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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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erinnert mich einiges davon an die Praktiken der Viet Minh. Legendäre Scheußlichkeiten, die man sich heute noch mit ehrfürchtigem Schaudern weitererzählt.«
    »Augenblick! Die Legion hätte gegen die Genfer Konvention verstoßen? Das glaube nicht mal ich.«
    »Hat sie auch nicht«, sagte Solwegyn. »Aber dafür die eine oder andere Vereinigung, der sich ehemalige Legionäre angeschlossen haben.«
    »ZERO.«
    »Zum Beispiel. Wer Üsker getötet hat, stammt aus seinem damaligen Umfeld. Das könnte die Legion sein oder ZERO. Und jetzt kommen Sie und fragen nach Marmann. Das macht mich nervös. Sie kommen zu mir, auch ich ein Ehemaliger. Weiß ich, ob ich Ihnen trauen kann?«
    »Prüfen Sieʹs nach. Ich stehe im Telefonbuch.«
    Solwegyn betrachtete sie lange, ohne ein Wort zu sagen.
    »Und selbst wenn es so wäre, daß ein Zusammenhang besteht«, sagte Vera eindringlich, »müßte Marmann gewarnt werden, und ...«
    Du redest dich um Kopf und Kragen, dachte Vera. Verdrehst alle Tatsachen. Der Mann hat dich schon einmal durchschaut.
    Dennoch hatte sie das deutliche Gefühl, diesmal das Richtige zu tun.
    »Ich könnte helfen, Üskers Mörder aufzuspüren«, fügte sie hinzu.
    »Damit Leute wie Sie besser schlafen. Meinen Sie nicht, das sollte den Preis für Ihre Bemühungen etwas senken?«
    Solwegyn schien zu überlegen.
    »Dreißigtausend«, sagte er. »Mein letztes Wort.«
    Vera seufzte.
    »Und dafür werden Sie mir Marmanns Aufenthaltsort verraten?«
    »Nein. Dafür werde ich eine Reihe von Kontakten herstellen, an deren Ende Sie erfahren, ob eine bestimmte Person bereit ist, ihren Aufenthaltsort preiszugeben.«
    »Sie haben Schweinepreise, wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf.«
    »Das stimmt.« Solwegyn hob die Brauen. Sein gesundes Auge nahm den Ausdruck milden Bedauerns an. »Aber die Zeiten haben sich geändert. Vor Jahren war das hier ein ganz normaler kleiner Club für Paare. Heute zelebrieren wir schwarze Messen – Geister, Dämonen, Satans entfesselte Gespielinnen, der ganze Quatsch. Der Göttin im Keller werden Opfer gebracht. Es kostet Unsummen, diesen Schwachsinn ständig neu zu inszenieren, allein, was so ein dämliches Kostüm verschlingt. Trotzdem öffnen wir nur noch am Wochenende. Die Leute ziehen Sex auf dem Bildschirm vor.«
    Er nippte an seinem Glas und grinste Vera mit seinen gelben Zähnen an.
    »Warum helfen Sie mir nicht, den Umsatz zu beleben? Sie gäben eine hübsche Vampirin ab. Was meinst du, Katya? Oder eine Göttin? Ein Opfer für die Göttin?«
    Katyas Lächeln verbreiterte sich eine Spur.
    Vera schüttelte den Kopf.
    »Vergessen Sieʹs. Ich würde Ihnen das Geschäft vermasseln. Das Problem ist, daß ich Männer immer gleich verdresche.«
    »Das wäre kein Problem, sondern ein Segen.« Solwegyn kippte den Inhalt seines Glases herunter und leckte sich die Lippen. »Schade. Aber gut. Reden wir von anderen Geschäften.«
    »Sie hätten gerne dreißigtausend Mark.«
    »Sehr gerne.«
    »Gut. Ich sehe, was sich machen läßt. Sie erwähnten andere, die mit Üsker und Marmann zur Legion gegangen sind.«
    Solwegyn lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.
    »Es waren vier«, sagte er.
    »Vier?«
    »Anfang der Achtziger machte ich Geschäfte mit einem Offizier der Bundeswehr. Er handelte mit Extremsportartikeln. Eines Tages warfen sie ihn raus. Es hieß, er hätte Rekruten gequält. Beweisen konnten sie ihm nichts, aber es reichte, daß sie ihn unehrenhaft entließen. Ich hatte fünf Jahre in der Fremdenlegion gedient und wuß‐
    te, was sie da für Männer brauchen. Ich schlug ihm vor, sein Glück bei der Legion zu versuchen.«
    Solwegyn schloß einen Moment lang die Augen, als koste es Kraft, sich zu erinnern.
    »Er hatte selber schon daran gedacht. Zwei Grünschnäbel wollten mitmachen, die sich furchtbar langweilten und nach Abenteuern sehnten. Sie beteten ihn an. Ein Vierter kam ins Spiel. Der Offizier bat mich, einen Kontakt herzustellen, um weiter oben in die Hierarchie der Legion einzusteigen. Aber das hat man da nicht so gerne.
    Ich versuchte es trotzdem. Überflüssig zu sagen, daß es nicht funktionierte. Zwei Jahre verstrichen, dann standen sie wieder vor meiner Tür.«
    »Der vierte war Mehmet Üsker?« mutmaßte Vera.
    Solwegyn nickte.
    »Und die anderen?«
    »Andreas Marmann und ein Simon ... Bartel, glaube ich.«
    »Bathge?«
    »Ja, Bathge.«
    Vera fühlte, wie sich ihr Puls beschleunigte.
    »Haben Sie noch Kontakt zu Bathge?«
    »Nein. Das hatte ich auch

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