Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
Vom Netzwerk:
kennenlernen. Dafür hatte der Zigeuner gesorgt. Sie hätte nicht hierherkommen sollen, nicht aus Scham, sondern weil es besser wäre, ohne diese Erinnerung zu leben, die auf ewig über ihren Kompromiss in der Liebe spotten würde. Sie lehnte den Kopf an eine Säule und blickte tränenverschwommen in die Sterne.
    Sie musste zurück zum Schloss gehen. Langsam, als wäre sie ungeheuer schwach, stand sie auf. Sie suchte nach ihrem langen seidenen Handschuh und stellte fest, dass er verschwunden war. Skavadale hatte ihn wohl an sich genommen, als sie die Augen geschlossen hatte, und darüber musste sie lächeln. Er hatte gesagt, er würde zurückkommen, und der fehlende Handschuh erschien ihr wie ein Unterpfand.
    Langsam ging sie die Stufen des Tempels hinunter, ihr Umhang schleifte über die weißen Steine. Sie war allein, aber er hatte versprochen zurückzukommen. Er hatte es versprochen.

14
    Mit Hirondelle konnte sie das schnellste Pferd der Welt züchten.
    Die Schwalbe lief wie der Wind. Sie ritt das Pferd am nächsten Morgen, führte es zuerst unter das Fenster ihres Vaters und trabte dann durch die Ortschaft und an Two Gallows Hill vorbei zu der Straße nach Millett’s End. Die gelben Ginsterblüten ließen die Heide erstrahlen.
    Sie ritt im Damensattel. Lewis Culloden und seine Freunde von der Kavallerie eskortierten sie, und sie ritt mit Hirondelle hinauf zu den Ringwällen, die in der fernen Vergangenheit erbaut worden waren, als Männer sich blau anmalten und mit Waffen aus Bronze und Stein kämpften. Sie sah zu, wie die jungen Männer unter munteren, lauten Zurufen durchs Gebüsch ritten.
    Es kam ihr vor, als wäre der Zigeuner in einem Traum gekommen und in einem Traum gegangen und hätte nur dieses Pferd zurückgelassen. Lord Culloden, der sich seinen Schnurrbart nicht abrasiert hatte, war neugierig. «Wo hast du sie her?»
    «Sie ist Tobys Hochzeitsgeschenk.»
    Lord Culloden schien verstimmt. Ein Hochzeitsgeschenk sollte für das Paar sein, nicht nur für einen von beiden, und Hirondelle war nicht groß genug für Seine Lordschaft. Stirnrunzelnd blickte er auf seine Freunde, die auf der Heide ein kompliziertes Spiel spielten, bei dem sie mit den Säbeln auf die Ginstersträucher einschlugen. «Du bist letzte Nacht nicht zum Ball zurückgekehrt.»
    «Es tut mir leid, ich habe mich nicht gut gefühlt.»
    «Zu viel Champagner?»
    «Das war es wohl.» Sie war entsetzt, denn plötzlich fiel es ihr sogar schwer, mit Lord Culloden zu reden. Das war nicht seine Schuld. Sie hatte sich in den Tempel im Park locken lassen, sie hatte mit der Gefahr geliebäugelt, und jetzt musste sie gegen ihre Gefühle kämpfen. Nichts, was in der Nacht zuvor geschehen war, änderte etwas an ihrem Verlöbnis, nichts war gesagt worden, was daran etwas ändern konnte. Ein Teil von ihr sehnte sich danach, ihr wohlgeordnetes Leben zu zerschlagen, zu erklären, es werde keine Hochzeit geben, aber wozu? Für einen Zigeuner, einen Abenteurer? Natürlich war er kein Bediensteter, aber trotzdem war er kein Mann, den man als ihrer wert erachten würde. Zorn blitzte in ihr auf. Selbst wenn er nur ein Bediensteter war, Christopher Skavadale war als Mann all dessen würdig, was er erreichen konnte.
    Lord Culloden nickte in Richtung der Straße, die über die Heide führte. «Schlechte Erinnerungen, meine Liebe?»
    «Erinnerungen an deine Tapferkeit zur rechten Zeit», antwortete sie, wie es von ihr erwartet wurde.
    Er lächelte und strich zuerst über das eine und dann das andere Ende seines Schnurrbarts. Ob er sein Versprechen, ihn abzurasieren, vergessen hatte? Sein Gesicht war an diesem Morgen nach dem Champagner einer langen Nacht fleischig und aufgedunsen; wahrscheinlich würde er so im mittleren Alter aussehen.
    Sie wendete Hirondelle. Seine Lordschaft wirkte überrascht. «Du gehst?»
    «Ich habe Vater versprochen, ihm vorzulesen.»
    «Großartig! Großartig!» Er lächelte.
    Bis zum Rand des Hügels trieb sie das Pferd zu einem flotten Galopp an, der ihr das Gefühl von Freiheit und Glück gab. Da, wo die Straße sich zwischen den dichten, blütenübersäten Hecken senkte, zügelte sie Hirondelle. Vor ihr breitete sich das Tal von Lazen, das kleine Königreich, aus. Sie schaute zum fernen Horizont, der von der Sonne in einen Dunstschleier gehüllt wurde, und überlegte, wohin in dieser weiten Welt der Zigeuner gegangen war. Er würde zurückkommen, das hatte er ihr versprochen, und dieser Gedanke erfüllte sie mit einem Glück, das in

Weitere Kostenlose Bücher