Die dunkle Seite des Ruhms
stockend, »Gewalt anzuwenden. Aber es gibt Situationen, wo man durch Humanität verrecken kann. Auch Moralbegriffe haben ihre Grenzen. Das können wir von den Politikern lernen. Das Überleben hat eigene Gesetze, so schrecklich das klingt!«
»Ich will zahlen«, sagte Felicitas leise. Sie rutschte zu Ballister und schmiegte sich in seinen Arm. Ihr warmer, glatter Körper schien sich mit dem seinen zu verschmelzen. »Ich will Ruhe haben, Jérome. Ich will dich lieben dürfen, auch wenn ich dafür wahnsinnigerweise bezahlen muß. Ich will endlich einmal wieder glücklich sein. Endlich!« Sie schob die Hände unter ihren Nacken und benutzte Ballisters ausgestreckten Arm als Kopfkissen. »Was Glück ist, habe ich selten genug erfahren. Mit Bob war ich glücklich, aber nur ein paar Monate. Dann mußte Bob nach Vietnam, und ich sah ihn nie wieder. Captain Bob Saunders liegt bei Peng-lem, am Oberlauf des Flusses Krong-bolah. Ganz in der Nähe der laotischen Grenze.«
»Du mußt darüber hinwegkommen, Felicitas …«, sagte Ballister fast väterlich.
»Ich war dort. Weißt du das?«
»Nein.«
»Ich bin als einzige und erste Frau in diesem Gebiet gewesen. Mit Genehmigung der Regierung in Hanoi. Ich habe das Gebiet durchstreift und habe mir zeigen lassen, wie die Partisanen damals gekämpft haben. Auch sein Grab hat man mir gezeigt … einen Flecken im Dschungelboden, auf dem bereits wieder ein tropischer Baum wuchs. So ist mein erstes Glück getötet worden. Ich habe mich immer geweigert, an ein neues Glück zu glauben. Ich habe nach Bob und vor dir andere Männer gekannt, natürlich, aber sie hatten alle eins gemeinsam: Sie durften mir die Hand geben, mehr nicht. Das macht auf die Dauer kein Mann mit, und ich habe sie ziehen lassen ohne große innere Regungen. Dann kamst du, und mit dir das Rätsel, warum ich dich liebe. Und nun ist wieder jemand da, der mir dieses zweite Glück wegnehmen will, nur mit dem Unterschied, daß du nicht aufgespießt wirst, sondern daß ich dich freikaufen kann. Und das will ich. Was er für mein Glück verlangt, ist zu zahlen, es vernichtet mich nicht, wie mich einmal Vietnam hatte vernichten können. Begreifst du das, Jérome? Wir können glücklich sein, wenn wir dafür bezahlen. Warum sollen wir nicht zahlen?«
»Es ist die gemeinste Erpressung, in der wir stecken!«
»Was im Leben ist keine Erpressung? Das Hochtreiben der Ölpreise. Ist das keine Erpressung? Und was tut die Welt? Sie zahlt! Das Wettrüsten der Nationen, ist das keine Erpressung? Und was tut man? Man rüstet mit. Und wir alle zahlen dafür! Wie lächerlich klein ist dagegen die Summe, die wir zahlen müssen! Aber wir kaufen uns damit das Schönste, was es auf dieser Welt gibt: Unsere Liebe!«
»So kann man es auch sehen!« sagte Ballister sarkastisch. »Dann ist unser ganzes Leben ein einziges Verbrechen.«
»Es ist es, Liebling! Was wir Menschen eine Ordnung nennen, ist in Wahrheit nur eine Kette von Untaten!« Sie wälzte sich auf die Seite, küßte Ballister auf den Hals und streichelte ihn. »Ich habe mich damit abgefunden.«
»Ich nicht!« sagte Ballister rauh. »Ich bin kein Mensch, der Schläge einsteckt und sich noch dafür bedankt! Ich schlage zurück!«
Aber der gute Vorsatz nützte Ballister wenig. Nachdem Felicitas nach Florida abgeflogen war, rief er wieder Cappadozza an.
Der Friseur war zunächst nicht zu sprechen, aber Ballister ließ nicht locker und bekam ihn spät abends ans Telefon. Camino war sehr wortkarg.
»Haben Sie eine Ausdauer!« sagte er. »Du lieber Himmel …«
»Das ist meine Spezialität! Ich kann mich in eine Sache festbeißen wie ein Boxerhund! Cappadozza, warum höre ich von Ihnen nichts mehr? Erst schien alles gut zu laufen, Sie hatten einen Draht zum Postscheckamt, Sie garantierten, daß der Saukerl bei Ihnen wahre Arien singen würde, aber plötzlich fällt der Vorhang über Ihrem Theater.«
»Da hat einer dran gezogen, am Vorhang!« sagte CC trocken. »Ihr Wink mit dem Ölprinzen war Gold wert! Ich habe Informationen eingezogen. Wenn wirklich dieser Khalif dahinter steckt, wenn wir es mit den Scheichen zu tun haben, lassen wir die Finger weg! Unsere Devise ist: Nie dem in die Kniekehlen schießen, der beidhändig zurückballern kann! Oder anders: Eine Wespe kann zwar einen Elefanten stechen, aber nicht von den Beinen holen! – Ist das klar?«
»Sie haben Angst, Cappadozza? Ausgerechnet Sie haben nun Angst?«
»Das ist falsch ausgedrückt, Mr. Ballister. Ich gebe
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