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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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nach Feuer, und er hatte den Verdacht, dass die Bewohner das Dorf verlassen hatten. Die Fischer von Saint Gilles ließen, selbst an einem warmen Abend, selten das Feuer ausgehen, denn darüber köchelte der unvermeidliche große Topf mit Fischsuppe, und es hielt das Pech für die Boote und Netze warm. Das Dorf wirkte verlassen.
    Weitere zwanzig Minuten wartete er, immer noch hatte sich nichts gerührt, und dann huschte er, leise wie ein Geist, ein Wiedergänger, die Düne hinunter in eine Abzugsrinne, die an den Strand führte.
    Hier war die Brandung lauter.
    An den Dünen hinter dem Strand verharrte er.
    In Ufernähe ragte ein großer Holzrahmen auf, und dort bewegte sich etwas. Eine Weile starrte er darauf und sah schließlich, dass das Gestell mit Netzen behangen war, die sich in der leichten Brise bewegten. Er schlich näher an Saint Gilles und an die kleine Mole heran, von der aus er nach England zu Campions Hochzeit einschiffen sollte.
    Die erste Wache entdeckte er zehn Minuten später, einen Jungen, kaum sechzehn Jahre alt, der in einer Senke in den Dünen eingeschlafen war. Toby sah ihn, weil sich auf dem Bajonett des Burschen ein schwacher Lichtschein brach. Die Position der Wache verriet ihm, wo sich der Kordon der französischen Truppen befand, und er kauerte sich in dem schwarzen Schatten reglos zusammen. Endlich sah er einen zweiten Mann, der den Hut abnahm und sich am Kopf kratzte.
    Sie waren still. Er wusste, dass sie ihn erwarteten. Keiner hatte eine Pfeife angezündet, was von guter Disziplin zeugte. Schweigend hatten sie gewartet, und wenn er nicht halb mit ihnen gerechnet hätte, wenn er sich nicht so leise und vorsichtig bewegt hätte, hätte ihre geschickte Positionierung wohl ausgereicht, um ihn zu überraschen.
    Er stahl sich auf dem Weg davon, den er gekommen war.
    Dort, wo eine Hecke auf die Dünen traf, blieb er stehen und legte im Schutz des Erdwalls, auf dem die dichte Hecke wuchs, den nutzlosen Rucksack mit der Laterne ab, die jetzt kein Signal über das dunkle Meer werfen würde. Er spannte das Steinschloss der Muskete, legte an und zielte in Richtung Dorf. Auf diese Entfernung war nicht darauf zu hoffen, irgendetwas genauer anzuvisieren und zu treffen.
    Er schoss.
    Das in der Pfanne zündende Pulver blendete einen Augenblick sein offenes rechtes Auge, während die brennenden Funken auf seinen Wangen stachen. Sein Schuss pfiff über die Dünen und schlug in die hängenden Netze ein, schreckte die französischen Wachen auf und entlockte ihnen eine panische, abgerissene Salve.
    Toby stieg den Hügel zu den Kiefern hinunter, denn er wusste, dass seine Männer ihm sein Pferd entgegenbringen würden. Einmal blieb er stehen, um zu schauen, ob die Franzosen Patrouillen ausschickten, was er insgeheim hoffte, denn dann hätte seine Bande die Chance gehabt, einem von ihnen den Weg abzuschneiden und ihn umzusäbeln, doch die Truppen blieben im Dorf. Er konnte sie rufen hören, konnte sehen, wie der Schutz von den Laternen abgenommen wurde, und hören, wie die Offiziere zur Ordnung riefen. Dann wandte er sich ab, ging zu seinen wartenden Männern und seinem gesattelten Pferd. Er war tatsächlich verraten worden.
    Im Dorf fluchte der Colonel, der mit seinen Männern nach Einbruch der Dunkelheit in einem Konvoi von Fischerbooten nach Saint Gilles gekommen war. «Wer hat geschossen?»
    Alle hatten geschossen, doch die Wachen schworen, dass zuerst auf sie geschossen worden war, dass, in der Tat, eine ganze Armee von Rebellen aus den Sanddünen auf sie gefeuert hatte. Der Colonel, der vor der Revolution Fleischer im Dienste der Armee gewesen und dann die Karriereleiter hinaufgeklettert war, versetzte einigen jüngeren Männern einen Tritt, fluchte noch einmal und ging dann zurück zu den Fischerhütten, aus denen die Bewohner, als seine Männer an Land gegangen waren, hastig geflohen waren. Gottverdammt, gottverdammt, gottverdammt! Er fragte sich, ob Le Revenant es am nächsten Tag noch einmal versuchen würde.
    Falls es für ihn, dachte er, noch einen nächsten Tag gab. Seine Befehle waren aus Paris gekommen, eigenhändig unterzeichnet von Bürger Marchenoir, Befehle, die erstaunlich detailliert waren, machten sie doch genaueste Angaben, nannten den Ort und die Zeit, zu der Le Revenant zu diesem Stelldichein kommen würde.
    Der Colonel hatte versagt. Laut seinem Befehl hätte er nur darauf warten müssen, dass der Feind Frankreichs, der ihm angekündigt worden war, ihm in die Arme lief. Der Hinterhalt

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