Die dunkle Schwester
kennt diese Gegend gut«, bemerkte Cordelia.
»Um die Wahrheit zu sage n – nein«, gestand Edric. »Die Gegend nördlich der beiden Erls ist mir vertrauter. Die Hügellandschaft hier kenne ich nicht so gut. Als Kinder wurden wir immer gewarnt, dorthin zu gehen.«
»Und warum?«, fragte Tania.
»Weil hier die wilden Einhörner von Caer Liel hausen, nicht wahr, Master Chanticleer?«, warf Cordelia ein. »Ich habe überall ihre Spuren entdeckt.«
»Wilde Einhörner?«, fragte Tania. »Sind die gefährlich?«
Edric nickte. »Sehr sogar. Unberechenbar und gefährlich. Sie beißen und treten, und ihr Horn ist wie ein scharfer Bratspieß, mit dem sie dich erdolchen können. Habt Ihr Spuren gesehen, die verraten, dass sie in unserer Nähe sind, Mylady?«, fügte er zu Cordelia gewandt hinzu.
Cordelia lächelte grimmig. »Oh j a – nahe genug.«
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und von der nächtlichen Kälte war nichts mehr zu spüren, als sie sich durch einen weiten Talgrund bewegten, der mit weichen grünen Moospolstern und unzähligen gelben und weißen Blüten bedeckt war. An der einen Talseite ragten Kalksteinkliffs und Felsvorsprünge auf, die andere war ganz von wogendem violettem Heidekraut überwuchert. Die Luft war warm und still und Schwärme von schimmernden weißen Schmetterlingen flatterten umher. Die drei Reisenden hielten sich bewusst am Talgrund und mieden die Hoch-flächen und Hügelkuppen, wo sie leicht zu entdecken waren. Nichts deutete darauf hin, dass sie verfolgt wurden, aber Tania war überzeugt, dass Gabriel die ganze Burgwache aufgeboten hatte, um sie zu fangen.
Der moosige Boden fiel jetzt sanft ab und mündete in eine tiefe kreisförmige Lichtung. In der Mitte dieser Lichtung lag ein kleiner Weiher, glänzend wie ein Spiegel.
»Am besten, wir füllen gleich unsere Wasserflaschen«, sagte Edric. »Es gibt zwar viele Flüsse in der Gegend, aber sicher ist sicher.«
»Unsere Lage ist wahrhaftig nicht die beste«, bemerkte Cordelia, während sie auf den schimmernden Teich zuliefen. »Ynis Maw liegt meilenweit von hier entfernt. Gibt es keine Höfe in dieser Gegend, Master Chanticleer, wo wir uns Pferde beschaffen könnten?«
»Nördlich der beiden Erls gibt es ein paar einsame Höfe und Weiler«, antwortete Edric. »Aber selbst wenn sie Pferde zu verkaufen hätten, wie sollten wir sie bezahlen?«
»Nun, wir geben unser Ehrenwort, dass wir die Schuld zu gegebener Zeit begleichen werden«, sagte Cordelia.
Tania lächelte schwach. »Ja, genau«, schnaubte sie. »Wir sagen ihnen, dass wir sie bezahlen, wenn wir den Krieg gegen Lyonesse gewonnen haben. Das muss ihnen doch einleuchten, oder?«
Doch Cordelia gab keine Antwort. Ihr Blick ging an Tania vorbei in die Ferne, und Tania erschrak, als sie die Panik in den Augen ihrer sonst so furchtlosen Schwester sah.
»Ich habe mir schnelle Rosse gewünscht«, wisperte Cordelia. »Und die bekommen wir nun!«
Ohrenbetäubendes Hufgetrappel erfüllte die Luft und eine wilde Herde stürmte den Hang herunter.
»Die Einhörner von Caer Liel«, stieß Edric hervor. »Seid ganz still. Rührt euch nicht. Es ist zu spät, um wegzulaufen.«
Tania starrte den Einhörnern mit klopfendem Herzen entgegen. Sie sahen aus wie Pferde, aber etwas an ihnen schien fremd und furchterregend. Ihr Fell war hellgrau, ihre Körper wirkten kantig und grob gebildet, als seien sie von ungeschickter Hand aus Marmor gehauen worden. Die Mähnen und Schweife waren ungewöhnlich lang und von einem eigenartigen blasslila Farbton. Die Augen der Tiere waren tiefviolett, fast schwarz, sprühend vor Leben und zeugten von einer wilden, gefährlichen Intelligenz.
»Bleibt zusammen«, flüsterte Cordelia kaum hörbar.
Die Einhörner teilten sich in zwei Gruppen wie zwei reißende Ströme und schnitten auf diese Weise den Gefährten jeden Fluchtweg ab. Tania wich entsetzt vor der wogenden Schar der Leiber zurück, die sie umzingelten. Die Tiere kamen abrupt zum Stehen und drehten sich so, dass alle Köpfe ihr zugewandt waren, die Hörner angriffslustig gesenkt. Wie gelähmt starrte Tania auf diese langen, schlanken, spiralförmigen Dolche mit den gefährlichen Spitze n – mindestens zwanzig davon waren direkt auf sie gerichtet.
»Ihr lieben Brüder und Schwestern«, begann Cordelia mit bebender Stimme.
Eines der Einhörner schnaubte und stampfte mit dem Fuß auf.
»Verzeiht uns, denn wir wussten nicht, dass dies hier euer Wasser ist«, fuhr Cordelia fort. »Es geschah aus
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