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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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ihr aufstieg wie die Lieder der Lerchen, die über die Heide zischten. Er würde zurückkommen.

    Es geschah in der Nacht, und der Anfall kam so plötzlich und so schmerzhaft, dass das ganze Schloss in helle Aufregung geriet.
    Dr.   Fenner schlief in den Räumen des Grafen. Als Campion, ein wollenes Gewand über das Nachthemd geworfen, den Arzt traf, waren seine Hände blutverschmiert. Caleb Wright eilte mit grimmiger Miene und einem Arm voll fleckiger, stinkender Laken an ihr vorbei.
    Der Arzt tauchte seine Arme in eine Schüssel mit Wasser. «Warten Sie, Mylady.»
    «Warten?»
    «Er ist noch nicht in der Verfassung, jemanden zu sehen.»
    «Was ist geschehen?»
    «Ruhr, Mylady.» Fenner schüttelte das Wasser von den Händen und griff nach einem Handtuch. «Warten Sie, Mylady!» Er ging ins Zimmer ihres Vaters, und Campion hörte ein Stöhnen, das entsetzliche Schmerzen verriet, bevor die Tür sich gnädigerweise schloss.
    Caleb Wright eilte mit frischen Laken herbei. An der Tür blieb er stehen. «Mylady?»
    «Caleb?»
    «Sie müssen zu Mistress Sarah gehen und ihr sagen, dass ich Sie geschickt habe. Sie weiß, was sie zu tun hat.»
    Sie runzelte die Stirn. «Und das wäre?»
    «Gehen Sie, Mylady, gehen Sie gleich bei Tagesanbruch, und stellen Sie keine Fragen.» Caleb gab die Anweisung, nickte ihr zu und betrat den Raum, in dem der Schmerz regierte.
    Campion ging in das Wohnzimmer ihres Vaters, einen Raum, der seit Jahren unbenutzt war, und lehnte die Stirn an die Fensterscheibe. Die Berührung war kalt auf ihrer Haut. Schritte eilten durch den Flur. Sie hörte die Haushälterin nach heißem Wasser und Handtüchern rufen, und Campion starrte in die Nacht über Lazen, die tiefe Nacht leerer Dunkelheit, und wusste, dass Tod, Entsetzen und Schatten, von denen Christopher Skavadale gesprochen hatte, näher rückten. Sie schloss die Augen, um nicht zu weinen. Ihr Vater starb.

    «Caleb hat Sie geschickt?»
    «Ja.»
    Mistress Sarah, die ihr älter vorkam als die urzeitliche Wallanlage auf der Heide, schwenkte den Kesselhaken zu sich herüber. Die Decke ihres Cottage war niedrig und rauchgeschwärzt, und an den niedrigen Balken hingen Bündel getrockneter Pflanzen. «Der Dummkopf Fenner ist wohl oben?»
    «Ja.»
    «Ruhr?»
    «Ja.»
    Die alte Frau spuckte ins Feuer. «Pfarrer?»
    «Ja.»
    «Psalmen zu murmeln taugt nichts. Der Herr wird ihn holen oder nicht.» Sie schob den Schal von ihrem dünnen Haar und starrte Campion an. «Bist gut gewachsen, Mädchen.» Mistress Sarah nahm ein Messer. «Ich hab dich auf die Welt gebracht. Das ging so leicht wie Geflügel ausnehmen. Warum deine Mutter für ihr Letztes einen aus London gebraucht hat, werd ich wohl nie erfahren. Hat sie umgebracht, so wahr mir Gott helfe. Und das Kind. Aber ich war nicht gut genug, o nein. Nicht Sarah Tyler. Mag ja sein, dass ich die Kinder lebend in die Welt hole, aber ich bin nicht aus London.» Sie hatte einen Schrank geöffnet und einen Stoffbeutel herausgenommen.
    Campion lächelte. «Ich hoffe, Sie bringen meine Kinder auf die Welt, Sarah.»
    «Wärst ’ne Närrin, wenn du was anderes im Sinn hättest, außer du willst drüber sterben. Wie alt bist du, Mädchen?»
    «Ich werde diesen Monat fünfundzwanzig.»
    Mistress Sarah lachte. «Gütiger Himmel! Du bist spät dran! Ich hatte in dem Alter schon neun!» Im Sonnenlicht an der Hintertür pickten Hühner. «Reich mir ’ne Schüssel, Mädchen, eine aus Holz. Heiratest einen Lord, was?»
    «Ja.»
    «Nimm ihm den ganzen Prunk weg, Mädchen, und er pisst wie ein Bauer. Lass ihn bloß keinen Londoner an dein Bett bringen. Bett, ha!» Sie rümpfte die Nase. «Spuck sie auf einem Geburtshocker aus, Mädchen, wie der gute Gott es für uns vorgesehen hat.» Sie nahm die Schüssel. Aus dem Beutel holte sie einen weißen Klumpen und roch daran. Sie verzog das Gesicht und schnitt den Klumpen dann in Stücke. Zwischen den kräftigen Aromen der Kräuter und Blumen machte sich ein widerlicher Gestank breit. Der Hund auf der Bank winselte vor Missfallen. «Sei still! Ist nicht für dich, ist für Seine Lordschaft.»
    «Was ist das?»
    «Geht dich nichts an, Mädchen.» Sie hatte einen Stößel zur Hand genommen und zermahlte die widerlich stinkenden Stücke. «Warum jemand überhaupt London braucht, ist mir ein Rätsel. Ich war nie weiter als eine Meile von hier. Mein Harry, er wollt mal, dass ich mit auf einen Markt nach Dorchester gehe. Wir sind mit dem Wagen vom alten Gattin gefahren, und bei Sotters Hof

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