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Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
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zusammen, die sich schleunigst von der Bar entfernten, sobald sie mich kommen sahen.
    »Was ist denn mit denen los?«, fragte ich Mr Rainproof.
    »Du hast ihnen anscheinend Albträume beschert«, antwortete der junge Typ.
    »Du siehst gar nicht wie ein Drogendealer aus«, sagte ich.
    »Psst! Dio cane! « Bobbys Fluch und sein Akzent legten nahe, dass er auf den Namen Roberto Rainproofo getauft war. »Sollen wir deinetwegen in den Knast wandern?«
    Er führte Hamish und mich in ein Hinterzimmer, wo weitere ältliche Polen saßen und Poker spielten. Ich fragte mich, wie viele betagte Polen mit dicken Brillengläsern es in London noch geben mochte. Dann folgten wir ihm in ein sogar noch weiter abgelegenes Hinterzimmer. Auf einem kleinen Tisch lagen drei große Stücke dunkelbrauner »Seife« aufgereiht.
    »Hast du kein Gras?«, fragte Hamish.
    »Vielleicht nächste Woche«, sagte Bobby.
    Er hackte etwas von dem Cannabis ab und wickelte es in Frischhaltefolie ein. Hamish und ich sahen gebannt zu, wie er ein Stück von dem riesigen Ballen abtrennte und die Plastikfolie fein säuberlich auf dem Tisch ausrollte. Roberto war ein richtiger Verpackungskünstler. Hamish gab ihm dreißig Pfund und steckte den Stoff ein.
    »Grazie«, sagte Hamish, und wir folgten dem gut aussehenden Mittzwanziger aus La Spezia durch das Hinter-Hinterzimmer, das Hinterzimmer und die Kneipe. Er gab uns ein Bussi-links-Bussi-rechts, und dann überquerten wir die Straße, die zwischen uns und unseren begierig wartenden besten Freunden lag.
    ***
    Am nächsten Tag fuhren Hamish, Fliss, Cheryl-Anne und ich nach Oxford. Wir nahmen den Bus, verbrachten den ganzen Tag im Pub, und dann kehrten wir nach Hause zurück, um noch etwas von Roberto Rainproofos überaus hervorragendem Shit zu rauchen.

8
    Esther war nicht glücklich, als ich zur Angestellten der Woche ernannt wurde. Sie war schon seit Tagen nicht besonders glücklich gewesen. Erstens, weil im Verlauf meiner dritten Schicht mysteriöserweise Arbeitskleidung eingetroffen war, die mir tatsächlich passte. Zweitens, weil die Kundinnen mich zu mögen schienen. Drittens, weil sie ein Arschgesicht war. Ich sah, wie sie die Zähne fletschte, als Nathan, unser Geschäftsführer, mein Foto am Schwarzen Brett neben dem Empfangstresen im Sportstudio aufhängte.
    Es war keine Kleinigkeit, Angestellte der Woche zu sein. Zweierlei hing damit zusammen: ein Bonus von fünfzig Pfund und dass Esther mich sogar noch mehr hasste.
    Ich sah, wie Esther mit Kate tuschelte. Sie tuschelten gern miteinander, die beiden, und sie verachteten meine fröhliche Ausstrahlung, die mir zu dem Bonus verholfen hatte. Oberboss Nathan hatte mir sogar ein High-Five gegeben!
    Oberboss Nathan war noch neu. Er trug einen Anzug, war ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und brennend an Sachen wie Teamaufbau, Personaleinschätzung, vorwärtsgewandtem Denken, Aufgabenprofilen und Performance-Evaluierung interessiert. Er mochte mich, weil ich immer, wenn seine weiblichen Lakaien uns ausspioniert hatten, gerade etwas geschrubbt oder mich höflich um die Kundschaft gekümmert hatte. Kate und Esther hatten hingegen entweder gelesen oder getratscht. In Wahrheit waren einfach meine Kondition und mein Gehör besser, und ich hatte das Knarren der Tür zwischen dem Dampfbad und der Schwimmhalle so sehr verinnerlicht, dass ich sofort aufsprang und aktiv wurde, sobald sie sich öffnete.
    ***
    Ich hatte noch nie auf einem Sockel gestanden. In der Münzanstalt von Craigieburn war ich jeden Morgen um neun Uhr angekommen, hatte acht Stunden lang Unterlagen sortiert und war wieder nach Hause gegangen. Ich hatte ihnen gegeben, was sie wollten – roboterhaften Fleiß –, und mich zwischen zwölf grauen Aktenschränken bis über die Ohren in Papierkram vergraben. Niemand hatte mich wirklich gekannt, und ich hatte nie auch nur einen Weihnachtsbonus bekommen. Also bedeutete mir mein neuer Titel eine ganze Menge. Er erfüllte mich mit Stolz. Zwar war die Arbeit meistens sehr eintönig, aber es gab doch einige Sachen, die ich gern machte. Zum Beispiel goss ich gern die vormals siechende Bambuspalme neben dem Empfangstresen und freute mich über ihre Reaktion auf derartige Liebe und Fürsorge. Ich freute mich über die Zufriedenheit, die mir der Anblick einer sauberen Dusche bescherte, ich sah gern die Zufriedenheit der reichen Araberin, die lieber zwei Handtücher als eines bekam, und den Geruch des frisch mit Chlorreiniger gewischten Bodens mochte ich auch. Mir

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