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Die dunkle Schwester

Die dunkle Schwester

Titel: Die dunkle Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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hatte, führte sie jetzt zu Drake. Dicke schwarze Vorhänge verbargen einen Torbogen, direkt vor ihr. Wenn sie hindurchtrat, würde sie Gabriel finden, das wusste sie.
    Rasch zwängte sie sich zwischen den Vorhängen hindurch und gelangte auf einen hohen Balkon über einem weiten luftigen Saal, der ganz aus schwarzem Stein bestand. Fackeln hingen an den Wänden und tauchten alles in flackerndes Licht. Tania hielt sich im Dunkeln und spähte vorsichtig über die Balustrade. Jetzt sah sie, dass die Wände des Saals mit blitzenden schwarzen Obsidianplatten in unterschiedlichen Winkeln ausgelegt waren. Diese Platten spiegelten sich endlos ineinander, sodass der Eindruck entstand, als dehnten sich unzählige kleine Raumfragmente mit Tausenden brennender Fackeln in alle Himmelsrichtungen aus.
    Zwei Männer befanden sich in der Halle. Der eine saß auf einem wuchtigen Thron, der andere kniete vor ihm. Der Mann auf dem Thron war in einen dicken schwarzen Pelzmantel gehüllt. Er hatte strenge Züge, dünne graue Haare und tief liegende Augen. Das konnte nur Herzog Aldritch sein. Der andere Mann war Gabriel Drake. Tania lauschte auf ihre Stimmen, die klar und deutlich zu ihr heraufdrangen.
    »Meine Freude über deine Rückkehr aus Ynis Maw hält sich in Grenzen, mein Sohn, da ich die Mittel, durch die sie zuwege gebracht wurde, nicht gutheißen kann.« Die Stimme des Herzogs war leise und befehlsgewohnt. »Das Herzogtum Weir verbündet sich nicht mit Lyonesse«, fuhr er fort. »Das wäre eine Schändlichkeit, die unsere Stammburg in ihren Grundfesten erbeben ließe. Unsere Ahnen drehen sich gewiss im Grabe um.«
    »Aber ich habe mich nicht mit Lyonesse verbündet«, wandte Gabriel mit schmeichelnder Stimme ein. »Hört mich doch an, Mylord! Oberon wurde vom Hexenkönig gefangen gesetzt, und das Haus Aurealis ist für immer zerstört. Der Hexenkönig sitzt jetzt auf dem Thron des Elfenreichs und alle anderen sind geflohen. Eine Armada ist auf dem Weg von Lyonesse hierher und wird binnen weniger Tage landen. Dann werden die Streitkräfte des Hexenkönigs über das Elfenreich hinwegfegen und alles vernichten, was auf ihrem Weg liegt.« Gabriel hob den Kopf und blickte seinem Vater in die Augen. »Sie werden alle auslöschen, die Oberon noch die Treue halten. Ich verlange nicht, dass Weir sich mit Lyonesse verbündet, doch muss ich in den Süden zurückkehren mit Eurem Gelöbnis, dass Ihr den Hexenkönig zumindest nicht angreifen werdet.« Er legte seine Hand auf die Knie des alten Herzogs. »Ich möchte nur unser Haus retten, Vater. Der Hexenkönig wird das Elfenreich erobern, das ist nicht zu verhindern.«
    »Du bringst mir schlimme Kunde, mein Sohn«, wetterte der Herzog. »Deine Worte überzeugen mich nicht. Das Haus Weir hat immer Seite an Seite mit Aurealis und den anderen großen Geschlechtern des Elfenreichs gestanden, in den langen Kriegen gegen Lyonesse. Und doch verlangst du von mir, dass ich vor dem Hexenmeister in die Knie gehen und nicht einmal versuchen soll, seine Armeen aufzuhalten?«
    »Tretet ihm jetzt nicht offen entgegen, Vater«, warnte Gabriel und erhob sich. »Die Zeit wird kommen, da Ihr Mittel und Wege findet, ihn zu besiegen. Doch wer sich ihm jetzt widersetzt, geht unter. Seine Feinde fliehen vor ihm, und die Jagd auf die königliche Familie ist eröffnet, auch wenn die Königin und ihre Töchter sich noch verstecken. Jetzt, in diesem Augenblick, greifen die Truppen von Lyonesse Caer Kymry an, und es wird bald fallen.«
    Tania lächelte grimmi g – wenn Gabriel wüsste!
    »Prinzessin Rathina hat ihre Familie verlassen und sitzt neben dem Hexenkönig auf dem Thron des Elfenpalasts«, fuhr Gabriel fort. »Titania und die anderen Prinzessinnen sind auf der Flucht und werden bald gefasst werden. Ich erhielt die Erlaubnis, hierherzukommen und Euch vom Widerstand abzuraten. Der Hexenkönig gibt uns sein Wort, dass Weir unbehelligt bleibt, wenn Ihr ihn nicht angreift.«
    Der alte Herzog runzelte die Stirn. »Prinzessin Rathina hat das Königshaus verraten, sagst du?«
    »Ja, wahrhaftig, das hat sie.«
    »Dann kann die Macht der Sieben nie mehr angerufen werden«, murmelte der Herzog und nickte, das Gesicht in tiefe Falten gelegt. »Wenn diese mächtige Waffe gegen die Feinde des Elfenreichs verloren ist, so magst du dem Zauberer meinen feierlichen Schwur überbringen, dass Weir nicht gegen ihn ins Feld ziehen wird.«
    Tania wusste nicht, was Herzog Aldritch mit der »Macht der Sieben« meinte, aber es war

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