Die dunklen Engel (German Edition)
wir, Marchenoir kennen wir, aber Luzifer? Ich sage Ihnen, Lazen ist erst sicher, wenn Luzifer tot ist.»
Benommen starrte sie ihn an. Ihr war übel. Der Schuss dröhnte ihr noch in den Ohren. Sie schaute auf den Toten und sah die blutbefleckten blonden Haare an Lord Cullodens Hinterkopf. Plötzlich warf sie die Flasche weg und lief in eine Ecke des Hofes.
Dort würgte sie, bis ihr Magen leer war. Sie hockte sich hin, lehnte sich halb an die Wand, und ihr Magen hob sich immer wieder, und sie atmete in tiefen, keuchenden Zügen. Sobald sie an das blutverschmierte blonde Haar dachte, musste sie sich wieder übergeben. Die Sonne hatte auf dem Blond geschimmert, und sie hatte die rosafarbene Haut unter dem Haar gesehen. Das Blut war strahlend rot, mit Knochensplittern vermengt und von der Explosion verbrannt, und sie übergab sich wieder, denn die Erinnerung wollte sich nicht verscheuchen lassen.
Sie schloss die Augen. Wieder sah sie den Kopf hochschnellen, als die Kugel einschlug, die Augen, die sie erstaunt ansahen, und dann das Blut, das pulsierend aus seinem Mund quoll und ihm über das Kinn lief und in der Sonne schimmerte. Sie übergab sich erneut.
Dann spuckte sie aus und wischte sich den Mund ab. Ihr war zum Weinen zumute. Die Sinnlosigkeit des Todes entsetzte sie, und doch hatte sie Skavadale zugenickt. Sie hatte Cullodens Tod befohlen. Sie stöhnte.
Als sie aufstand, fühlte sie sich schwach. Die Ställe rund um den Stallhof schienen sich zu neigen. Pferde starrten sie aus halboffenen Türen an.
Am Tag zuvor hatte sie drei tote Männer gesehen und nichts dergleichen empfunden. Doch diesen Tod hatte sie befohlen. Die Leiche lag zusammengekrümmt da wie im Schlaf.
Skavadale kam zu ihr. Mit seinen starken Händen umfasste er ihre Schultern. «Es ist in Ordnung, Mylady.»
Sie schaute in sein schmales, dunkles, lebendiges Gesicht. «Ich bin das nicht gewohnt.»
Er lächelte. «Ich schon. Es ist mein Leben.»
«Das?» Sie blickte zu der Leiche hinüber.
«Lord Paunceley bezahlt mich dafür, die Feinde Englands zu töten.»
Sie hatte einen üblen Geschmack im Mund. «Finden Sie Gefallen daran?»
Sein Blick huschte zwischen ihren Augen hin und her. Er lächelte. «Woran ich Gefallen finden werde, Mylady, ist, das schnellste Pferd der Welt zu züchten. Doch vorher müssen wir noch einiges erledigen.» Seine Hände hielten noch ihre Schultern umfasst, als versuchte er, ihr etwas von seiner Kraft einzuflößen. «Das Erste, was wir tun werden, Mylady, ist, den Schweinehunden Lazen wieder abzunehmen.»
Darüber lächelte sie, auch wenn es ein zaghaftes Lächeln war. «Ja.»
«Und dann reisen wir nach Frankreich.»
Entsetzt starrte sie ihn an. «Nach Frankreich?»
«Nur wenn Sie nach Frankreich gehen, werden die Gefallenen Engel sich versammeln. Wenn Sie Frieden wollen, Mylady, dann müssen Sie mir helfen, Luzifer zu töten.»
Sie schüttelte den Kopf. «Ich kann nicht nach Frankreich gehen.»
Er lächelte. «Ich möchte, dass Sie mit mir nach Frankreich kommen, nach Auxigny.»
«Nein.» Es klang fast wie ein Schluchzer. Sie hatte den Tod gesehen, hatte gesehen, was für eine Vergeudung er war, hatte dunkles Blut in hellem Haar gesehen. Sie würde nicht in das Land gehen, das den Tod wie einen Liebhaber umschlungen hielt. Sie schüttelte den Kopf. «Nein.»
Er strich ihr mit starken, warmen Fingern übers Kinn. «Doch, Mylady. Doch.»
Sie schaute ihm in die Augen, sah seine Kraft. «Ich kann nicht nach Frankreich gehen.»
Er lächelte. «Sie sind das letzte Geschöpf, das Gott erschaffen hat. Sie können tun, was Sie wollen. Sie können durch Blut waten, und es wird Ihnen doch nichts zustoßen.»
Sie zitterte. Die ersten Fliegen ließen sich auf Lord Cullodens Hals nieder. «Ich brauche einen Schluck Tee, Mr. Skavadale. Ich brauche eine Tasse Tee.»
Am Mittag kam sie nach Lazen.
Voller Zorn.
Sie trug eine Reitpeitsche in der Hand. Und sie kam in Begleitung von Christopher Skavadale, der einen Degen an seiner Seite und eine Pistole im Gürtel trug, und von Simon Burroughs, der mit einer schweren Vorderladerbüchse bewaffnet war.
Die Leiche von Lord Culloden ließ sie, wie eine Herausforderung, in den Vorhof werfen. Dort lag er, eine protzige Leiche, die Valentine Larkes Herrschaft über das Schloss leugnete. Fliegen krochen über das Gesicht.
Von den Fenstern sahen Männer zu. Campion achtete nicht auf sie.
Sie stieg die Stufen hinauf, tauchte in den Schatten des Giebels ein und betrat das
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