Die dunkle Seite des Ruhms
einige Millionen Dollar bewegte. Cocktailglas und Auftragsbuch sind eine amerikanische Symbiose.
Die neue Party von Lora schien eine große Überraschung zu werden. Natürlich galt sie wieder einer Wohltätigkeit, wie die meisten Superprivatshows stets mit dem Mantel der Nächstenliebe behängt wurden. Erstens berichteten dann die Zeitungen darüber, was für das Image wichtig war. Zweitens klatschten die Frauenverbände rasenden Beifall, den man brauchte, denn ohne diese Vereinigungen lief nichts im gesellschaftlichen Leben, was nur verstehen kann, wer die Macht dieser Verbände in Amerika kennt, und drittens rechnete kaum einer nach, was solch eine Party kostete, wenn bei ihr 3.000 oder 4.000 Dollar an Spenden für ein Trinkerheim, ein Waisenhaus, einen Hundefriedhof oder eine Resozialisierung von gefallenen Mädchen übrig blieb. Lora Ballister hatte diesesmal die alten Kollegen eingeladen, die Großen der längst vergangenen Showtage, ergraute Sänger und mehrfach geliftete Blondinen, die noch einmal im erlesenen Kreis beweisen konnten, daß sie mit Recht auf den Nachwuchs herabblickten, der nur mit dem Hintern und dem Busen wackeln, aber nicht singen konnte.
Felicitas rief sofort an, als sie von Lora die Einladung bekam. Sie erholte sich einige Tage in ihrem Haus, lag am Pool und las viel, vor allem Kurzgeschichten. Sie liebte diese Kunst der knappen Erzählung. Es war wirklich eine Kunst, auf wenigen Seiten und mit wenigen prägnanten Sätzen eine Welt auszubreiten, wozu andere tausend Seiten brauchten. Einen neuen Auftrag für ACF bereitete sie vor. Sie suchte ein Gespräch mit dem in Libyen untergetauchten, gestürzten Diktator Idi Amin Dada. Mit Khadafi, dem Gastgeber, hatte sie schon telefoniert. Er kannte sie von einem eigenen Interview und hatte versprochen, auf Amin einzureden. Außerdem hatte man ihm von dem Gespräch über den Wolken mit Prinz Khalif berichtet. Das war eine Leistung, die Khadafi zu würdigen wußte.
»Ich bin eingeladen worden, mein Schatz«, sagte Felicitas. »Von deiner Frau.«
»Ich weiß, Lici.« Ballister sprach wie immer mit einer Stimme, als habe er gerade ein paar Treppen hinter sich. »Der Erfolg von Loras Party mit den Schlagersängern war ein Volltreffer. Jetzt kommen die ganz Ergrauten dran. Die Tombola ist zu Gunsten von Kindern, die von ihren Vätern verlassen worden sind. Du mußt natürlich kommen.«
»Ich wollte absagen, Jérome …«
»Unmöglich! Lora erwartet dich besonders.«
»Wieso?«
»Sie muß doch einen Spürhund auf deiner Fährte haben. So weiß sie zum Beispiel, daß ich dich geküßt habe, als du von dem Prinzen zurückkamst. Du weißt, auf dem Flugplatz.«
»Ich hatte dich gewarnt, mein Liebling!« Sie betrachtete die Einladungskarte und den infamen Nachsatz, den Lora eigenhändig unter den gedruckten Text geschrieben hatte: »Meine Liebe, Du sollst die Tombola leiten. Ich freue mich so.« Um nicht zu kommen, gab es nur eine Ausrede: Eine Krankheit! Und dann Dr. Henry Meyer als bestätigenden Arzt, ihm glaubte Lora in blindem Vertrauen. »Was hast du ihr erklärt?«
»Daß das ganze Team dabei war, daß es in aller Öffentlichkeit geschah und daß ich so froh war, dich wieder auf sicherem Boden zu wissen. Schließlich lebt ACF zur Hälfte von dir! Es war also ein firmeneigener Kuß! Das sah Lora ein. Aber ich habe nun den Beweis, daß sie etwas ahnt. Wenn du nicht zu ihrer Gala-Party kommst, lieferst du ihr Gesprächsstoff. Sie weicht mir aus … sie hat etwas zu verbergen … sie hat Angst, mir ins Auge zu sehen … sie scheut ein Gespräch … Du mußt kommen, Lici! Alle großen Zeitungen werden von der Party berichten. Die Saunders als Glücksfee an der Tombola. Das ist auch gut für ACF!«
»Kannst du an nichts anderes denken als an das verfluchte TV?« sagte sie bitter.
»Nicht, wenn ich hier an meinem Schreibtisch sitze und das Programm machen muß. Außerdem denke ich immer an dich. An Sylvie Morris im Hamilton-Hotel! Das Mädchen mit der Perücke aus tausenden kleinen, schwarzen Löckchen. Du warst wirklich nicht zu erkennen.«
»Am Sonntag werde ich hellblond sein und einen frechen Pony tragen.«
»Wieso am Sonntag?«
»Dann treffen wir uns in Staten Richmond im Hotel ›Crookes Beach‹.«
»Unmöglich, Lici!«
»Ich werde Gayle Hunnington heißen. Jérome …«
»Lici, wir sollten erst abwarten, wie sich Lora auf der Party dir gegenüber benimmt. Denk an Dr. Meyers Diagnose: Jede Aufregung kann Loras Tod bedeuten!«
»Wie alt
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