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Die dunkle Treppe

Die dunkle Treppe

Titel: Die dunkle Treppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Fitzgerald
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an Ursula, den ich an der Handtuchausgabe liegen gelassen hatte (und in dem ich ihn als Schwachkopf bezeichnete). Zweitens: das Portemonnaie, das ich angeblich gestohlen hatte und das in Petes Schließfach aufgetaucht war. Drittens: einen Ratschlag.
    »Verlassen Sie sofort mein Büro. Ich hätte auf Esther hören sollen. Raus hier!«
    ***
    Na gut, dachte ich mir, während ich mich über die Treppe davonschlich. Esther und Kate hatten anscheinend gewittert, dass ich in der Nähe war, und so waren sie gekommen, um mich zu verabschieden. Zusammen mit der Empfangsdame, der Pete so gut gefallen hatte, standen sie in einer Reihe am Ausgang. Alle drei spuckten mich mit Blicken an, als ich langsam das Porchester verließ.
    Ich musste einen sicheren Ort zum Übernachten finden, um darüber nachzudenken, was als Nächstes zu tun sei. Nach Hause konnte ich nicht fliegen – ich war ja Hauptzeugin –, und ich hatte keinen Schimmer, was ich tun sollte, bis alles vorüber war.
    Ich setzte mich auf eine Treppe gegenüber dem Eingang des Dampfbads. Dunkel und still war es dort, und wenn ich mein Gesicht fest genug auf die Knie drückte, konnte ich mich beinahe unsichtbar machen. Die Straße erinnerte mich an die Bucks Row, auf der – Pete zufolge – im Jahr 1888 eine Frauenleiche gefunden worden war. Der Mörder hatte ihr die Kehle durchtrennt und ein bisschen davon aufgehoben. Wie unglaublich blöd ich gewesen war! Ein bisschen unheimlich und sehr ruhig war es in dieser Sackgasse am unteren Ende der Queensway, aber hin und wieder ging doch mal jemand vorbei. Personal aus dem Porchester. Kunden in Trainingsanzügen. Ein Mann und eine Frau, die sich unterhielten. Ein einzelner Mann. Zwei Männer. Waren das die komischen Typen, die mir am Abend unserer Einweihungsfeier gesagt hatten, wann wir das besetzte Haus zu räumen hätten? Ein Typ mit einem Kapuzenpullover. War das Bobby Rainproof, der uns im polnischen Club Cannabis verkauft hatte? Die Unterwelt war überall. Und obwohl diese Welt mir bis vor Kurzem sehr spaßig vorgekommen war, jagte sie mir jetzt eine Scheißangst ein.
    Da ich nichts aus dem besetzten Haus hatte mitnehmen dürfen – nicht mal meine Jeans –, trug ich immer noch den Netzballrock und das Polohemd. Langsam wurde mir kalt. Sportstudio und Schwimmbad des Porchester hatten inzwischen geschlossen, die Straße lag verlassen da. Ich rieb mir gerade die Arme warm, als mir plötzlich einfiel, dass in meinem Polohemd immer noch die Schlüssel zum Dampfbad steckten. In seiner Wut hatte Big Boss Nathan ganz vergessen, sie einzukassieren.
    Ein Mann auf einem Motorroller brauste vorbei. Ich sah ihm nach, bis er um die Ecke verschwunden war, dann lief ich zu der großen Ecktür. Der Schlüssel öffnete sie problemlos. Ich zog die Tür hinter mir zu und schloss von innen ab. Dann spähte ich durch das Schlüsselloch, um sicherzugehen, dass niemand mich gesehen hatte. Den Schlüssel steckte ich wieder ins Schloss.
    Es war dunkel hier drinnen. Ich wollte kein Licht machen, damit draußen niemand Verdacht schöpfte. Also tastete ich mich im Dunkeln an der Rezeption vorbei in die Küche, schnappte mir einen Wasserkrug, dessen Inhalt ich zur einen Hälfte austrank und zur anderen Hälfte der ausgetrockneten Bambuspalme zukommen ließ, nahm ein bisschen Brot, das hinter dem Tresen herumlag, und schlenderte durch die Doppeltür in den Entspannungsbereich, wo immer noch Liegestühle herumstanden. Ein Blick auf die Digitaluhr über der Handtuchausgabe zeigte mir, dass es schon nach zehn Uhr war. Altbackenes Brot kauend, nahm ich zwei Handtücher aus der Ausgabe und setzte mich auf einen der Liegestühle. Aber mir wollte einfach nicht warm werden.
    Ich ging zurück zur Rezeption und schaltete den Computer ein. Das Licht des Monitors ließ den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand aufleuchten – er war riesig, mindestens zweieinhalb mal zweieinhalb Meter groß. Es überraschte mich nicht, dass ich total überdreht aussah. Ich googelte »Internet Café, Queensway Terrace«, und dann wählte ich Hamishs Nummer – eine Handynummer – und dankte dem Herrn, als er dranging.
    »Na, du«, sagte er. Seine Stimme war genau das, was ich brauchte: sanft, freundlich, vernünftig. »Beruhige dich«, sagte Hamish. »Alles wird gut. Es ist vorbei.«
    Als ich auflegte, erfüllte mich ein Gefühl der Erleichterung. Gleich würde Hamish da sein, mich in den Arm nehmen und mir versichern, dass alles in Ordnung sei. Aber bis dahin war es hier

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