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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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schlecht über Marchenoirs Kapriolen, noch so eine Verrücktheit an diesem verrückten Tag. Sie hatten zwei mit Fackeln beladene Wagen aus der Ortschaft hergebracht, dicken Fackeln aus gedrehtem, in Pech getauchtem Stroh. Gut zwanzig kleine Fässer hatten sie zusammen mit den Fackeln in den hinteren Teil des Schlosses bringen müssen.
    Die Soldaten hatten keine Ahnung, warum sie hier waren oder warum sie, als die Sonne über der fernen Ortschaft versank, den Befehl bekamen, einen Kordon um das Schloss und den mit einem Graben umgebenen Schrein zu bilden. Eine Kompanie musste die unangezündeten Fackeln in die Fässer stellen, die den Pfad vom nördlichen Eingang des Schlosses zum marmornen Phantasiegebilde des duc fou flankierten. Andere Männer hantierten an der Zugbrücke, drückten so lange an den Hebeln, bis die Gegengewichte die Holzbohlen hoben. Dann ließen sie sie wieder hinab.
    Valentine Larke, der mit Marchenoir zum Schrein spazierte, betrachtete den Ring aus Soldaten. «Wir werden gut geschützt.»
    Marchenoir lachte. «Gegen nichts, mein Freund, aber sie verleihen unserem Sieg eine gewisse Feierlichkeit, nicht wahr?»
    Larke lächelte. Heute Nacht würde es feierlich zugehen, dem wichtigen Anlass entsprechend, einem geheimen Sieg, einem auszuführenden Ritual, einem zu besiegelnden Pakt, und einer neuen Welt, geschmiedet aus den Trümmern alter Königreiche und Aberglauben.
    Als sie die hohen Bronzetüren des Schreins erreichten, drehten sie sich um. Sie sahen, dass Gitan die Bretter abriss, mit denen die Türen zum Musikzimmer von außen verrammelt waren. Marchenoir lächelte. «Er wird ein würdiges Mitglied sein.»
    Larke, der nicht ganz so hochgestimmt war wie der Franzose, zuckte die Achseln. «Vor einem Jahr um diese Zeit habe ich dasselbe von Chemosch gehofft.»
    Marchenoir schlug Larke mitfühlend auf die Schulter. «Er hat Luzifers Zweck gedient, mein Freund. Vielleicht ist das alles, worauf wir hoffen können.» Er bedeutete dem Zigeuner, sich zu ihnen zu gesellen.
    Eine Windböe bewegte die Oberfläche des schmutzigen Wassers in den Wassergräben und beugte die Gashalme der Wiesen in langsamen, kräuselnden Wellen. Im Westen loderte der Himmel in Gold- und Purpurtönen, was die Oberseite der Wolken im Norden scharlachrot tünchte und den hochgelegenen Wasserfall in helles Licht tauchte. Im Schatten der Bäume, wo, am Rand der Wiese, eine Füchsin ihre erste Beute gemacht hatte und über dem toten Kaninchen und dem blutverschmierten Gras knurrte, war es schon düster. Die Nacht kam, und der Sieg nahte.

    Dagon, der kräftige Taubstumme, der sich um Auxigny kümmerte, entzündete im Schrein die Kerzen. Er war kein Mann von rascher Auffassungsgabe, aber er wusste, dass es seine Aufgabe war, dieses Anwesen zu bewachen, und das tat er scharf. Den Kindern im Ort erzählte man, er würde die kleinen Kinder fressen, die es wagten, den Wassergraben zu überqueren, und sie glaubten die Geschichte.
    Er mochte die Einsamkeit seiner Arbeit, obwohl er sich freute, dass sein Herr in dieser Nacht zurückkehren würde. Dagon hatte Gefallen an den Zeremonien. Er überlegte, ob er das Mädchen umbringen sollte, das im Ballsaal wartete, oder ob dieses Vergnügen einem anderen vorbehalten war.
    Es dauerte länger als eine halbe Stunde, bis alle Kerzen in den in die Wand eingelassenen Nischen angezündet waren. Als er damit fertig war, ging Dagon die Treppen hinunter durch den Flur, der von dem inneren Raum des Schreins hinunter in die Krypta führte. In der Wand der Krypta war eine Kurbel, ähnlich wie an einem Brunnen, und er packte sie und drehte, bis die Ketten in ihren Metallführungen rasselten und die Eisenladen vor dem Ring aus Licht hochzogen.
    Der Zigeuner stand im Eingang des Schreins und sah staunend zu, wie die Kammer langsam, wie bei einer künstlichen Dämmerung, von strahlendem Licht durchflutet wurde.
    Marchenoir kicherte. «Beeindruckend, was?»
    Gitan lächelte. Er hatte Bertrand Marchenoir noch nie in so guter Stimmung erlebt, so zu Scherzen aufgelegt. «Außerordentlich.»
    «Es werde Licht!», deklamierte Marchenoir. «Obwohl es in Wahrheit nur eine riesige abgeschirmte Laterne ist.» Er schlug Gitan auf die Schulter. «Komm, mein Freund, Zeit, dass du dich fertig machst.»
    Er führte ihn von der Eingangshalle seitwärts in einen kleinen Raum. Außer einem Tisch befand sich nichts darin. Ein kleines Fenster führte in den Schrein, und Marchenoir erklärte ihm, hier hätten sich früher die

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