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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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einfach abzunehmen, doch die Kristallketten und -tropfen waren von dicken, staubigen Spinnweben umhüllt.
    In dem prächtigen Haus herrschte Grabesstille.
    Die Vergoldung der Säulen und hohen Simse wirkte matt, als wäre das Leuchten des Blattgolds verblasst. In der Luft lag der scharfe, saure Gestank von Katzenpisse.
    Die Fenster waren mit Brettern vernagelt. Am liebsten hätte sie einen schweren Hammer genommen, die Bretter abgehauen und die letzten Sonnenstrahlen hereingelassen, damit sie die Halle erhellten und schmückten.
    Stattdessen ging sie über den staubigen, stumpfen Boden auf die breite Doppeltür zu, hinter der der Ballsaal lag. Eine Tür am anderen Ende des riesigen Raumes, dessen Fenster sich zum Schrein hin öffneten, führte in das Musikzimmer.
    Campion lächelte. Es war viele Monate her, seit sie Toby das letzte Mal gesehen hatte, Monate voller Sorgen, Schmerz und Tod, doch jetzt war er hier, und sie wollte ihn endlich in die Arme schließen.
    Ein Flügel der Tür zum Ballsaal war nur angelehnt, und sie schob sich hinein. «Toby! Toby!» Doch der Ballsaal lag im Dunkeln. Alle Fenster waren verrammelt in diesem Raum, dem größten Saal von Auxigny.
    Ein paar Sekunden lang blieb sie in der Tür stehen. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Düsterkeit, und im schwachen, grauen Licht, das durch die offene Eingangstür sickerte, sah sie die Säulenarkade, die wie ein Kreuzgang um den riesigen, vertieft angelegten Boden des Ballsaals herumführte. Sie trat unter die Arkade, wo vor noch nicht allzu vielen Jahren die Namen der Mächtigen verkündet worden waren, wenn sie ins Kerzenlicht traten. Das hintere Ende des großen Saals lag vollkommen im Schatten, die Türen zum Musikzimmer waren geschlossen.
    Es war seltsam, sich vorzustellen, dass dieser Ort einst in so prachtvollem Licht erstrahlt war wie jeder andere Palast. Am Rand der Tanzfläche unter den Arkaden hatte es gefunkelt von den Juwelen und Skandalen Frankreichs. Jetzt waren sie dunkel, leer wie ein großes Grab, das in der Stille der Wüste für Jahrhunderte begraben war. Campions Schuhe streiften den Abfall, den die Plünderer hinterlassen hatten, die wie die Ratten in Auxigny eingefallen waren.
    «Toby!»
    Alle Türen waren geschlossen, Türen, die in Salons und Vorzimmer führten, ins Kartenspielzimmer, wo ihre Großmutter einst das Spiel ihrer Gegner diktiert hatte. Direkt vor Campion lagen die Türen zum Musikzimmer, in der staubigen Düsternis nur vage zu erkennen.
    Hinter sich in der Eingangshalle hörte sie Schritte, und sie drehte sich um, denn sie erwartete Skavadale, erleichtert, dass er kam, um die Qual, die sie in diesem riesigen, dunklen Raum litt, mit ihr zu teilen. «Christopher?» Es kam ihr immer noch seltsam vor, ihn beim Vornamen zu nennen.
    In der Tür tauchte eine matte Silhouette auf, die sie beobachtete, und sie runzelte die Stirn. «Christopher?»
    Dann bekam sie Angst, denn sie sah, dass dieser Mann riesig war, ein großes, schlurfendes, dunkles Geschöpf, das sie schweigend anstarrte. Dagon.
    Sie rief Skavadales Namen, und die Angst, die plötzlich durch sie hindurchschoss, gab dem Schrei etwas Verzweifeltes.
    Die Tür stöhnte in den Angeln, schloss sich, und Campion blieb allein in der undurchdringlichen Dunkelheit zurück. «Christopher! Christopher!»
    Sie bekam keine Antwort.
    Dann ging sie zur Tür des Musikzimmers, tastete sich die Stufen hinauf und stellte fest, dass die Klinke sich nicht bewegen ließ. Mit den Fäusten trommelte sie auf die Füllung der Bronzetüren und rief den Namen ihres Bruders, doch ihre Stimme verhallte in dem riesigen, dunklen Saal. Sie war allein, in Auxigny, wohin Luzifer sie gelockt hatte, eingesperrt von seinem Diener. Sie war ganz allein.

    Valentine Larke und Bertrand Marchenoir teilten sich eine Kutsche. Sie schwenkte auf die Brücke ein, die Räder knirschten laut über den mit Unkraut überwucherten Kies, und hielten am Fuß der Haupttreppe von Auxigny.
    Gitan erwartete sie. Er saß auf den Stufen und rauchte eine seiner dünnen Zigaretten.
    Marchenoir stieg aus und breitete in einer überschwänglichen Willkommensgeste die Arme aus. «Sie ist hier?»
    «Drinnen», sagte Gitan lakonisch.
    Marchenoir begann zu lachen. Er zog den Zigeuner hoch und schleifte ihn unbeholfen in einem überschwänglichen Tanz über den Kies. «Du kluger Kerl, Gitan! Du kluger Kerl!» Selbst Valentine Larke lächelte, als er Marchenoirs freudige Mätzchen sah.
    Die Soldaten staunten nicht

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