Die dunklen Engel (German Edition)
ihr, über sein ganzes mopsähnliches, hässliches Gesicht grinsend, stand ihr Cousin Sir Julius.
Ungläubig starrte sie ihn an. Wenn er lächelte, sah man, dass er keine Zähne mehr im Mund hatte, sondern nur ein Loch aus rotem Fleisch, das sie zu verhöhnen schien. Warum war er ausgerechnet jetzt gekommen?
Sie wandte den Blick von ihm ab und lächelte die Dienstboten an, die ihr applaudierten, lachte, als die Blütenblätter ihre Haut kitzelten. Plötzlich stand William Carline vor ihr, sein Kopf zitterte, sein Gesicht war weiß, und er als Einziger unter den Dienstboten lächelte nicht. Er wollte etwas sagen, sein Mund bewegte sich, und sie runzelte die Stirn, denn sie verstand ihn nicht. Mit zitternder Hand wies er auf das Dach des Schlosses.
Campion, bunte Blütenblätter auf ihrem weißen Seidenkleid, schaute in den blauen Himmel, und die Rosen in ihrer Hand, die letzten Blüten des Sommers, fielen zu Boden.
Das Banner von Lazen, das auf ihre Anweisung für diesen einen Tag gehisst worden war, hing wieder auf halbmast.
Julius’ Lachen war wie der Schrei eines hungrigen Schakals.
Toby war tot.
Onkel Achilles packte sie an der Schulter. «Vielleicht ist es nicht wahr, meine Liebe.»
«O Gott!» Sie zitterte. «O Gott!» An ihren langen, weißen Röcken hingen noch Blütenblätter. Sie wischte sie weg. «Verbrannt?»
«Wir wissen es nicht. Paris lügt! Man kann Paris heutzutage nicht trauen.»
Sie standen in der Eingangshalle. Neben ihr weinte Mrs. Hutchinson. Reverend Horne Mounter runzelte hilflos die Stirn.
Von oben drang Gelächter herunter, das krähende, wilde Gackern ihres Cousins. Campion konnte ihn «Mein! Mein!» brüllen hören. Eine Frau fiel in sein Lachen ein, und es klang wie das raue, kreischende Lachen einer Hyäne. Campion sah Achilles stirnrunzelnd an. «Wer ist das?»
«Irgendeine Frau bei Julius.»
«Frau?»
Er zuckte die Achseln. «Eine Frau.»
«Mein!», war die Stimme wieder zu hören. «Alles mein!»
«Es ist nicht sein. Lazen ist nicht sein!»
«Nein.» Er versuchte sie zu trösten.
Sie wandte sich um und entzog ihre Schulter Achilles’ Griff. «Mylord?»
Culloden, der unbeholfen im Sonnenlicht an der Haustür stand, runzelte die Stirn. «Meine Liebe?»
Sie zeigte die Treppe hinauf. «Sag ihnen, sie sollen aufhören! Sag ihnen, dass dieses Haus in Trauer ist, und ich will, dass Ruhe herrscht!» Schließlich hatte sie ihn geheiratet, damit er Julius im Zaum hielt. «Sag ihnen, sie sollen damit aufhören!»
Er schaute die Treppe hinauf. Das Lachen war das eines Wahnsinnigen. Man hörte Porzellan polternd zu Boden gehen und zerbrechen, das Triumphgeschrei der Frau, mehr Gelächter. Culloden rührte sich immer noch nicht.
«Mylord?»
Zorn vertrieb die Tränen.
Achilles versuchte sie aufzuhalten, doch sie war zu schnell. Mrs. Hutchinson schrie erschrocken auf, während Reverend Mounter mit bleichem Gesicht hinter ihr herlief.
Sie raffte ihre weißen Röcke und nahm zwei Stufen auf einmal, erstaunt über die Wut, die in ihr aufstieg, ein starker, kalter Zorn über das, was in ihrem Haus vor sich ging.
Das Gepolter kam aus dem Gelben Salon. Sie riss die Tür auf.
Julius schien mit der jungen Frau zu kämpfen. Beide lachten. Er begrapschte sie, versuchte ihr die Kleider vom Leib zu reißen, und Campion sah, dass sie bei ihrem taumelnden, lachenden Streit das Meißener Porzellan, Achilles’ Geschenk, vom Tisch gefegt hatten. Teller, Untertassen, Tassen, Schalen und Schüsseln waren nur noch ein Scherbenhaufen. Die junge Frau, an deren Röcken Julius zog, zertrampelte noch mehr der kostbaren Teller.
Campion betrat den Raum.
Julius drehte sich neugierig um.
Sie schlug ihm ins Gesicht. «Schluss damit!»
Er brüllte vor Wut, wollte sie packen und streckte schon die Hand nach ihrem Seidenkleid aus, doch Reverend Mounter warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf den siebten Graf, schob ihn rückwärts gegen die kreischende, lachende junge Frau, und alle drei stürzten zusammen auf das Meißener Porzellan.
Hinter sich hörte Campion ein Klatschen, jemand klatschte im langsamen Rhythmus einer Beerdigungstrommel in die Hände.
Sie drehte sich um, das Gesicht starr vor Zorn. In der Tür stand ein dunkelgekleideter Mann mittleren Alters. Solche glanzlosen, harten Augen hatte sie noch nie gesehen. Sein gewelltes Haar schimmerte schwarz. Er klatschte noch einmal, dann trat er langsam mitten in den Raum.
Andere Männer folgten ihm, fremde, große Männer, und mitten
Weitere Kostenlose Bücher