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Die dunkle Seite

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Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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diese fünf Leute, waren doch alle bei der Fremdenlegion und anschließend bei diesem Söldnerhaufen.
    Nehmen wir an, der Alte war ein hohes Tier oder so was. Ein gnadenloser Übervater. Nach außen respektiert und geachtet. Würde das passen?«

    »Absolut.«
    »Auch möglich, daß unser Freund schon vor der Fremdenlegion beim Militär ... nein, Unsinn. Warum sollte er dann zur Legion gehen?«
    Menemenci runzelte die Stirn.
    »Weil sie ihn entlassen haben«, sagte er langsam. »Es gibt da einen, den sie unehrenhaft entlassen haben.« Er legte Daumen und Zeigefinger um die Nasenwurzel. »Was war noch mal der Hintergrund? Er hat...«
    Cüpper biß in eine Gurke und verzog das Gesicht.
    »Ich würde darauf setzen, daß er ein Strafverfahren wegen Körperverletzung an der Backe hatte«, sagte er. »Der Grund mehr oder weniger jeder unehrenhaften Entlassung. Gewalt oder unpassende Äußerungen in der Öffentlichkeit. Seine Veranlagung, Menschen zu quälen, ist ja nicht neu. Vielleicht hat erʹs übertrieben.«
    »Wir müßten das in Erfahrung: bringen«, sagte Menemenci nachdenklich. »Aber angeblich ist der Mann, den ich meine, tot.«
    »Tja. Die Toten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.«
    »Jens Lubold ...« flüsterte Menemenci vor sich hin.
    Sein Kollege lehnte sich zurück und schenkte ihm ein strahlendes Gebiß. »Wissen Sie was ? Wir haben doch ein ziemlich klares Bild von Ihrem Mörder. Ich schlage vor, Sie gehen hin und nehmen ihn hops, während ich noch zwei Kölsch organisiere.«
    Menemenci schielte ihn verdrossen an.
    »Oh«, sagte Cüpper, »mir ist übrigens noch was eingefallen. Nach allem, was der Kerl getan hat und mit welcher Unverfrorenheit er zu Werke gegangen ist, und wenn er noch dazu beim Militär war – meinen Sie nicht, er ist der klassische Polizeifan?«
    Polizeifans bildeten eine feststehende Gruppe im Tätererfassungsraster. Tatsächlich hatten viele Serienkiller ein Faible für Organe der öffentlichen Ordnung. Im Grunde verkörperten Polizisten genau das, was sie sich selber erträumten. Polizisten genossen Ansehen und hatten Macht. Sie durften autorisierterweise Schmerzen zufü‐

    gen, eine verlockende Vorstellung für jemanden, der nichts galt, sich als wertlos empfand und selber gepeinigt wurde. Viele Mörder hätten es begrüßt, selber zur Polizei zu gehen.
    Oder zum Militär, dachte Menemenci. Oder sonst zu einer Institution, die das Gesetz ...
    Das war es!
    Wie viele Beispiele hatte es gegeben, in denen sich die Killer allerbester Beziehungen zur Polizei erfreut hatten? Ed Kemper, einer der faszinierendsten Verbrecher aller Zeiten, liebte es, den Polizisten bei der Suche nach ihm über die Schulter zu blicken. Die meisten kannte er gut. Er parkte seinen Wagen vor dem Revier und trank Kaffee mit den Jungs, während in seinem Kofferraum ein abgesägter Frauenkopf ins Leere starrte.
    Nie wäre jemand auf die Idee gekommen, der sanfte, gebildete Kemper sei der Mann, der mehrere Frauen getötet, vergewaltigt und zerstückelt hatte, einschließlich seiner Mutter, wenn er sich nicht eines Tages gestellt hätte.
    Menemenci lächelte dünn. Der Mörder mußte ein Meister der Verstellung sein. Wahrscheinlich spielte er seine Rolle sogar noch, wenn ihm niemand zusah.
    Das war die Antwort!
    Nein, mehr noch. Es verhieß die Lösung. Er mußte nur noch die Falle aufbauen. Und er wußte auch, wer ihm dabei helfen würde.
    Ob sie wollte oder nicht.
    »Vielleicht ist es ja Krantz«, witzelte Cüpper.
    »Krantz verstellt sich schon so genug«, knurrte Menemenci. »Er ist ein Taschenrechner, der vorgibt, ein Mensch zu sein.«
    »Oh! So gut?«
    »Sein Problem ist, daß er immer noch nicht begriffen hat, daß Mörder eine Seele haben. Er hält mich für einen Psychiater, nicht für einen Kommissar, und Psychiater hält er durchweg für bescheuert.
    Wenn ich ihm mit Täterprofilen komme, erzählt er mir jedesmal den gleichen blöden Witz.«

    »Wie geht der?«
    »Ich kann ihn runterbeten. Wie viele Psychiater braucht man, um eine Glühbirne auszuwechseln?«
    »Weiß nicht.«
    »Einen. Aber nur, wenn die Glühbirne sich auch wechseln lassen möchte. «
    Romanus Cüpper sah ihn lange an.
    »War gut, daß Sie hergekommen sind«, sagte er mit ernstem Gesicht. »Köbes, zwei Kölsch.«

21.20 Uhr. Vera
    Keine Kerzen. Nicht heute abend.
    Bis neun Uhr hatte sie in der DeTechtei gesessen und an den Fällen des Rechtsanwalts gearbeitet. Fleißarbeit. Niemand, den sie zu beschatten brauchte. Sie mußte

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