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Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
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pochierte Eier!«
    Bei Francesco ging es also eher um Magenverstimmungen als um sexuelle Spannung.
    Ganz anders bei Pete.
    Er begleitete mich auf ein »Schwätzchen« ins Wohnzimmer. Sogar das Sofakissen schüttelte er für mich auf. Dann setzte er sich neben mich, und ich wünschte, er hätte es nicht getan, denn jetzt war er mir viel zu nah. Das Sofa war alt und durchgesessen, und wir sanken beide tief in der Mitte ein. Unsere Körper berührten sich von den Beinen bis zu den Schultern. Ich streckte meinen Oberkörper in die entgegengesetzte Richtung. Ich versuchte es mit gelüpften Pobacken, aber das funktionierte nicht. Er war zu schwer, das Sofa war zu abschüssig, und unsere Oberkörper und Hinterteile weigerten sich, aus ihrer kuschligen Zweisamkeit gerissen zu werden. Noch schlimmer war, dass ich meinen Kopf um neunzig Grad nach rechts gedreht hielt, um seinem Part an unserem »Schwätzchen« zu lauschen, wie er es nannte, und jetzt in dieser Position feststeckte. Falls ich meinen Kopf bewegte – überlegte ich flach durch die Nase atmend –, konnte es durchaus passieren, dass ich vom Sofa fiel. Also rührte ich mich nicht von der Stelle, sondern sagte sehr oft »Echt?« und »Aha!«, während er mir von einer Wohnung bei Adelaide erzählte, die ihm anscheinend viel bedeutete. Ich fand sie eher fürchterlich.
    Als Pete mir schließlich Gute Nacht sagte, blieb ich aufrecht auf dem Sofa sitzen, bis er verschwunden war. Mein Hals war immer noch neunzig Grad von seiner natürlichen Position entfernt.
    ***
    In jener Nacht gab es keine Geräusche. Zum ersten Mal seit meinem Einzug konnte ich durchschlafen. Am nächsten Tag ging ich wie immer zur Arbeit, goss den Bambus – ich war anscheinend der einzige Mensch, der das tat – und schrieb noch einen Brief an Ursula.
    Liebe Ursula,
    ich sitze an einem Tisch im Dampfbad des Porchester Centre. Das ist der Laden, in dem ich vierzig Stunden die Woche arbeite. Ich verteile Handtücher an die Besucherinnen und klaube Haare aus den Abflüssen. Überall sind nackte Frauen.
    Weißt Du schon, ob Du mir verzeihst? Kannst Du mich verstehen? Ich kann und will nicht über Du-weißt-schon sprechen, aber ich will mich auch nicht länger vor Dir und Papa verstecken. Ich versuche einfach, ein bisschen Spaß zu haben, und irgendwie klappt das auch, mal abgesehen von den nackten Frauen überall.
    Oh je … Kate und Esther drüben auf ihren Stühlen tratschen über mich. Können mich nicht ausstehen, die zwei alten Schachteln. Der Schwachkopf von Geschäftsführer hat mich zur Angestellten der Woche ernannt, und jetzt sind die beiden total eifersüchtig. Die Titten der käseweißen Schwabbel-Kate hängen beim Fegen bis auf den Boden. Und Esther, na, die ist eine Arschkriecherin, wie sie im Buche steht. Ich kann sie nicht ausstehen.
    Ich habe jemanden kennengelernt. Er heißt Francesco und ist Geschäftsführer in dem Hostel neben dem Haus, in dem ich wohne. Er geht gern essen. Es gibt unheimlich viele Aussies hier – einer von denen heißt Pete, aber ich weiß noch nicht, was ich von ihm halten soll (er ist der Typ auf dem Foto). Und meine neuen besten Freunde, Hamish und Fliss – ich weiß gar nicht, wie ich ohne sie leben sollte.
    Ob Du eines Tages vielleicht mal rüberkommst? Ich weiß, Du verabscheust Regen, aber manchmal hört der Regen auf, und dann kommst Du bestimmt auf Deine Kosten, Urs. Ich denke, Du würdest dich sofort verlieben. Schön wär’s ja. Dass Dich jemand anhimmelt, das würde ich lieber als alles andere sehen.
    Wäre wirklich toll, wenn Du mal herkämst … So lange Du versprichst, nicht über Du-weißt-schon zu reden.
    Ich hab Dich lieb, Urs. Ich vermisse …
    »Könnten Sie auch die Außenseite des Toasts buttern?« Eine Frau bestellte ein Käsesandwich bei mir. Sie wog ungefähr fünfzig Kilo, war um die vierzig Jahre alt, und ihre Botoxbehandlung ließ sie aussehen, als ob sie gerade aus Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett entwichen wäre. Immer wenn ich sie sah, zuckte ich unwillkürlich zusammen. Gespenstisch.
    Rasch faltete ich den Brief zusammen, verstaute ihn unter dem Tisch und ging durch die Schwingtür in die Küche. Gerade als ich den Toast in zwei Hälften schnitt, hörte ich, wie Pete mit der Frau sprach, die an der Rezeption zu den Dampfräumen saß.
    »Warum kommst du nicht mit?«, fragte sie.
    »Auf Musicals stehe ich überhaupt nicht«, sagte er.
    Ich steckte meinen Kopf durch die Tür, um zu sehen, wer ihn da anbaggerte. Die Empfangsdame

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