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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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unseren Reisen ja noch
weitere Bücher auftreiben, dann machen wir hier Lesestunden für Bestar und
Migal.«
    Â»Gewagte Idee. Mensch,
kommt bloß alle heil zurück, Rodraeg.«
    Â»Das werden wir.«
    Der eigentliche
Abschied fand draußen vorm Haus statt, unter einem düsteren Himmel, dessen
Wolken so bewegt und niedrig waren, daß man den Eindruck hatte, sie beinahe
berühren zu können.
    Als Rodraeg und Naenn
sich gegenüberstanden, tobte zwischen ihnen ein ganzer Sturm aus Worten und
Gedanken, die nie geäußert wurden. Auch Rodraeg kamen Dinge in den Sinn, die er
den ganzen Tag über verdrängt hatte.
    Was, wenn dies ein
Abschied für immer war? Wenn der erste Auftrag des Mammuts gleichzeitig sein
letzter werden würde? Immerhin zogen sie los, um eine Fabrikation zu zerstören,
also sich mit all den Leuten anzulegen, die in Terrek Bodenschätze schürften,
also Gesetze zu brechen, also Gewalt anzuwenden, also Gegengewalt zu
provozieren, also doch letzten Endes die Königin und ihre Garde
herauszufordern, schon jetzt. Was, wenn nicht alle von ihnen zurückkamen? Wenn
Rodraeg nicht zurückkam? Wenn die Gruppe unterwegs auseinanderbrach? War nicht
auch das Mammut in ihrem miteinander geteilten Traum nur ein Kind gewesen und
dennoch schon zum Untergang verdammt?
    Naenn und Rodraeg
standen sich gegenüber. Ihr war immer noch anzumerken, daß die Enttäuschung
über ihr Hierbleiben in ihr wütete. Trotzdem ging die erste Bewegung von ihr
aus, und plötzlich umarmten sie sich und hielten sich fest, wie sie es noch nie
zuvor getan hatten.
    Was Rodraeg am meisten
erstaunte, war, daß er ihr mit dieser Geste Zuversicht und Halt vermitteln
wollte, er aber feststellen mußte, daß fast alle Energie von ihr ausging. Sie
war tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt des Mammuts! Er vermißte sie schon jetzt,
bereute bereits hier seinen Entschluß, auf sie zu verzichten – aber er begriff
in diesem Moment auch, daß er in den kommenden Tagen und Wochen der Gefahr und
der Unberechenbarkeit Kraft ziehen würde aus dem Gedanken, daß immerhin Naenn
sich in Sicherheit befand.
    Er spürte ihren Leib
und ihre Seele, und dann endete es wie ein Echo, das langsam verhallte. Er
drückte auch Cajin an sich, sah die anderen winken, sah die annähernd heitere
Entschlossenheit in den Gesichtern von Migal und Bestar, sah das bleiche,
verschlossene Antlitz von Hellas Borgondi. Sie wandten sich ab und gingen
davon. Der Brief blieb im Haus zurück. Rodraeg hatte ihn dreimal gelesen und
auswendig gelernt, er wollte kein verräterisches Schriftstück mit sich
herumtragen.
    Sie gingen davon unter
den Wolken, die tief durch den Himmel tauchten, und Rodraeg hielt in seinem
Inneren eine Umarmung und ein Mädchen fest, die beide genauso unhaltbar waren
wie ein Traum.

10

Regenmond
    Sie verließen Warchaim
auf der Straße nach Chlayst und querten den Larnus auf einer schmalen, für
Handelskarren ungeeigneten Hängebrücke, die den Fluß eine Stunde östlich der
Stadt überspannte. Es dunkelte früh, auch war der Mond von Wolken verhüllt,
aber da sie dem Fluß folgten und sich so nicht verirren konnten, gingen sie
weiter bis fast gegen Mitternacht. Dann schlugen sie in Ufernähe ihr Lager auf.
    Rodraeg hielt es für
angeraten, daß sie während eines Einsatzes Wache hielten, also teilte er jedem
eine Wachschicht von etwa zwei Stunden zu, so daß die Nachtruhe insgesamt acht
Stunden dauern würde und jeder sechs Stunden Schlaf abbekam.
    Er selbst übernahm die
unangenehmste der vier Schichten, die dritte, Bestar die erste, Migal die
zweite und Hellas die vierte.
    Hellas war es dann also
auch, der sie alle in der achten Stunde ihres ersten vollständigen Reisetages
weckte. Sie nahmen ein karges Frühstück ein und wanderten unverzüglich los.
    So ging es zwei Tage
lang gut. Sie kamen zügig voran und das Wetter blieb windig, aber trocken.
Rodraeg ließ sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit von Bestar und Migal
weiter in das Handwerk des Schwertführens einweihen.
    Am dritten Tag fing es
an zu regnen, erst spärlich, dann immer beharrlicher, und die beiden
Klippenwälder plädierten dafür, in einer Schenke einzukehren, auf die ein
wackliges Schild am Straßenrand hinwies. Feuerstuebchen:
Mahlzeythen und Zimmer .
    Rodraeg verwies darauf,
daß sie genügend Proviant besäßen und zu wenig

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