Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Körper von Erschütterungen gepackt wurde. Als das gewalttätige Beben zu einem sanften Pochen zusammengeschmolzen war, löste sie ihre Umklammerung und ließ sich erschlafft auf das weiche Bett sinken.
Da lag sie und dämmerte in der Benommenheit des Nachbebens, während ihr flacher Atem sich allmählich wieder normalisierte. Gabriel kroch aufs Bett und beugte sich über sie. Sein Kinn und seine geöffneten Lippen waren von ihrem Saft überzogen, und sein Gesicht war blass geworden. Aus seinen Augen sprach die Lust, mehr aber noch der Schmerz. Beruhigend ließ er eine seiner Hände über ihre sahnig weißen Brüste gleiten und schüttelte den Kopf.
«Guter Gott», stöhnte er und sah sie dabei an. «Du hast alles übertroffen, wovon ich je geträumt habe, Clarissa. Jetzt, so fürchte ich, wirst du mir Albträume bescheren. Wie nur werde ich es schaffen, mein Versprechen zu halten?»
Clarissa streckte träge ihre Hände aus und ließ sie über seine Schultern gleiten. «Dann solltest du es vielleicht einfach nicht tun», wagte sie einen Vorstoß.
«Nein», entgegnete er ruhig. «Eine Frau von deinem Stand hat ihre Unschuld zu bewahren. Egal, ob du Lord Marldon heiraten wirst oder jemand anderen – der Verlust deiner Jungfräulichkeit wäre dein Ruin.»
Verzagtheit verdüsterte ihre Stimmung. Sie wünschte, ihr Vater würde umgehend vom Kontinent zurückkehren. Dann könnte sie ihm sagen, dass sie nicht mit seiner Wahl einverstanden sei und einen anderen begehrte. Dieser Gedanke ließ ihr Gesicht hoffnungsvoll aufhellen. «Aber vielleicht könnten wir –»
Gabriel brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen. Sie schmeckte sich selbst auf seinen Lippen – moschusartig und salzig mit einer Spur von Süße.
«An so etwas darfst du nicht einmal denken», sagte er. «Ich bin ein in bescheidenen Verhältnissen lebender Maler, und du bist die Erbin eines bedeutenden Vermögens.» Er lag neben ihr, den Kopf aufgestützt, und lächelte spielerisch. «Natürlich wäre mir dein Vermögen äußerst willkommen. Aber es wird wohl andere geben, die im Gegenzug mehr dafür zu bieten haben als ich.»
Clarissa seufzte schwer. Sie versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass ihr Vater sie schon verstehen werde, aber tief in ihrem Herzen wusste sie, dass dies nicht der Fall sein würde.
«Aber was bleibt uns dann?», fragte sie.
«Dieses hier haben wir», murmelte er und ließ einen Finger auf ihrem Bauch abwärtsgleiten. «Wir haben den Augenblick. Und wir werden noch mehr solcher Momente haben, weil sie das sind, was ein Leben ausmacht. Eine Aneinanderreihung von Augenblicken. Aber wir werden sie genießen, Clarissa, wir werden jeden einzelnen von ihnen so genießen, als ob es unser letzter sei. Wir werden alles in diese Momente hineinlegen.» Jetzt lächelte er spitzbübisch. «Und jetzt haben wir hier eine Erektion, mein Engel, die sich nach deinen Berührungen sehnt.» Er führte ihre Hand in seinen Schoß. «Quid quo pro?»
Clarissa umfing seinen Phallus mit einer sanften Umklammerung. «Wie du mir, so ich dir», stimmte sie zärtlich zu.
Madame Jane’s öffnete nicht vor acht Uhr abends. Jetzt war es später Nachmittag, und eine Gruppe von Freudenmädchen legte bei einer neuen Darbietung letzte Hand an.
Sie befanden sich in einem der Salons, tief im Innern des Gebäudes. Der Raum hatte nur wenige Fenster, die mit schweren grünen Vorhängen geschlossen waren, gerüscht und mit goldenen Bommeln dekoriert. Üppige Goldornamente und goldenes Beschlagwerk gab es im Überfluss. Es rahmte die Vertäfelung der cremefarbenen Wände ein, wand sich prunkvoll um die hohen Spiegel und zierte die Säume und Nähte an jedem Sessel, jedem Sofa. Der Stil Ludwigs des Fünfzehnten: vulgär, aber sehr beliebt.
Eine Reihe von Séparées zog sich oben auf einer Art Empore an zwei Seiten des Raumes entlang. Lord Marldon, der sich in seinem Büro in einer der äußersten Ecken des Saales befand, stand an seinem kleinen Fenster und sah hinunter auf die Proben. Die Show nannte sich, was auch durchaus zu erkennen war, «Eine Geschichte über die Liebe, in der Venus dem Meer entsteigt und den Nymphen begegnet».
«Venus», eingehüllt in durchscheinende blaue und grüne Schleier, stand in einer Pappmachémuschel und mimte eine überzogene Pose. Eine Hüfte hatte sie vorgestreckt, eine Hand lag auf ihrer Brust, und sie blickte mit schmachtendem Blick nach unten. Ihr weizenblondes Haar floss ihr über den Rücken bis hinunter zur Taille.
Weitere Kostenlose Bücher