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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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machte er
sich auf den Weg zum Rathaus. Das Schwarze Brett war mit einem Glasdeckel gegen
Wind, Regen und Übergriffe geschützt, deshalb kostete das Anbringen eines
Textes auch einen ganzen Taler pro Tag, aber das war es allemal wert. Rodraeg
bezahlte beide Taler im voraus, übermorgen konnte der Text ruhig entfernt
werden. Man verwies ihn an einen Schönschriftschreiber, der nach seinen Angaben
mit einer großen weißen Feder einen Text auf hellgrünes Büttenpapier setzte.
    Â 
    Feuer
und Erde und Wasser und Luft brauchen
    unsere
Hilfe.
    Mitstreiter
gesucht!
    Treffpunkt:
am Alten Tempel
    am
6. des Regenmonds,  wenn die Dunkelheit
kommt
    gez.:
Das Mammut
    Der Kalligraph stellte
keine Fragen und zeigte keine Neugier. Er war es gewohnt, kryptischere Botschaften
als diese zu verfassen. Rodraeg überwachte noch, wie das Papier zwischen
anderen Auftragsgesuchen, Mitteilungen und einem Steckbrief für einen Mörder
namens Skandor Rigan seinen Platz am Schwarzen Brett fand.
    Der Rest des Tages
verging damit, mehr Geld auszugeben, als eigentlich da war, und die neuen
Nachbarn kennenzulernen.
    Als erstes wandte
Rodraeg sich an den Krämer Hallick. Da dieser sich bereits mit Cajin
herumgezankt hatte, schien es am ratsamsten, hier möglichst rasch die Wogen zu
glätten. Hallick war zwar tatsächlich ein wenig barsch und knurrig, aber als
Rodraeg sich im bis unter die Decke vollgestapelten Laden umsah und eröffnete,
daß er sich gut vorstellen könnte, die meisten Möbelstücke für das Haus genau
hier zu kaufen, rieb sich der Krämer die Hände und seine rauhe Stimme wurde
ganz weich und schmeichelnd. Mehrere Lampen, stämmige Kerzen, sieben Stühle und
ein rustikaler Schreibtisch mit zahlreichen Schubladen wechselten den Besitzer.
    Da Cajin immer wieder
versicherte, daß »heute, spätestens morgen« mit der Geldlieferung vom Kreis zu
rechnen sei, beschloß Rodraeg, sein überschaubares Privatvermögen
vorzustrecken, und schickte Naenn zu Bep Immergrün, um Tassen, Teller und
Eßbestecke für sechs Personen einzukaufen. Inzwischen trugen Rodraeg und Cajin
den Schreibtisch in das hintere Erdgeschoßzimmer, das Rodraegs Büro werden
sollte. Ein Stuhl davor, zwei Lampen darauf, und schon enstand ein wenig
Kuellener Schreibstubenatmosphäre. Rodraeg hängte die beiden Karten an die
Wand, so daß er sie vom Arbeitsplatz aus sehen konnte. Der Kontinent und
Warchaim. Als erster Gegenstand wurde Reyrens Quellenkiesel in die oberste
Schreibtischschublade gelegt, Glücksbringer und Symbol für einen Anfang.
    Die sieben Stühle kamen
erstmal in den großen Raum. Rodraeg schwebte ein sehr großer Versammlungs- und
Eßtisch vor, so einen hatte Hallick nicht vorrätig gehabt. Cajin hatte jedoch
durch seine vielfältigen Nebentätigkeiten einen Tischlermeister kennengelernt,
und zu diesem führte sie ihr nächster gemeinsamer Weg. Der Tischler hatte einen
prächtigen Tisch vorrätig, aus dunklem, massiv wirkenden Nadelholz. Sie
vereinbarten, das gute Stück morgen abzuholen. Zuerst ging es noch zum Markt,
zu Eras Dier und seinen Teppichen, wo Rodraeg nach überschwenglichem Begrüßen
und zähem Gefeilsche einen großen und zwei kleine Teppiche erstand. Rodraeg und
Cajin hatten ihre liebe Not, den großen Teppich durch Warchaim zu schleppen,
und freuten sich überhaupt nicht auf den morgigen Transport des Tisches.
    Am Abend ging Cajin
noch einmal leicht schwankend zur Postreiterstelle und fragte nach, ob etwas
für ihn eingetroffen sei, aber die Postverwalter verneinten und sagten, sie
würden einen Laufboten vorbeischicken, wenn die Lieferung einträfe.
    Dieser Laufbote klopfte
früh am nächsten Morgen. Cajin wollte sofort losrennen, doch Naenn, die das
Klopfen des Boten mitbekommen hatte, bestand darauf, daß sie zu zweit gingen.
»Man kann in einer Stadt nie wissen – er hat viel Geld dabei.«
    Als Rodraeg benommen zu
sich kam und nach unten zum Waschzuber schlurfte, zählten und stapelten Naenn
und Cajin in der Küche das Geld: 350 Taler. Damit konnten sie einiges anfangen.
    Â»Brief mit Auftrag
dabei?« fragte Rodraeg.
    Â»Nichts. Reine
Geldsendung«, antwortete Cajin ebenso knapp.
    Â»Auch gut. Dann holen
wir heute den Tisch ab und bringen die Betten auf Gasthausstandard.«
    Naenn kümmerte sich um
das Aussuchen der Bettwäsche. Um gute Nachbarschaft zu pflegen, wurde sie

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