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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Gedanken an zu Hause hätte sie am liebsten geweint.
    Das Trommeln setzte ein.
    Sie dachte an die lange Galerie und stellte sich vor, sie wäre wieder dort und Christopher Skavadale wäre bei ihr. Gedämpfter Lärm drang aus der Eingangshalle. Sie wich vor dem kriegerischen Lärm zurück, dem beharrlichen, endlosen Trommeln der Stöcke auf den festgespannten Fellen.
    Plötzlich hörte sie das Krachen der großen Türen am anderen Ende des Ballsaals, und es wurde hell. Sie fuhr herum und schrie in Panik auf, denn auch die verschlossenen Türen zum Musikzimmer waren geöffnet worden und gaben den Blick auf die strahlend roten Fackeln frei, die von der Nordfassade des Schlosses zum Schrein führten.
    Das Trommeln rückte näher.
    Sein Rhythmus war auf aufdringliche Weise bedrohlich, und dann schien er anzuschwellen, zu wachsen wie Donner, als würden sie mit Knüppeln an die Türen zur Eingangshalle schlagen. Sie wich zurück. Durch den Stoff ihrer Bluse berührte sie die Siegel auf ihrer Brust. Die Welt bestand nur noch aus Flammen und Lärm, aus Entsetzen und Bedrohung, und die Panik flatterte in ihr wie schwarze Flügel.
    Noch einmal berührte sie die Siegel, die Juwelen von Lazen. Sie würde ihre Angst nicht zeigen, dieses Vergnügen würde sie ihnen nicht gewähren. Sie mochten sie töten, doch sie würden sie nicht besiegen.
    Der Vorsatz war beinahe vergessen, als die Türen zur Eingangshalle von keuchenden Soldaten aufgerissen wurden und mit einem ohrenbetäubenden Widerhall gegen die Wände krachten.
    Nur mit äußerster Anstrengung gelang es ihr, einen Schrei zu unterdrücken.
    Dies war der Feind, und er war gekommen, um sie zu holen. Als Schattenrisse vor den Flammen sah sie die Trommler, die ihren Todesrhythmus beharrlich beibehielten. Dahinter drängten Männer mit Musketen in den Ballsaal und rückten in einer geschlossenen Reihe auf sie zu, jeder Mann ein schwarzer Umriss. Riesenhaft reckten ihre Schatten sich Campion auf dem verschmutzten Fußboden entgegen. Ihre Stiefel krachten im Rhythmus der Trommeln auf den Boden.
    Langsam kamen sie näher, wie Soldaten bei einem Begräbnis, vorangetrieben von dem unerbittlichen Dröhnen, dem langsamen Trommeln des Todes, das Campion zwang, auf den Flammenkorridor zuzugehen.
    Sie wurde gehetzt wie ein Tier bei einer der schrecklichen Hetzjagden auf diesem Schloss, bei denen sie sich als kleines Kind in ihrem Zimmer versteckt hatte, weil sie die verschwenderische Grausamkeit nicht mit ansehen mochte. Die Bauern gingen mit ihren Trommeln und Hörnern, ihren Knüppeln und Glocken in die Berge und trieben das Wild hinunter in das obere Ende des Tals. Dort warteten weitere Bauern, die einen großen Korridor bildeten, der das Wild zwang, am Schloss vorbeizulaufen. In Panik galoppierten die Tiere über die Wiese gegenüber dem Wassergraben, wo auf der Brücke der Duc und seine Jagdgesellschaft mit geladenen Waffen warteten. Das Gemetzel tränkte die Wiesen mit Blut, während das Wild voller Angst vor dem Lärm und dem Gestank in den Wassergraben sprang und schwimmend zu entkommen suchte. Vergeblich.
    Auf den hinteren Stufen stolperte sie, fing sich wieder und trat durch die geöffneten Türen ins Musikzimmer.
    Die Türen in den Seitenwänden waren verschlossen. Ihr blieb nichts übrig, als auf den Korridor aus Licht zuzugehen, der zum Schrein führte.
    Hinter ihr dröhnten die Trommeln. In holprigem, langsamem Gang rückten die Soldaten näher.
    Campion ging dahin, wohin ihr Weg vorgezeichnet war, in den Garten. Sie konnte nirgendwo anders hingehen, sie wurde wie das Wild in den Korridor des Todes getrieben.
    Dort waren noch mehr Soldaten. Soldaten, auf deren aufgesteckten Bajonetten das Flammenlicht tanzte. Sie standen hinter den beiden Reihen mit Fackeln und hinderten Campion daran, in die Dunkelheit der Gärten zu entfliehen. Ihre Gesichter wirkten leer.
    Sie hatte keine Wahl, musste weitergehen, den Korridor des Feuers hinunter zu dem riesigen Schrein, den le duc fou erbaut hatte.
    Sie setzte sich in Bewegung.
    Dabei dachte sie an die Männer und Frauen, die in Paris die hölzernen Stufen hinaufgestiegen waren. Sie waren mit Würde gegangen. Und dasselbe würde sie tun. Sie würde nicht rennen wie ein verängstigtes Reh. Sie würde schreiten.
    Die Liebe hatte sie erfüllt, die Liebe hatte sie verändert, und die Liebe hatte sie hierhergeführt. Jetzt musste sie gegen die heimtückische Gewissheit ankämpfen, dass sie in der Falle saß, dass sie verraten worden war. Der

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