Die dunklen Engel (German Edition)
wirklich, ihre Mädchen zu betatschen, Larke?»
Der Ehrenwerte Robin Ickfield kicherte mit hoher Stimme. «Ich dachte, Politiker würden Jungen vorziehen.»
«Das müsstest du doch wissen, Robin.» Sir Julius lachte. Er rülpste betrunken. «Gütiger Himmel! Ich könnte heute Abend eine verdammte Stute bespringen.» Er zog sich die Treppe hinauf und drehte sich dann mit einem hämischen Grinsen noch einmal um. «Sie kommen wohl wegen der Comtesse, Larke?», fragte er vorwurfsvoll.
«Der Comtesse, Sir Julius?», gab Larke in salbungsvollem Tonfall zurück.
«Sagen Sie mir jetzt nicht, das wussten Sie nicht!» Sir Julius’ Hosenstall war nur halb zugeknöpft. «Die alte Schnepfe hat eine französische Comtesse hier, Larke, aber ich vermute mal, die können Sie sich nicht leisten, was?»
«Ist sie teuer, Sir Julius?»
Sir Julius lachte. «Vor fünf Jahren hätte das hochnäsige Flittchen einen keines Blickes gewürdigt! Jetzt reibt Ihre Ladyschaft einem für einen Schilling die Titten über den Arsch.» Er grinste anzüglich. «Aber nur, wenn man ein Gentleman ist.» Zufrieden über seine Beleidigung wandte er sich ab, und seine Gefährten folgten ihm.
Valentine Larke schaute den dreien hinterher, wie sie die Treppe hinaufstiegen. Seine harten Augen verrieten keine Kränkung. Er entstammte nicht der Gentry, doch wenn Sir Julius Lazender ein Maßstab für vornehme Herkunft war, dann war Larke froh, kein Gentleman zu sein. Sir Julius, Neffe des Earl of Lazen, war ein streitsüchtiger, betrunkener, kampflustiger grober Taugenichts. Larke lächelte. Der Tag würde kommen, an dem Sir Julius jedes hämische Grinsen und jede Beleidigung bitter bereuen würde.
Er wandte sich zum Spielsalon. Der Diener, der wusste, dass Larke weder ein Lord war noch besonders reich, öffnete nur einen der beiden Türflügel.
Langsam wanderte er durch den verschwenderisch ausgestatteten Raum, erwiderte die stummen Grüße von drei Spielern und stieg dann die hintere Treppe hinauf, die in den Speisesaal führte.
Um diese Nachtzeit war er fast leer. Die Kellner standen feierlich auf einer Seite des Raums und beobachteten die wenigen verbliebenen Gäste. Das Essen bei Abigail war berühmt. Innerhalb einer Stunde würden sich die Tische, wie Larke wusste, mit Männern aus dem Parlament füllen, die keine Schande darin sahen, ihr Kotelett unter Abigails Schlafzimmer zu essen. Ein Kellner eilte herbei, um Larke zu einem Tisch zu geleiten, doch Larke winkte ab. Er durchmaß den Raum der Länge nach und ging zu einer Tür, hinter der ihn ein kurzer Flur zum Haupttreppenhaus brachte, das zu den Zimmern der Mädchen führte.
Doch der kurze Flur hatte noch eine weitere Tür mit der Aufschrift «Privat».
Larke blieb stehen, schaute nach links und nach rechts und nahm, als er sah, dass er unbeobachtet war, einen Schlüssel aus der Westentasche. Er schob ihn in das Schlüsselloch, grunzte, als er sich zögernd drehte, betrat mit einem letzten Blick nach rechts und links den Raum und schloss die Tür hinter sich ab.
Er setzte sich. Auf einem Tisch stand ein Tablett mit Gläsern, und er schenkte sich Wein ein. Neben dem Tablett lag ein großes in Saffianleder gebundenes Buch, und Larke zog den Kandelaber näher an seinen Stuhl, nahm das Buch auf den Schoß und schlug es auf.
«Eingetragen: Dass Lady Delavele am Ostertag Zwillinge werfen wird, zwischen Mr. Tyndall und Ld. Parrish. 200 L.»
«Eingetragen: Dass Ld. Saltash Bischof Wrights Kater essen wird, zubereitet in Mrs. Pails Küche, ganz. Zwischen Ld. Saltash und Bischof Wright. 150 L.» Daneben stand: «Ld. Saltash hat gewonnen.»
«Eingetragen: Dass Mr. Calltires Bucentaurus Sir Simon Stepneys Ringneck schlagen wird, zwischen Tyburn und St. Paul’s. Das Rennen wird stattfinden um Mitternacht am Heiligen Abend. Zwischen den Besitzern. 2000 L.»
«Eingetragen: Dass Ld. Saltash Bischof Wrights rote Katze essen wird, ohne Zuhilfenahme von Zwiebelsoße, ganz, zubereitet ohne irgendwelche Soßen oder Bratensaft, in Mrs. Pails Küche. Zwischen Ld. Saltash und Bischof Wright. 300 L.»
Valentine Larke lächelte. Die Kommission für Wetten, die in Mrs. Pails Buch eingetragen waren, lag bei zwanzig Prozent. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss.
Mit seinen kühlen, matten, wachsamen Augen schaute er auf. In der Tür stand mit grimmiger Miene Mrs. Pail.
Larke erhob sich. «Liebe Mrs. Pail.»
«Mr. Larke.» Sie machte die Tür zu, schloss sie ab. Dann drehte sie sich
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