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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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und ihre festen, saugenden Lippen entführten ihn in wonnige Höhen. Es war nicht jene allerhöchste Erfüllung, nach der sie sich beide sehnten, aber im Moment musste es genügen. Sie mussten warten, bis ihr Vater zurückkehrte, und dann gab es vielleicht eine winzige Chance, dass ihre Verbindung seinen Segen fände.
    Gabriel hatte da zwar viel weniger Hoffnung als Clarissa, aber er wollte sie nicht aufgeben. Wenn nötig, könnten sie immer noch zusammen außer Landes flüchten und in Armut leben.
    Das Geräusch schneller Atemzüge und leichtfüßiger Schritte kam auf ihn zu. Ungeduldige Finger packten sein Handgelenk, und er drehte sich um.
    «Was hast du mit Clarissa gemacht?», fuhr Lucy ihn an.
    Gabriel befreite sich und starrte sie verwirrt und aufgebracht an. «Nichts habe ich ihr angetan. Wovon in aller Welt sprichst du? Ist irgendetwas geschehen? Um Himmels willen, ist sie verletzt?»
    Lucy sah ihn an. «Nein, du Narr. Aber ich habe da einen Verdacht, der mir ein ungutes Gefühl vermittelt. Ich habe gesehen, wie ihr beide euch anschaut. Ich habe dich gebeten, sie ein kleines bisschen zu verführen, sie für Marldon vorzubereiten, aber ich befürchte, dass du die ganze Angelegenheit zu weit getrieben hast. Ich kann wirklich nur hoffen, dass ihr beiden euch nicht ineinander verliebt. Die ganze Sache würde dann ganz furchtbar kompliziert werden. Und auch ich, um das klar zu sagen, wäre nicht erpicht darauf, den Zorn von Lord Marldon auf mich zu ziehen.»
    «Verlieben?», spottete Gabriel. «Mach dich nicht lächerlich, Lucy. Seit wann bin ich ein Mann, der sich verliebt?»
    «Aber das passiert dir doch ständig», sagte sie mit gereizter Stimme. «Du verliebst dich in eine Melodie, eine Blume, die … die Regentropfen in einem Spinnennetz. Und dann entliebst du dich wieder. Habt ihr ein Stelldichein hier im Wäldchen?»
    «Sie ist schon nach Hause gegangen», sagte er schnell. «Sie war müde.» Lucy war die letzte Person auf der ganzen Welt, der er die Wahrheit sagen würde. Sie klatschte zwar nicht, aber sie teilte gern Geheimnisse. So wie es auch viele andere Leute taten. Und er mochte die Vorstellung nicht, dass sein Geheimnis dem Grafen von Marldon zu Ohren käme.
    Lucy sah ihn misstrauisch an. «Wo also gehst du dann hin? Warum sah es mir so aus, als würdest du auf die Bäume zusteuern?»
    «Und du selbst?», neckte er sie. «Ganz allein hier draußen, Lucy? Es muss doch wohl jemand auf dich warten. Weshalb sonst würdest du auf die Vergnügungen des Tanzes verzichten?»
    Lucy lächelte strahlend und hob ihr Kinn mit trotzigem Stolz. «Leutnant Gresham», sagte sie. «Er ist wirklich ein echter Gentleman.»
    «Du hast die Prinzipien einer Messalina», antwortete Gabriel mit nur halb gespielter Missbilligung. «Versuchst du immer noch, Lord Julian eifersüchtig zu machen?»
    Lucy schmollte. «Also, wo gehst du hin, wenn du dich nicht mit Clarissa treffen willst?»
    «Mrs. Singleton», sagte er. «Verzeiht meine Taktlosigkeit, es ging um nichts anderes, als dass ich pinkeln wollte.»

    Lucy stob davon. Als ob sie nicht schon genug Ärger damit hatte, Clarissa unter ihre Fittiche genommen zu haben! Sie hatte sich der Aufgabe verschrieben, dafür zu sorgen, dass das Mädchen von Marldon ferngehalten wurde. Und nun sah es so aus, als ob sie das Gleiche im Hinblick auf Gabriel tun musste. Gabriel und Clarissa hatten sich ineinander verliebt, da war sie sich sicher, und sie merkte, dass ihr die Verantwortung für diese ganze Situation zu viel wurde.
    Sie hatte sich auf Olivias Ball abgrundtief erniedrigen lassen, nur um zu verhindern, dass Clarissa den Grafen traf. Marldon hatte sie gedemütigt und beschämt. Er hatte sie dazu gezwungen, es mit zahlreichen der zuschauenden Männer zu treiben, auf so obszöne Weise, dass selbst Julian zeitweise angewidert ausgesehen hatte. Und das war jetzt der Dank, den sie dafür bekam. Wenn sie ihre Kusine und Alicia nicht so gernhätte, würde sie sich die Sache aus dem Kopf schlagen und Clarissa, die Unschuldige, der Gnade des Monsters ausgeliefert zurücklassen.
    «Ah, hier kommt auch endlich Lord Julian», platzte Miss Thorpe heraus. «Hab ich nicht gesagt, dass er nach Euch Ausschau halten würde?»
    Lucy entschuldigte sich und ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen, da sie sich nach seiner Gesellschaft mehr sehnte als nach der irgendeines anderen Menschen. Die beiden schlenderten durch die Gartenanlage: idyllische Parterren und knirschende Kieswege, die romantisch

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