajin.
    Rodraeg überlegte kurz.
»Ein Schwertkämpfer, ein Bogenschütze und ein Spezialist für Klettereien,
Schleichen und Türschlösser knacken wären perfekt.«
    Â»Letzteren nennt man,
glaube ich, ›Dieb‹«, stellte Naenn wenig begeistert fest.
    Â»Ja, so nennt man das
wohl. Ein Krieger. Ein Schütze. Ein Dieb. Ein Schreiber als Anführer. Die vier
Beine des Mammuts.«
    Â»Was bin ich dann, wenn
ihr die Beine seid?« fragte Cajin.
    Â»Der Rüssel natürlich.
Ohne dich finden wir uns nicht zurecht und verhungern.«
    Â»Und Naenn?«
    Â»Naenn ist alles
andere. Alles, was wir Beine tragen. Das junge Mammut an sich.«
    Als möglichst
unverfänglichen Treffpunkt mit den Leuten, die auf seinen Anschlag reagierten,
wählte Rodraeg den Ehernen Habicht aus. Die Alte Kutsche war zwar preisgünstiger, lag aber ganz im
Süden Warchaims, während der Habicht genau in der
Mitte sein Nest hatte, mit Blick auf die alte Tempelruine. Dieser Ort gefiel
Rodraeg. Vielleicht würde er ihm helfen, die guten Bewerber von den schlechten
zu scheiden.
    Der Habicht wurde von einem noch recht jungen Ehepaar bewirtschaftet, das auffallend
zärtlich miteinander umging. Rodraeg mußte schmunzeln, als er sich an das
Pärchen erinnerte, das sie gestern am Alten Tempel schmusen gesehen hatten.
Dieser Ort wärmte tatsächlich die Herzen. Auch war es kein Problem, einen Tisch
zu reservieren. Rodraeg bestellte für den nächsten Abend – er wollte dem
Anschlag mehr als vierundzwanzig Stunden Zeit geben, Wirkung zu entfalten – und
für höchstens sechs Personen, das war optimistisch genug.
    Anschließend

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