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Die dunkle Schwester

Die dunkle Schwester

Titel: Die dunkle Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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entgegenwirkten. Aber Tania war müde, unendlich müde, denn sie hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Einmal stolperte sie, und ihre Beine sackten unter ihr weg, aber Edric fing sie auf.
    »Geht es noch?«, fragte er leise.
    Tania schmiegte sich an ihn, ihr Gesicht an seiner Schulter vergraben, und so blieben sie eine Weile. »Ich schaff das schon«, sagte sie schließlich und küsste ihn. Mit einem traurigen Lächeln löste sie sich aus der Umarmung. »Was bleibt mir auch anderes übrig?«
    »Soll ich dich tragen?«
    Tania tippte ihm zärtlich auf die Brust. »Du siehst genauso müde aus wie ich«, meinte sie. »Vielleicht sollte ich lieber dich tragen?«
    Dann rief Cordelia ihnen von weiter oben zu: »Freut euch, ihr Lieben! Wir sind am Ende der Reise. Da oben seht ihr schon das Jagdhaus.«
    Sie traten auf eine breite, von Kastanienbäumen gesäumte Lichtung. Der Himmel über ihnen war wolkenlos: ein tiefes Blau im Osten, rötlich violett schimmernd im Westen. Die Mondsichel stand hoch oben im Zenit, und ein paar Sterne traten bereits hervor, obwohl die Sonne noch nicht ganz hinter dem Horizont verschwunden war.
    Am anderen Ende der Lichtung ragte ein großes Fachwerkhaus auf, zweistöckig, mit zahlreichen Fenstern. Warmes gelbes Licht fiel durch die Glasscheiben, und plötzlich, noch während sie am Rand der Lichtung standen, ging die Tür auf, und ein untersetzter Mann trat heraus, eine Laterne in der Hand.
    »He da, Freunde!«, rief er mit einer tiefen, herzlichen Stimme. »Kein müder Reisender wird von meiner Schwelle verjagt, auch wenn ich schon zahlreiche irrende Seelen bei mir beherberge. Aber seid unbesorgt, auch für Euch werden wir noch Raum in meine r …« Als er näher kam, verstummte er plötzlich, ungläubiges Staunen zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Dann stolperte er vorwärts und fiel vor Titania auf die Knie.
    »Euer Hoheit!«, stieß er hervor. »Ihr seid zurück aus dem Schattenreich. Und just in dem Moment, da wir Euch am dringendsten brauchen!« Mit Tränen in den Augen blickte er zur Königin auf. »Rettet uns, gnädige Herrscherin. Um des lieben Himmels willen, rettet uns!«
    Titania beugte sich hinunter und richtete den Mann wieder auf. »Gebe der Himmel, dass ich die Kraft dazu finde«, erwiderte sie. »Doch nun sind wir erschöpft und hungrig und eine meiner Töchter ist verletzt. Führt uns in Euer Haus, Master Hawthorne, geschwind! Das Gesindel von Lyonesse ist uns auf den Fersen.«
    Der Mann blickte sie erschrocken an und spähte in den Wald hinein. »Nur über meine Leiche wird dieser Abschaum meine Schwelle überschreiten«, stieß er hervor, aber seine Stimme bebte dabei.
    »Tapfer gesprochen, guter Mann«, sagte Eden. »Aber seid unbesorgt, sie werden uns hier nicht finden. Und jetzt geht alle ins Haus; ich folge euch später nach.«
    Während sie sich näherten, tauchten überall an den Fenstern Gesichter auf. In der Tür stand eine dicke Frau und strahlte sie schon von Weitem an. Tania erkannte sie sofor t – Mistress Mirrlees, die Näherin, die das Kleid angefertigt hatte, das Tania bei ihrem Willkommensball getragen hatte. Aber Mistress Mirrlees sah schrecklich au s – ihr blaues Kleid zerfetzt und schmutzig, ihr Haar wirr und zerzaust, und sie hatte tiefe Schatten unter den Augen.
    »Nie hätte ich geglaubt, dass mir in diesen schlimmen Zeiten noch einmal ein solches Glück widerfahren könnte«, rief die Näherin und stürzte zu ihnen. »Euer Hohei t – meine geliebten Prinzessinnen!«
    Zara schlang ihre Arme um den Hals der kleinen Elfe. »Ich habe die ganze Zeit gebetet, dass Euch nichts Böses zustoßen möge.«
    »Nein, nein, Mylad y – mir ist nichts geschehen, aber vielen anderen«, seufzte Mistress Mirrlees und tätschelte Zaras Schultern. »So vielen andere n …«
    Jetzt tauchten immer mehr Leute vor dem Haus auf: Heimatlose, die aus dem Palast geflüchtet waren und hier Unterschlupf gefunden hatten. Tania war froh, dass zumindest ein Teil des Elfenvolks lebend entkommen war. Sie erkannte viele Gesichter. Die meisten waren Dienstboten, Lakaien, auch Frauen aus Mistress Mirrlees Nähstube, ein paar Stallburschen, viele Küchenhelfer. Eine junge Magd war auch darunter, ein hübsches, scheues Elfenmädchen, das Tania einmal in Oberons Frühstückszimmer geführt hatte. Alle drängten sich um die Königin, knicksten vor ihr oder verneigten sich, und die verhärmten Gesichter lebten wieder ein wenig auf. Titania nahm die Hände der Leute, redete mit

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