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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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gewollt.«
    Rolf Blaser wäre es lieber gewesen, der alte Egli hätte den schwarzen Jaguar nicht gesehen. Oder wenigstens nicht erwähnt.
    Egli war auf dem Futtersilo gewesen und hatte das Silorohr montiert. Der Silo war acht Meter hoch. Von dort oben konnte er den Weg zum Fichtenhof einsehen, bevor er im Wald verschwand. Er sah den schwarzen Jaguar. Wenig später dann den Rauch.
    Wie er aus dieser Distanz hatte erkennen können, daß es ein Jaguar war, hatte Blaser gefragt.
    Der sei nachher auf der Landstraße unten vorbeigefahren. Das waren fünfzig Meter.
    Ob er das Nummernschild habe lesen können.
    Er sehe nicht mehr so weit.
    Woher er dann wisse, daß es nicht ein anderes Fahrzeug gewesen sei.
    Da sei kein anderes Fahrzeug gewesen. Das hätte man gehört. Hören tue er noch gut.
    Blaser mußte wohl oder übel der Sache nachgehen. Nach Reifenspuren suchen war beim Zustand der Umgebung der Brandstelle ein hoffnungsloses Unterfangen. Er mußte damit beginnen, Leute aus Joe Gassers Umkreis zu befragen, ob sie jemanden mit einem schwarzen Jaguar kannten.
    Von Gasser wußte er nur, daß er Verbindung zur Drogenszene gehabt hatte. Ein Gebiet, auf dem Blaser nicht bewandert war. Er brauchte Amtshilfe. Deswegen saß er seit über einer halben Stunde in einem Büro der Stadtpolizei und wartete, bis ein gewisser Detektiv Schär geruhte, Zeit für ihn zu haben.
    »So, so, aus der Drogenszene«, echote Schär, als ihm Blaser fast eine Stunde später endlich die Geschichte hatte schildern dürfen. Er war bestimmt zwanzig Jahre jünger und trug einen Lumberjack, wie ihn die Fernsehdetektive tragen. In Uniform wäre er unauffälliger, dachte Blaser. Es war Abneigung auf den ersten Blick. Gegenseitige, ganz offensichtlich.
    »Was glauben Sie, Kollege Blaser, wo wir da hinkämen, wenn wir jetzt auch noch anfangen würden, die Pilzchenszene zu überwachen?«
    »Ich dachte, vielleicht gibt es in der Szene Leute, die auch im Zusammenhang mit anderen Drogen aktenkundig sind.« Blaser zeigte auf das Dossier, das Schär zur Besprechung mitgebracht hatte.
    Der schlug es auf und blätterte nachlässig darin. »Das ist das Dossier von Gasser. Es sind alte Sachen. Aber wenn Sie wollen, kann ich es Ihnen leihen.« Schär schob das Mäppchen über den Tisch. Blaser nahm es an sich.
    »An Ihrer Stelle würde ich mich an diese Trudi Frei, alias Shiva, halten, von der hier so oft die Rede ist.«
    »Ist irgendwo in Indien.«
    »Das sind sie meistens.«
    Mit einer alten Polizeifiche über einen verbrannten Althippie und bestärkt in seiner Meinung über junge Drogenfahnder in Lumberjacks stieg Rolf Blaser in seinen blauen Dienstopel und fuhr zurück hinter den Mond.

11
     
    Nach vier Wochen Eschengut fühlte sich Urs Blank dem Alltag wieder einigermaßen gewachsen. Seine Anfälle von Depressionen waren selten geworden, und wenn sie auftraten, behandelte er sie mit einer Überdosis Wald. Er hatte viel von seiner früheren Ausgeglichenheit zurückgewonnen. Wenn er Ausbrüche von Jähzorn hatte, waren sie ohne Folgen für Dritte geblieben. Er war sich sicher, daß dies nicht nur daran lag, daß er Dritte gemieden hatte, so gut es ging.
    Um seinen Wiedereintritt in die Berufswelt nicht zu abrupt zu gestalten, traf er ein paar Vorkehrungen. Anstatt seine Suite im Imperial wieder zu beziehen, mietete er sich im Hotel Stadtwald ein.
    Das Stadtwald war ein vierstöckiger Fertigelementebau aus den siebziger Jahren. Es lebte vor allem von älteren Dauerrentnern. Seine Suiten waren große, unprätentiös möblierte Zweizimmerappartements mit Kochnische. Die meisten boten einen einzigartigen Blick auf die Stadt und den See. Ein paar wenige gingen nach hinten hinaus, wo die vordersten Buchen des Stadtwaldes die Aussicht versperrten. So eines nahm sich Urs Blank.
    Auch von seinem schwarzen Jaguar trennte er sich. Für sein zukünftiges Leben brauchte er etwas Geländegängigeres. Er entschied sich für einen Range Rover. Der Farbe Schwarz blieb er treu.
    Mit seinen Partnern einigte er sich darauf, daß er in der ersten Zeit nicht voll arbeitete. Er schlug ihnen vor, daß er sich im Hintergrund halten und die Kundenkontakte ihnen überlassen würde. Das war durchaus im Sinn von Geiger, von Berg und Minder. Der einzige etwas heikle Punkt war Blanks Assistent Christoph Gerber. Er war inzwischen voll integriert in die CONFED -Fusion und stand, wie sich Geiger ausdrückte, für Blank nicht mehr zur Verfügung. Dessen Einwände parierte er mit der Bemerkung: »Wie

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