Die dunkle Schwester
– hüte sie gut, diese Seiten, denn was du in Händen hältst, könnte sich noch als unsere Rettung erweisen.«
Tania steckte die Seiten wieder in ihre Tasche, und plötzlich sagte Eden: »Cordelia und die Königin sind ganz in unserer Nähe.« Sie zeigte nach rechts. »Dort entlang, nur ein kleines Stück von hier entfernt, und sie haben Wasser gefunden.«
Kurz darauf erreichten sie eine kleine Erhebung, und sie durchquerten im Gänsemarsch ein enges Tal, wenig breiter als ein Graben, das mit raschelndem welkem Farnkraut bewachsen war. Je weiter sie voranschritten, desto stärker veränderte sich der Wald, so als habe sich der todesstarre Winter innerhalb weniger Schritte in einen strahlenden Sommer verwandelt. Eben noch war alles welk und braun, dann, einen Schritt weiter, färbte sich das Laub herbstlich gelb, und auf einmal blühte und grünte alles ringsumher.
»Wir verlassen jetzt den Machtbereich des Hexenkönigs«, sagte Eden zu Tania. »Siehst du, Schwester? Seine Kräfte sind nicht unbeschränkt. Er kann nicht alles zerstören.«
Das Tal mündete in eine weitere Senke und bald hörten sie Wasser über Steine plätschern. Unter ihnen, in einer geschützten Mulde mit saftig grünem Gras und Fingerfarn, saßen Cordelia und Titania auf einem Felsen, unter dem ein Bach dahinfloss. Die beiden sprangen auf, als sie Tania und die anderen kommen hörten, und ihre Augen strahlten vor Freude und Erleichterung.
»Mutter!«, stieß Eden mit erstickter Stimme hervor und schlitterte in die Mulde hinunter, um die Königin zu umarmen, die sie fünfhundert Jahre lang so schmerzlich vermisst und betrauert hatte.
»Mein geliebtes Kind!« Weinend vor Glück schloss Titania ihre älteste Tochter in die Arme.
Unterdessen half Cordelia den anderen, Sancha den Hang hinunterzubringen. »Oh nei n – ihre armen Hände!«, rief die Elfenkönigin entsetzt, als sie die roten Brandwunden sah. »Was ist geschehen?«
»Die Grauen Ritter haben die Bibliothek angezündet«, erklärte Tania, während sie Sancha behutsam an einen großen Stein lehnten. »Und Gabriel Drake ist hier. Wenn ihr wüsstet, wie es im Palast aussieht! Es sind noch Gefangene dort.« Mit bebender Stimme fügte sie hinzu: »Sie werden gefoltert.«
Cordelias Augen blitzten vor Zorn und ihre Hand griff unwillkürlich nach dem Schwert.
»Sie wissen, dass wir im Elfenreich sind«, sagte Edric. »Der Hexenkönig hat alle seine Ritter ausgesandt, um uns zu jagen.«
»Er soll nur kommen!«, zischte Cordelia. »Wir werden ihm einen würdigen Empfang bereiten!«
Da endlich öffnete Sancha den Mund. »Ach, Schwester, es sind Hunderte«, stöhnte sie schwach. »Und wir nur sieben. Es wäre unser sicherer Tod, gegen sie in die Schlacht zu ziehen.« Verzweifelt blickte sie zu ihnen auf. »Wir müssen fliehen.«
»Fliehen? Wohin?«, rief Cordelia. »Gibt es denn einen Ort, wo wir vor diesem Ungeheuer in Sicherheit sind? Die Felsklippen von Leiderdale im äußersten Westen? Oder die Wildnis von Fidach Ren im Norden? Wäre das weit genug, deiner Meinung nach?«
»Beruhige dich, Cordelia«, sagte Eden sanft. »Wir müssen vorsichtig sein, auch wenn uns das Herz blutet und wir am liebsten mit dem Schwert dreinschlagen würden. Du kennst diesen Wald besser als wir alle. Gibt es ein Versteck, in dem wir die Nacht verbringen können?«
»Die Gaidheal-Burg liegt nur ein paar Meilen von hier am nördlichen Rand«, sagte Zara. »Dort wird man uns gewiss gastlich aufnehmen, wenn Lord und Lady Gaidheal noch nicht geflohen sind.«
Tania biss sich auf die Lippen. »Ich glaube nicht, dass sie da sind«, sagte sie leise. »Ich fürchte, sie waren im Palast, al s … als Rathina den Hexenkönig befreit hat.«
»Die Gaidheal-Burg ist ohnehin kein sicherer Ort«, sagte Titania. »Wir müssen ein Versteck finden, auf das die Grauen Ritter niemals kommen würden.«
»Pst!«, zischte Edric plötzlich. Er stand stocksteif am Rand der Grasmulde, die Hände warnend erhoben.
»Was ist denn?«, fragte Zara.
»Hunde«, erwiderte Edric knapp.
Tania hielt den Atem an und lauschte. Fernes Bellen drang durch die Bäume und jagte ihr kalte Schauer über den Rücken.
»Die Morrigan-Hunde sind uns auf der Spur«, murmelte Eden. »Das schränkt unsere Fluchtmöglichkeiten ein.«
»Ich weiß, wo wir Schutz finden werden«, meldete sich Cordelia zu Wort. »Nicht weit von hier steht ein altes Jagdhaus, in dem lange Jahre ein Wildhüter lebte. Er heißt Rafe Hawthorne und ist ein guter, treuer Mann.
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