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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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so
Informationen erhalten. Stell dir vor, eines Tages kommt jemand zu uns und erzählt
uns von Vorgängen, von denen selbst der Kreis noch nichts gehört hat. Wir
können das dann weiterleiten und von Leribin prüfen lassen. Wir können
nützlicher sein, als einfach nur die Drecksarbeit zu machen, wenn wir unsere
Position in Warchaim nutzen, um das gesamte Wissen der Stadt anzuzapfen.«
    Â»Du bist wie
verwandelt«, stellte Naenn nüchtern fest. »In Kuellen warst du unsicher und
zögerlich. Auch in Aldava noch.«
    Â»Ja, jetzt ist es
endlich, endlich losgegangen. Wir sind mittendrin. Die lange Reiserei hat
meinen Schädel ausgelüftet, Ryot Melron hat mir den Rost aus den Ohren
gehämmert, und Leribin, Baladesar und die unstete Frau mit den Zauberfingern
haben das Ihrige dazu beigetragen, mich wachzurütteln. Cajin steckt mich an mit
seiner Tatkraft und seiner guten Laune. Naenn – wir werden erfolgreicher sein,
als der Kreis sich das träumen läßt! Ich kann es kaum erwarten, den ersten
Auftrag zu bekommen.«
    Bester Laune eilten
Rodraeg und Cajin den Warchaimer Stuben entgegen.
Naenn fiel ein wenig zurück, sie blieb ernst und wachsam.
    Rodraegs Hochstimmung
wurde erst wieder gedämpft, als ihm nach dem Essen die Rechnung präsentiert
wurde. Die gesamte zehntägige Reise von Aldava nach Warchaim mit all ihren
Verproviantierungen und Übernachtungen in Schuppen und Scheunen war weniger
kostspielig gewesen als einmal Essen zu dritt in den Warchaimer
Stuben . Dafür war das Essen aber tatsächlich vorzüglich. Rodraeg und Cajin
genossen Vorsuppe, Braten und eine süße Nachspeise, Naenn bekam einen
ausladenden Salatteller mit Nüssen und gehobeltem Hartkäse. Dazu ein Glas
trockenen Rotwein für Rodraeg, ein mit Malz versetztes Bier für Cajin und ein
Kännchen Fruchtmarkwasser für Naenn.
    Anschließend gingen sie
zur Königlichen Postreiterstelle zurück, wo Cajin die Nachricht an Eria in
Auftrag gab, daß die Warchaimer Adresse nun unter ›Das Haus des Mammuts‹
eingetragen sei. Anschließend setzten sie ihren Stadtrundgang fort.
    Cajin führte sie zum
Tempelbezirk, der ähnlich wie der Schloßpark von einer Mauer umgeben war. Es
gab jedoch zwei Tore, eins im Norden, eins im Süden, die ständig geöffnet und
auch nicht bewacht waren. Die Mauer diente also eher der Konzentration als der
Abgrenzung. Hinter dem Nordtor führte eine gepflegte Allee in den
Tempelbereich. Rodraeg zählte mehr als zehn Gebäude sowie Gesindehäuser für
diejenigen, die nicht nur für einen bestimmten Tempel, sondern das ganze
Gelände zuständig waren; des weiteren Stallungen, ein Gästehaus, eine
Lagerscheune und ein neutrales Bethaus für Besucher, die nicht dem
Zehngötterglauben anhingen. Die Tempel waren allesamt kleiner und nicht so
protzig wie die Haupttempel in Aldava, machten aber in ihrer Vielfalt und
Farbigkeit dennoch Eindruck auf Rodraeg und Naenn. Der Tempel des Delphior war
tiefblau mit bunten Muschel- und Fischornamenten, Afr dagegen wild lodernd rot,
Tinsalt hellblau mit Hunderten unterschiedlicher aufgemalter Vögel, Kjeer
erdbraun und moosgrün, umgeben von wuchtigen Findlingen; Lun wirkte hell und
sonnengebleicht, Senchak dagegen düster und blutbesudelt, Hunderte von in den
Boden gerammten Klingenwaffen säumten den Weg zum Eingang; Arisp zeigte
sprießendes Grün mit umlaufenden Blütenverzierungen und Bepflanzungen, Hendelor
war schneeweiß, fast blendend, Bachmu golden und würdevoll und Helele bleich
und fragil wie Spinnweben, durchwirkt mit zauberischem Silbergarn. Zwischen den
Tempeln konnte man Angehörige der jeweiligen Priesterschaften umherwandeln
sehen, Delphiorpriester in ihren wallenden, dunkelblauen Umhängen,
Senchakkrieger in ihren zeremoniellen Harnischen und Rüstungen, und ein paar
junge Bachmu-Akolythen mit gelbfarbenen Roben und goldenen Helmen auf den
Köpfen.
    Â»Hier leben Wahrheit
und Wissen«, sagte Naenn voller Ehrfurcht. »Vielleicht zersplittert in zu viele
Farben und Uniformierungen, aber nimmt man dies alles zusammen, zeigt sich das
Antlitz der Welt.«
    Â»Es ist merkwürdig
hier«, meinte Rodraeg. »Wie eine Stadt innerhalb der Stadt, nur nicht ganz von
dieser Welt.«
    Â»Wir dürfen nicht
vergessen, daß dieser Ort eine Ausnahme ist. Eine Oase in der Wüste des
Kontinents.« Naenns Stimme klang beinahe

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