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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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habe genau hingesehen.«
    »... steht da was eingraviert. Haben Sie das auch gesehen?« fügte Sonnenfeld hinzu.
    Krantz schüttelte müde den Kopf.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Nein.«
    »La Légion à ses Morts. Also, das ist ein Denkmal für gefallene Legionäre, das ist es. Bis in die Sechziger hatte die Fremdenlegion ihr Hauptquartier in Sibi‐bel‐Abbes. Algerien war über hundertfünfzig Jahre lang sozusagen die Heimat der Truppe, aber dann gab es einen ziemlich fatalen Unabhängigkeitskrieg mit einer Menge Toter, und ... ahm, also die Legion kehrte zurück nach Frankreich, dezimiert auf ein paar tausend Mann, und brachte das Denkmal mit. Sie nennen es Le Monument aux Morts.«
    »Gut. Ich fürchtete schon, wir müßten nach Algerien.«
    »Nein, Aubagne liegt in der Nähe von Marseille. Da hat die Legion ihren Hauptsitz. Das Monument steht auf dem Place de lʹArmee, es ist das erste, was die neuen Freiwilligen zu Gesicht bekommen, wenn sie durch das Haupttor des Lagers fahren. Schon möglich, daß die meisten ziemlich beeindruckt sind.«
    »Bin ich auch«, sagte Krantz ehrlich erstaunt. »Woher wissen Sie das alles?«
    Sonnenfeld lächelte verlegen.
    »Irgendwann wird es langweilig, immer nur Namen und Wohnsitze zu überprüfen.«
    »Schätzen Sie sich glücklich«, sagte Krantz.
    »Naja. Es ist... ahm, sicher interessant, hochinteressant, ein Verbrechen wirklich aufzuklären, ich meine, nicht nur nach Daten zu suchen, sondern den Job zu machen, ihn zu Ende zu bringen.«
    »Sie wären also gerne ein richtiger Spürhund?«
    »Oh ja!« sagte Sonnenfeld.
    Krantz nickte versonnen.

    »Ich schlage vor, Sie gehen gleich mal rüber zu Menemenci.
    Schauen Sie sich an, was er da auf der Wäscheleine hängen hat. Es sind Fotos. Dann essen Sie ein Steak, schön blutig. Wenn Sie danach nicht kotzen müssen, daß Ihnen die Zehennägel hochkommen, reden wir noch mal drüber.«
    Sonnenfeld starrte ihn an und kratzte sich die Nase.
    »So schlimm?«
    »Noch schlimmer.«
    »Warum ...« Er stockte.
    »Warum so was passiert? Die Frage dürfen Sie nicht stellen. Ich habe mich darauf beschränkt, die Fälle aufzuklären. Wenn ich es persönlich nehmen würde, daß irgendein Spinner einem anderen die Brustwarzen abkneift, während der noch lebt, hätte ich keine ruhige Minute mehr.« Krantz machte eine Pause. »Menemenci würde sagen, ich mache mir das alles zu leicht. Jeder ist eben anders. Ich kannʹs mir nicht schwerer machen, weil ich es sonst nicht aushalten würde.«
    »Oh.«
    »Ja, oh! Gibt es sonst noch was?«
    »Ich ...« Sonnenfeld deutete auf den Karton. »Nein. Da ist alles drin. Wir., ahm, kümmern uns dann um Lubold und Marmann.«
    »War da nicht noch einer? Ümir oder Imir ...«
    »Ymir Solwegyn. Der aus dem Notizbuch. Ja, okay. Natürlich.«
    »Sid.«
    »Mhm?«
    »Hören Sie zu, mein Junge. Sie machen einen guten Job. Man muß nicht unbedingt Sherlock Holmes sein, ich meine, er wäre einigen Dingen vielleicht nicht auf die Spur gekommen, wenn ihm nicht jemand im richtigen Augenblick die Pfeife gestopft hätte. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Sonnenfeld überlegte.
    »Ja«, sagte er, ohne seine Enttäuschung verbergen zu können. »Ich denke schon.«

8.30 Uhr. Vera
    An diesem Morgen war es ihr egal, wie lange sie unter der Dusche stand. Sie ließ heißes Wasser über ihren Körper laufen, als könne es das Mißtrauen abwaschen, während ihr Denken um Simon Bathge kreiste.
    Sollte sie ihm gestehen, daß sie via Sensor seine Position verfolgte?
    Wenn ich ihm wirklich vertraue, dachte sie, wäre es nur konsequent, ihm auch die Wahrheit zu sagen. Inkonsequentes Vertrauen gibt es nicht.
    Entweder oder.
    Was Bathge ihr erzählt hatte, weitestgehend ohne dabei eine Miene zu verziehen, war so voller versteckter Schmerzen gewesen, daß sie gar nicht anders konnte, als ihm zu glauben. Er hatte zugegeben, daß er auch diesmal Aspekte seiner Geschichte verschwieg. Seltsamerweise verspürte Vera keine Dringlichkeit, diesen Restgeheimnissen nachzuforschen. Das Bekenntnis, Geheimnisse zu haben, war auch eine Form der Offenlegung.
    Es war an ihr, darauf einzugehen.
    Nach so langer Zeit fürchtete Vera plötzlich, sich mit ihrer Zurückhaltung im Wege zu sein.
    Los, dachte sie. Sag ihm, was mit dem Feuerzeug ist. Erzähl ihm, daß du in der Werft warst und den BMW gesehen hast.
    Nein!
    Was, wenn sie einen Fehler machte?
    Shampoo lief ihr in die Augen. Vera fuhr sich durchs Gesicht. Jedesmal kleckerte sie zuviel von dem Zeug auf

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